Formel E

Neue Serie: Debrief an der Bar - Hongkong E-Prix

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Eine Hotelbar in Hongkong, kurz nach halb drei am Morgen. Vor wenigen Stunden ging der Hongkong E-Prix zu Ende. Das flackernde Licht in der Lobby im Hintergrund scheint warm und gelb, es riecht nach altem Teppich und verschüttetem Bier. Auf den mit abgeplatztem Kunstleder gepolsterten Hockern beugt sich ein Mann an der Bar einsam über sein fast leeres Glas.

Ein zweiter Mann entscheidet sich dazu, ebenfalls noch einen letzten Drink an der Hotelbar zu nehmen.

"Darf ich mich zu dir setzen? Ich geb' dir einen aus!"

"Setz' dich."

"Barkeeper, bitte noch zweimal das Gleiche, was er hat."

In unserer neuen Satire-Serie "Debrief an der Bar", die in der vierten Formel-E-Saison nach jedem E-Prix auf e-Formel.de erscheinen wird, möchten wir die Geschichten eines Gewinners und eines Verlierers im Rahmen eines lockeren (und natürlich frei erfundenen) Gesprächs an der Hotelbar vorstellen - ruhig ein wenig abseits der großen Nachrichten, dafür mit der gewissen Würze. Wer da genau einen letzten Drink gemeinsam an der Bar nimmt, wird jedoch erst am Ende aufgelöst - wenn du es nicht vorher schon längst erraten hast…

"Junge, da hast du aber echt zwei Rennen hingelegt. Das hast du dir wohl anders vorgestellt."

"Naja, ich hätte schon lieber mit dir getauscht, wenn ich ganz ehrlich bin."

"Das glaube ich dir. Aber es hätte dich auch schlimmer treffen können. Du könntest Geburtstag haben und nach deinem ersten Formel-E-Sieg disqualifiziert worden sein, weil dein Team einen falschen Aufkleber auf den Motor gepappt hat."

"Findest du? Aber dann wäre ich wenigstens vorne mit dabei gewesen. Und ich hätte meinen Mechanikern viel Arbeit erspart."

"Ach was, das kommt schon noch. Du hast die WEC und dreimal Le Mans gewonnen und brauchst nur ein wenig Zeit, um dich auf die Autos einzuschießen. Und deine Mechaniker haben auch gesehen, dass du einem langsamen Auto ausgewichen bist und keine Chance hattest, auf der schmutzigen Strecke die Kiste noch abzufangen."

"Dir scheint es aber nicht schwer zu fallen, direkt schnell zu sein."

"Ich war schon immer schnell auf Straßenkursen, Macau habe ich geliebt."

"Aber auch das Auto scheint dir zu liegen. Immerhin hättest du heute fast die Pole geholt. Und das Rennen hast du lange Zeit souverän dominiert."

"Und dann wurde ich zu gierig und habe den sicheren Sieg weggeschmissen."

"Du hast es versucht, und es ist schiefgegangen. Wenn dir beim Bremsen die Hinterachse blockiert, hast du keine Chance. Dann dreht es dich, sobald du einlenkst. Immerhin konntest du danach weiterfahren und stehst nicht mit leeren Händen da. Bei mir ist das anders. Und von gestern will ich gar nicht erst reden."

"Mir ist es gestern aber auch nicht so viel besser ergangen, ich habe mein Auto im Qualifying in die Mauer geworfen. Und im Rennen hing ich hinter dir fest, als du die Strecke blockiert hast."

"Das war ja nur der Anfang. Du hast das mit dem Energieverbrauch echt gut hinbekommen und hast es nach dem späten Boxenstopp sogar noch in die Punkte geschafft. Ich habe insgesamt drei Strafen bekommen und am Ende wurde ich auch noch disqualifiziert."

"Hattest du denn das Memo der Rennleitung nicht gelesen? Da stand doch klar drin, dass du anhalten musst, wenn du die Schikane auslässt."

"Eigentlich schon, aber ich habe nicht mehr dran gedacht. Zumal ich auch keinen Funk hatte und ohne die Infos von meinem Renningenieur auskommen musste."

"Und was hast du dann im Parc Ferme angestellt?"

"Lass uns nicht drüber reden… Ich hau' mich aufs Ohr, danke für den Drink!"

"Mach's gut, wir sehen uns in Marrakesch."

An der Bar trafen sich dieses Mal Venturi-Pilot Edoardo Mortara und Andre Lotterer (Techeetah). Wie hat es euch gefallen? Gebt uns gern Feedback auf unsere neue Serie, damit wir uns weiter verbessern können.

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