Nio 333 in der Identitätskrise: "Wichtiger chinesisch zu sein, als gute Ergebnisse zu feiern"
Tobias Bluhm
Die Zeiten, in denen die Formel E kein klares Hinterbänkler-Team hatte, gehören der Vergangenheit an. Vom Gewinn der Fahrermeisterschaft mit dem Vorgänger-Rennstall NextEV TCR in Saison 1 rutschte das Team Nio in den Ergebnistabellen der vergangenen Jahre immer weiter ab. Im Sommer kauften schließlich Investoren aus China das Team auf. Gute Rennergebnisse stehen bei den neuen Eigentümern vorerst aber nicht auf dem Plan: Vorrang hat die Identität des Teams.
Dass der wirtschaftliche Druck des internationalen Motorsports auch vor der Formel E nicht Halt macht, ist kein Geheimnis. Inmitten von Automobil-Giganten wie Audi, BMW, Nissan oder Mercedes wird es - trotz Kostendeckelung - besonders für kleine Teams immer schwerer, mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Der ohnehin finanziell angeschlagene Autobauer Nio lernte dies im Sommer auf die harte Tour: Sparmaßnahmen im Konzern zwangen Nio zum Verkauf des eigenen Rennstalls an neue Eigentümer.
Gute Ergebnisse nur zweitrangig
Mit einem neuen Management, einzelnen Antriebsstrang-Komponenten aus dem Vorjahr von Dragon Racing und der Neuverpflichtung von Ma Qing Hua gehen die Investoren von "Lisheng Racing" in der Formel-E-Saison 2019/20 als klare Außenseiter an den Start. Nio ist zwar weiterhin Hauptsponsor des Teams. Den Einsatz an der Rennstrecke leitet Lisheng jedoch in Kooperation mit einem spanischen Mechaniker-Team von Campos Racing, das zuvor von Mahindra eingesetzt wurde.
"Seit der Übernahme des Teams im August haben wir viel verändert. Einige Mitarbeiter sind geblieben, einige neue sind gekommen. In der Management-Ebene gibt es mehr Chinesen", holt Lisheng-Präsident Qing Xia bei 'Inside Electric' aus. Dem 53-Jährigen liegt die Identität seines Rennstalls besonders am Herzen: "Es ist wichtiger, dass das Team chinesisch ist, als gute Ergebnisse zu feiern - nicht nur das Image, sondern alles im Team."
Nio bleibt Titelsponsor - vorerst
Neben dem Engagement in der Formel E verwaltet Lisheng als Promoter die Chinesische Tourenwagen-Meisterschaft, die Asiatische Formel-3-Serie und einige Rallycross-Events in China. Qing erklärt: "Wir wissen, dass es einen großen Unterschied zwischen chinesischem Motorsport und dem internationalen Top-Motorsport gibt. Selbstverständlich wollen auch wir auf dieses Level kommen."
Das Elektroauto-Start-up Nio habe inzwischen nur noch wenig mit dem eigentlichen Rennteam zu tun. "Nio ist unser Titelsponsor", sagt Qing. "Wir haben einen Vertrag mit ihnen, den wir respektieren werden, bis er in ein paar Jahren ausläuft. Danach wissen wir noch nicht, wie es weitergeht."
Foto: Lou Johnson / Spacesuit Media
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