Mark Webber im Formel-E-Interview: "Gen2-Auto kam zum richtigen Zeitpunkt"
Timo Pape
Der neunmalige Formel-1-Grand-Prix-Sieger Mark Webber vertritt Porsche seit seiner aktiven Zeit in der WEC als Markenbotschafter bei Veranstaltungen und bringt seine langjährige Erfahrung als Berater für die Motorsportprogramme des Stuttgarter Sportwagenherstellers ein. Der Australier erreichte 42 Podestplätze in der "Königsklasse" und feierte mit Porsche 2015 den Titel in der Langstrecken-Weltmeisterschaft mit Timo Bernhard und Brendon Hartley.
Doch auch im Dunstkreis der Formel E fällt der Name Webber immer wieder. Denn der Routinier managt Jaguar-Pilot Mitch Evans und ist hin und wieder auch bei Rennen vor Ort. Zuletzt war Webber beim Berlin E-Prix für Porsche auf Erkundungstour.
Beim "GP Ice Race" in Zell am See unterhielten wir uns im Januar mit dem 42-Jährigen über den Einstieg Porsches in die Formel E, wie er das Fahrerfeld der Elektrorennserie einstuft und wie der Australier das Gen2-Auto und den FANBOOST beurteilt.
Mark, wie sehen Sie den Einstieg von Porsche in die Formel E?
Es ist natürlich eine aufregende Motorsport-Kategorie. Viele Hersteller wandern in die Formel E. Wir wissen, dass die E-Mobilität in der Automobilindustrie immer mehr auf die Straße kommt. Da ist es folgerichtig, dass Porsche die Gelegenheit wahrnimmt, in die Elektrorennserie einzusteigen, um Rennen zu fahren. Der Einstieg ist gut und wichtig für Porsche.
Was hat Porsche zu erwarten?
Es wird eine sehr herausfordernde Meisterschaft. Viele, viele gute Teams tummeln sich in der Formel E. Wir gehen mit offenen Augen in die Serie und erwarten einen harten Wettbewerb. Aber wir alle sind Racer, wir lieben den Rennsport und stellen uns der großen Herausforderung.
Sie kennen die Formel 1 aus dem Effeff. Wie schätzen Sie das Level der Formel-E-Piloten ein?
Die Formel 1 ist, was die Piloten betrifft, noch die Königsdisziplin des Motorsports. In der Formel 1 machen nur fünf Fahrer die Meisterschaft unter sich aus. Es ist unglaublich, wie sie fahren - das sind ganz spezielle Fahrer. Ich sehe sie ähnlich wie im Tennissport Roger Federer oder Rafael Nadal. Was das Durchschnittslevel der Meisterschaft betrifft, ist die Formel E führend. Das Niveau von Fahrer Nummer 1 bis 22 ist sehr hoch. Die Formel E fährt auf einem sehr hohen Level.
Sind Sie schon einmal mit einem Formel-E-Auto gefahren?
Nein. Eines Tages fahre ich es vielleicht, aber nicht beim Rennen. Das überlasse ich den Porsche-Werkspiloten. Wir haben beschränkte Testtage in der Formel E, die die Porsche-Fahrer effektiv nutzen müssen.
Wie gefällt Ihnen das neue Gen2-Auto der Formel E?
Es tut genau das, was die Formel E braucht - wesentlich höhere Geschwindigkeiten demonstrieren. Wenn man sich das Qualifying ansieht, sehen die Autos sehr dramatisch und schnell aus. Es ist sehr schwierig, sie im Grenzbereich zu bewegen, aber genau das wollen die Fahrer. Darüber hinaus bietet es den Herstellern die Möglichkeit, ihre künftige Technologie zu präsentieren. Die Einführung des Gen2-Autos kam zum richtigen Zeitpunkt. Die Autos der ersten Generation waren zu langsam. Die aktuelle Generation wird schneller und schneller, und das ist das Aufregende an der Formel E.
Wie haben Sie den obligatorischen Fahrzeugtausch erlebt, der durch die leistungsstärkeren Batterien abgeschafft wurde?
Es ist gut, dass es den Tausch nicht mehr gibt. Wir dürfen keine Reichweitenprobleme haben, wir müssen die Geschwindigkeit zeigen. Und genau das präsentiert die Formel E jetzt. Es gibt nun höhere Geschwindigkeiten und größere Reichweiten. Das ist bedeutend besser als der Fahrzeugwechsel in der Box. Ich war davon kein großer Fan.
Wie denken Sie über den FANBOOST?
Die Absicht, die hinter dem FANBOOST steckt, also die Fans einzubinden, ist sehr gut. Es ist im Moment aber mehr ein 'Social-Media-Boost'. Es sind immer dieselben Fahrer, die ihn gewinnen. Ich glaube, man kann bessere Ideen finden, um ihn ausgeglichener zu machen. Ich bin mir sicher, die Formel E arbeitet daran.
Wer wird Ihrer Meinung nach den Titel in der Formel E holen?
BMW sieht sehr gut aufgestellt aus. Antonio Felix da Costa ist ein bärenstarker Fahrer. Und natürlich das Team DS Techeetah mit Jean-Eric Vergne und Andre Lotterer, die zu den Favoriten zählen.
Könnten Sie sich vorstellen, dass Andre Lotterer das zweite Porsche-Cockpit zur neuen Saison übernimmt?
Wir haben noch sehr viel Zeit, um den zweiten Fahrer bekanntzugeben. Natürlich gibt es viele Fahrer, die großes Interesse zeigen. Sie wollen alle bei Porsche fahren. Porsche ist in einer guten Position, sich die Zeit zu nehmen und den zweiten Fahrer auszuwählen. Andre kennen wir natürlich gut. Wir werden den stärksten Piloten nehmen, den wir kriegen können.
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