Medienbericht: Formel E plant "Goldene Runde" mit Bonuspunkten im Rennen, Kopfschütteln bei Fahrern
Tobias Wirtz
Die Formel E soll ihr Sportliches Regelwerk erweitern und zukünftig auch Bonuspunkte für die Fahrer vergeben, die in zufällig ausgewählten Rennrunden in Führung liegen. Das berichten die Kolleg:innen von The Race. Die neue Regel soll in der kommenden Saison bei bestimmten Rennen zum Einsatz kommen. Teams und Fahrer reagieren eher verhalten auf die Idee.
Im Vorfeld eines Rennens sollen zwei zufällig ermittelte Runden festgelegt werden, an deren Ende der zu diesem Zeitpunkt führende Fahrer je einen Zusatzpunkt für die WM-Wertung erhalten soll. Durch die zwei Zusatzpunkte könnte die optimale Ausbeute für einen Fahrer demzufolge von 29 (25 Punkte für den Sieg, drei Punkte für die Pole-Position und ein Punkt für die schnellste Rennrunde) auf 31 steigen.
Unklar sei derzeit jedoch noch, ob die Regelung zusätzlich zu den "Attack-Charge" genannten Schnellladeboxenstopps oder anstelle dieser zur Anwendung kommen könnte. Hierfür sind aber noch einige Hürden zu überwinden. Die Technik gilt nach wie vor als unausgereift und fehleranfällig, insbesondere die von Fortescue Zero (früher Williams Advanced Engineering) entwickelten Ladegeräte.
Da jedes Team nur ein Schnellladegerät für seine beiden Fahrzeuge erhält, wäre bei einem technischen Defekt das Rennen im schlimmsten Fall für beide Piloten beendet. The Race spekuliert, dass es sich bei der "Goldenen Runde" um eine Ausweichlösung handeln könnte, falls der "Attack-Charge" nicht umgesetzt werden kann.
Fahrer: "Sind auch so schon in einer Clown-Show"
Die Fahrer sollen jedoch wenig begeistert von dieser Idee sein: "Wir sind auch ohne dieses Ding schon in einer Clown-Show", äußerte sich in besagtem Bericht ein Formel-E-Pilot, der anonym bleiben wollte. Und einer seiner Kollegen, der ebenfalls namentlich nicht genannt werden wollte, ist sich sicher, dass sich die Vergabe von Zusatzpunkten für die Rennführung in bestimmten Runden sich "wie das Deaktivieren der Luftraumüberwachung auf einem Flughafen" auswirken würde.
Eine derartige Punktevergabe wäre einzigartig im Motorsport: Zwar gibt es auch in den NASCAR-Rennserien Punkte zu einem Zeitpunkt während des Rennens, dort jedoch für die zehn Erstplatzierten. Zudem ist das Rennen von vornherein in drei oder vier Segmente unterteilt und wird nach dem Ende eines Segmentes für rund zehn Minuten unterbrochen.
Punktesystem der Formel E stets im Wandel
Das Punktesystem der Formel E wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach überarbeitet: So wurden in Saison 1 nur die Ergebnisse von zehn der elf Rennen für die Fahrerwertung gewertet. In den ersten zwei Jahren gab zwei Bonuspunkte für die schnellste Rennrunde, die zur dritten Saison auf einen Punkt reduziert wurden. Ab der fünften Saison wurde dieser Bonuspunkt nur noch in den Top 10 vergeben.
In den Saisons 6 und 7 gab es zudem einen weiteren Bonuspunkt für den Fahrer, der die schnellste Rennrunde in der Gruppenphase des Qualifyings fuhr. Dieser entfiel mit dem Duellformat, das in Saison 8 eingeführt wurde. Zudem plante die Rennserie im Jahr 2018 mit der Einführung des Gen2-Fahrzeugs, anstelle des Punktes für die schnellste Rennrunde Bonuspunkte für den Fahrer unter den ersten Fünf zu vergeben, der bei der Zieldurchfahrt die höchste Restenergiemenge im Akku hatte. Diese Idee wurde jedoch niemals umgesetzt.
Eine endgültige Entscheidung über das Reglement wird am 17. Oktober vom FIA-Weltmotorsportrates (WMSC) getroffen, der zu einer virtuellen Sitzung zusammenkommen wird.
1 Kommentare
Lucas Pfaff ·
Bei The Race hatte einer vorgeschlagen, dass der Fahrer, der die meisten Runde geführt hat, einen Bonuspunkt bekommen soll. Das finde ich eine viel bessere Idee, um ansatzweise gegen das Peloton-Racing vorzugehen. Wobei auch das nicht helfen wird. 25 Pkt. sind halt mehr als 18+1 Pkt, zum Beispiel. Man muss einfach auf Strecken fahren, die zur FE passen, oder die Rennen kürzen. Also nicht in Portland, oder auf der WTCR-Variante in Jeddah. Diese Goldene-Runde-Idee erinnert mich sehr an die Stages in NASCAR....
Antwort von Tobias Wirtz
Hallo Lucas,
danke für deinen Kommentar. Genau das habe ich auch in der neuesten Episode des ePod vorgeschlagen. Falls du genau wissen magst, wie sich diese Idee auf die abgelaufene Meisterschaft ausgewirkt hätte, hier einmal die Übersicht:
Felix da Costa 4 Punkte (MIS1 / BER2 / SHA2 / POR2)
Wehrlein 3 Punkte (MEX / SHA1 / LON1)
Cassidy 2 Punkte (DIR2 / POR1)
Evans 2 Punkte (MON / LON2)
Rowland 2 Punkte (TOK / MIS2)
Bird 1 Punkt (SAO)
Dennis 1 Punkt (DIR1)
Vergne 1 Punkt (BER1)
Was dann aber wohl passieren würde: Ein Fahrer in einem unterlegenen Auto fährt das Rennen komplett Vollstrom und rollt ein paar Runden vor dem Ziel ohne Energie aus, nur um den Punkt zu kassieren.
Das mit den Strecken wäre die bessere Alternative, aber das wird nicht so leicht. Insbesondere dann, wenn die Autos immer schneller und leistungsfähiger werden, Stichwort Gen3 Evo oder gar Gen4...
Gruß, Tobias
Einen Kommentar schreiben