Formel E

Namensstreit: EU-Gericht muss über Recht an der Marke "Formula E" entscheiden

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Darf sich die FIA Formula E überhaupt "Formula E" nennen? Darüber muss nun ein europäischer Richter entscheiden. Denn während der internationale Automobil-Dachverband FIA seit nunmehr vier Jahren im Rahmen der "ABB FIA Formula E Championship" Rennen mit vollkommen elektrischen Rennfahrzeugen ausrichten lässt, besitzt auch eine kleine mitteleuropäische Kart-Meisterschaft die Rechte am Namen "Formula E" - und das sogar schon seit einiger Zeit vor der Gründung der weitaus bekannteren FIA-Serie. Der Namensstreit ist nach einem zähen, vierjährigen Prozess inzwischen sogar auf EU-Ebene angekommen. In einem finalen Rechtsspruch soll die Lage nun endgültig geklärt werden.

Es ist eine faszinierende, beinahe absurde Geschichte, die noch weitaus höhere Wellen schlagen könnte, als sie es derzeit tut. Doch von vorn: Am 14. März 2011 wird erstmals eine Handelsmarke für eine "Formula E" als "Organisation für Sportevents mit elektrischen Fahrzeugen" im EUIPO-Handelsmarkenregister der Europäischen Union von einem Hamburger Landschaftsarchitekten (Ronald K.) registriert. Drei Jahre später gehen die Rechte an der Marke an die Firma "The Green Effort Limited" aus Großbritannien über.

Das Londoner Unternehmen verwaltet Rennstrecken für Elektro-Karts in Breda (Niederlande), Gent (Belgien) und Danzig (Polen). Auch in Karlsruhe-Durlach und Berlin-Friedrichshain gibt es Kartstrecken, die regelmäßig die "Formula E"-Veranstaltungen von The Green Effort austragen.

Formula E ungleich Formula E

2013 wird die quasi namensgleiche "FIA Formula E Championship" ins EU-Handelsmarkenregister eingetragen, dieses Mal von der Federation Internationale de l'Automobile, kurz FIA. Bereits hier beginnt der Streit beider Seiten: Ronald K. klagt gemeinsam mit seiner Managementberatung aufgrund von "Markenidentität, Verwechslungsgefahr, unlauterer Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung" gegen die "neue" FIA Formula E. Die Klage wird nach kurzem Prozess ausgesetzt und die Formel E behält zum Premierenrennen in Peking 2014 ihren Namen.

Danach beginnt ein Schlagabtausch der Anwälte. Der Aufschlag im rechtlichen Ping-Pong-Spiel gehörte der FIA, die am 15. März 2016, exakt fünf Jahre und einen Tag nach der ursprünglichen Einschreibung von Ronald K., ihrerseits gegen The Green Effort klagt und die Löschung der 2011er-Handelsmarke "Formula E" wegen Nichtigkeit fordert. Wenig später folgt ein zweiter FIA-Antrag auf Löschung aufgrund von Verfall.

Einspruch um Einspruch…

Während die Nichtigkeitsklage schnell vom EUIPO-Präsidium abgelehnt wurde, untersuchten die Vorsitzenden der behördlichen Beschwerdekammer letztere Klage für mehrere Monate. Die Kammer entschied sich schließlich sogar für die Löschung der "Formula E" von The Green Effort - ein großer Erfolg für die FIA, der eigentlich das Ende des Prozesses bedeutet hätte.

Wenig später legte die britische Firma jedoch eine Beschwerde gegen den Beschluss ein. Diese wurde abgelehnt, weswegen The Green Effort anschließend auch vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) protestierte. Das EuG lehnte die "Beschwerde über die abgelehnte Beschwerde" ihrerseits ebenfalls ab.

Inzwischen liegt der Fall in den Reihen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der nun entscheiden soll, ob die vorherigen abgelehnten Einsprüche der Gerichte rechtens waren und ob der Fall nicht doch erneut aufgerollt werden müsste. Seit März ist der Fall in Luxemburg anhängig und wartet seit dem 25. April 2018 auf ein finales Urteil.

Einfacher ausgedrückt: Die FIA versucht derzeit, der Firma The Green Effort die Marke "Formula E" abzunehmen, da diese den Namen für ihre Kart-Meisterschaft aus FIA-Sicht nicht benötigt. Ein Gericht entschied bereits auf eine Löschung der Green-Effort-Formula-E-Handelsmarke, woraufhin die Firma bei mehreren Gerichten Einsprüche einlegte, die allerdings alle abgelehnt wurden. Diese Ablehnungen werden nun in "vierter Instanz" von einem europäischen Richter des EuGH bearbeitet.

Verspätete Dokumente vor Gerichtsentscheid

Nach geltendem EU-Recht müsste die britische Firma den Namen der Handelsmarke in der Tat freigeben, sollte er fünf Jahre lang nicht mehr in Benutzung gewesen sein. Dies scheint auf den ersten Blick allerdings gar nicht der Fall zu sein: Monatlich finden die Formula-E-Kartrennen von The Green Effort statt, im September ist sogar ein großer Lauf in einem Stadion der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Danzig angesetzt.

