Medienbericht: Felix da Costa bleibt bei Porsche, aber erneute Terminkollision von WEC & Formel E könnte Folgen haben
Tobias Wirtz
Antonio Felix da Costa wird Porsche nicht verlassen und seinen bis zum Ende der Saison 2024/25 gültigen Vertrag nun doch erfüllen. Das berichten die Kolleg:innen von The Race. Veränderungen könnte es hingegen bei zwei anderen Ex-Champions der Elektrorennserie geben. Eine Ursache ist die erneute Terminkollision des Berlin E-Prix mit einem Rennen der FIA-Langstreckenweltmeisterschaft (WEC).
Porsche wird mit seinem aktuellen Fahrerduo auch die kommende Saison bestreiten: Obwohl Antonio Felix da Costa nach einer schwachen Saison 2023 einen noch deutlich schwächeren Saisonstart 2024 hinlegte, wo er in den ersten drei Rennen ohne Punkte blieb und nach sieben von 16 Rennen lediglich 20 WM-Zähler auf dem Konto hatte, hat seine jüngste Erfolgswelle für ein Umdenken beim deutschen Hersteller gesorgt. Der Portugiese gewann in Berlin, Shanghai und zweimal in Portland und liegt vor dem finalen Rennwochenende in London auf dem vierten Platz der Fahrerwertung, er hat dabei sogar noch theoretische WM-Chancen. Mit 108 Punkten seit dem Berlin E-Prix ist er der mit Abstand erfolgreichste Fahrer der letzten Wochen, Teamkollege Wehrlein holte im selben Zeitraum nur 53 Zähler.
Punktevergleich 2024: Pascal Wehrlein & Antonio Felix da Costa
Im Frühjahr hatte Porsche sich bereits aktiv nach Alternativen umgeschaut: ABT-Pilot Nico Müller saß demnach sogar bei einem Porsche-Herstellertest im Auto - ein absolut ungewöhnlicher Vorgang, insbesondere im ersten Drittel einer neuen Saison. Ein Wechsel des Schweizers zum Team nach Weissach soll allerdings für die kommende Saison nun kein Thema mehr sein, ebenso wenig wie der Wechsel von Felix da Costa. Mehrere Teams sollen in den vergangenen Wochen Interesse am zwölffachen E-Prix-Sieger bekundet haben.
Mit ein Grund für den Wechselwillen des Portugiesen soll dabei die Langstrecken-WM gewesen sein: Felix da Costa musste am Ende des letzten Jahres aufgrund des Drucks von Porsche sein Doppelprogramm aus WEC und Formel E beenden. Im Langstreckensport war zuvor in der LMP2-Klasse gefahren, bevor er 2023 im Kunden-Porsche 963 von Jota Racing Platz nahm. Der Hauptgrund für den Schritt von Porsche: Der Berlin E-Prix überschnitt sich mit dem WEC-Rennen in Spa-Francorchamps. Eine Situation, die sich 2025 wiederholen wird: Das Formel-E-Rennen in der deutschen Hauptstadt überschneidet sich mit dem Langstreckenrennen in Sao Paulo.
Fahrerwechsel bei Envision Racing sehr wahrscheinlich
Aber nicht nur Porsche, sondern auch andere Formel-E-Teams scheinen nicht mehr gewillt zu sein, die Teilnahme ihrer Fahrer an der WEC zu tolerieren. So musste Envision Racing in Berlin seine beiden Stammfahrer Sebastien Buemi und Robin Frijns ersetzen, die für Toyota bzw. BMW in der Hypercar-Klasse antraten. Dem Vernehmen nach ist Teamchef Sylvain Filippi nicht mehr damit einverstanden, in der kommenden Saison erneut beide Fahrer für den deutschen "Double-Header" austauschen zu müssen. Da beide Fahrer langfristige Verträge in der WEC haben und diese so formuliert sind, dass die WEC-Rennen Vorrang vor anderen Rennserien haben, ist eine Veränderung sehr wahrscheinlich.