Der Hauptgrund für die Entscheidung der EUIPO-Kammer gegen The Green Effort ist darin begründet, dass die das Unternehmen vertretende Beratungsfirma "Primus Omnium Consultant & Management Company Limited" (POCM) die Beweisstücke für die Verhandlung offenbar sechs Minuten und 41 Sekunden zu spät einsendete. Während die FIA also mit ihrem vollen Anwalts-Aufgebot auflief, stand The Green Effort ohne einen Beweis für die tatsächliche Austragung der Kartrennen da.

Wie sich die europäischen Richter zur Green-Effort-Klage äußern werden, ist derzeit noch vollkommen offen. Auch gegen die Entscheidung der Handelsmarken-Löschung hat The Green Effort vor dem EuGH protestiert. Die FIA hat ihre "FIA Formula E Championship"-Handelsmarke übrigens ohne Frage weiterhin sicher. Wenn die EU-Richter dem Green-Effort-Einspruch allerdings zustimmen und die Causa "Formula E" neu aufgerollt wird, könnte der weltweite Automobil-Dachverband möglicherweise den Prozess um die alleinige Marke Formula E ohne den FIA-Zusatz verlieren.

Green Effort & Schwesterfirmen werfen Fragen auf

Vor den EU-Richtern wird The Green Effort inzwischen von der deutschen Anwaltskanzlei WZR vertreten. Zuvor übernahm diesen Job noch die Primus Omnium Consultant & Management Company - der gleiche Partner, mit dem Ronald K. schon 2014 gegen die FIA Formula E klagte und der den Einsendeschluss vor der EUIPO-Entscheidung verpasste. Bemerkenswert an POCM: Der Direktor und alleinige Anteilseigner ist zugleich der aktuelle Besitzer (!) von The Green Effort, ein gewisser Herr Dr. Michael R.

Außerdem interessant: Laut dem britischen Wirtschaftsministerium nahm die POCM seit ihrer Gründung im Jahr 2014 jährlich nur einen einzigen britischen Pfund ein. Neben Dr. R. gibt es zudem nur einen einzigen weiteren Angestellten, der als "Sektretär" eingetragen ist: Martin R., offenbar Michaels Bruder.

Sowohl die POCM als auch The Green Effort sind an der gleichen Adresse in London gemeldet (20-22 Wenlock Road), die als Korrespondenzadresse bereits eine fragwürdige Geschichte hat. POCM ist zudem als "Sekretär" bei The Green Effort eingetragen und damit einer von drei offiziellen Angestellten der Firma. Die anderen beiden Mitarbeiter sind Michael R. und Ronald K. Spätestens hier wird es schwer, den Überblick zu behalten.

Hamstern von Handelsmarken

Die Causa Formula E scheint kein Zufall zu sein. Denn mit einer dritten Firma, der "Primus Omnium Argutiae Limited" (zu Deutsch: "allererste Spitzfindigkeit"), hamsterten R. und K. offenbar auch die Handelsmarken für die Begriffe "Formula Hybrid", "e Rallye", "E Tank" und "Formula E -lectric". Primus Omnium Argutiae existiert seit 2016 nicht mehr - Grund waren zu spät eingereichte Dokumente. Ob und inwiefern diese durchaus interessante Ausgangslage und das vorausgegangene Geschehen im Prozess Auswirkungen auf die EU-Entscheidung zur Handelsmarke Formula E haben könnten, bleibt abzuwarten. Schließlich ist die Faktenlage zwar bemerkenswert, deutet jedoch noch nicht auf ein unrechtmäßiges Handeln der involvierten Firmen hin.

Auf Interviewanfragen von 'e-Formel.de' erklärten beide Seiten, dass sie sich zur laufenden Verhandlung nicht äußern können. Der Ausgang der Causa "Handelsmarke Formula E" obliegt nun den EU-Richtern, die in den nächsten Wochen eine Entscheidung über die Legitimität der Klage und die Entscheidung zur Löschung der Green-Effort-Formula-E fällen werden. Wir behalten das Thema selbstverständlich für dich im Auge.

[UPDATE: 29. August 2018, 18:35 Uhr] Mehrere Tage nach Veröffentlichung dieses Artikels meldete sich R. auf eine unserer bislang unbeantworteten E-Mails an POCM. Angesprochen auf das Verhältnis von The Green Effort und POCM rechtfertigte er, dass es - abgesehen von der Sekretärs-Position der POCM bei The Green Effort - "keine rechtliche Verbindung beider Firmen" gebe. Er erklärte zudem, dass er derzeit keine Aussagen zu einem laufenden Prozess tätigen könne, uns aber "zu gegebener Zeit" mit weiteren Informationen versorgen würde, wenngleich aus der Mail nicht hervorging, wann mit neuen Details zu rechnen ist.

Foto: Shivraj Gohil / Spacesuit Media

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