Hier kommt ein anderer Ex-Champion ins Spiel: Stoffel Vandoorne, Weltmeister von 2022 und Vize-Champion 2020, hat auch in seiner zweiten Saison bei DS Penske kaum Erfolgserlebnisse. Mit den WM-Rängen 11 und 10 bleibt er deutlich hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück, nur ein einziges Mal stand er in den vergangenen 30 Rennen auf dem Podium. In Vergleich zu seinem Teamkollegen Jean-Eric Vergne ist Vandoornes Punkteausbeute extrem mager.
Ein Wechsel zu Envision erscheint unter diesen Gesichtspunkten durchaus wahrscheinlich. Zwar fährt Vandoorne derzeit ebenfalls in der WEC für Peugeot, jedoch lässt ihn dieser Vertrag zu, die Formel E zu priorisieren. Zumal sich in diesem Zusammenhang die Frage stellt, ob der Belgier weiterhin für die eine Stellantis-Marke Langstreckenrennen fahren wird, wenn er den anderen Hersteller des Konzerns verlässt. Gut möglich, dass wir Vandoorne 2025 nicht mehr im Hypercar sehen werden.
Wahrscheinlichster Ausstiegskandidat bei Envision wäre demzufolge Sebastien Buemi: Der Formel-E-Champion von Saison 2 und einstige Dominator der Elektrorennserie wartet seit dem New York City E-Prix 2019, also fast auf den Tag genau seit fünf Jahren, auf einen weiteren Rennsieg - damals fuhr Nissan in der ersten Gen2-Saison mit dem umstrittenen Doppelmotor-Konzept. Für den sonst so erfolgsverwöhnten Buemi, der in den vergangenen sechs Jahren mit Toyota dreimal Weltmeister und dreimal Vizeweltmeister in der WEC wurde, ein extrem langer Zeitraum. Für Robin Frijns hingegen könnte das doppelte Podium in Portland zum richtigen Zeitpunkt gekommen sein: Der Verbleib des Niederländers bei Envision ist somit deutlich wahrscheinlicher geworden.
Hughes bei McLaren vor dem Absprung?
Aber auch andere Fahrer kommen für einen Wechsel in Frage: So soll Jake Hughes bei Nissan hoch im Kurs stehen, nachdem er beim Kundenteam McLaren immer wieder mit guten Qualifying-Leistungen überzeugen konnte. Das Werksteam hatte mit Oliver Rowland einen Fahrer im Titelkampf, bis dieser aufgrund von gesundheitlichen Gründe die Reise nach Portland gar nicht erst antreten konnte. Dennoch steht es im Duell gegen Teamkollege Sacha Fenestraz nach Punkten 131 zu 26 - der mit Abstand größte Unterschied zwischen zwei Teamkollegen in der laufenden Saison. Dagegen spricht, dass sich Nissan etwas mehr Konstanz im Team wünscht und erstmals seit 2021 mit der gleichen Fahrerpaarung in die neue Saison starten will.
Bleibt die Frage nach Nico Müller: Jetzt, wo ein Wechsel zu Porsche, zumindest für die kommende Saison vom Tisch ist, könnte der ABT-Deal mit dem neuen Hersteller Lola-Yamaha für den Schweizer ein möglicher Grund dafür sein, bei seinem Team zu bleiben. Da Müller durch sein Peugeot-Engagement in der WEC jedoch auch eine aktive Verbindung zu Stellantis hat, wäre ein Wechsel zu DS Penske als Vandoorne-Ersatz ebenfalls denkbar.
Die offizielle Bekanntgabe der ersten Entscheidungen auf dem Fahrermarkt erwarten wir unmittelbar nach dem London E-Prix, der am 20. und 21. Juli das Saisonfinale der Formel-E-WM 2024 darstellt.
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