Formel E

Nissan-Chefingenieur im Interview: "Sehen in der Formel E, was theoretisch möglich ist"

Timo Pape

Timo Pape

Tadashi-Nishikawa-Nissan-Formula-E-Engineer

Tadashi Nishikawa kam vor drei Jahren als Ingenieur aus Japan, um das Formel-E-Team von Nissan zu unterstützen. Seitdem verantwortet er die Entwicklung des Antriebsstrangs und ist gleichzeitig die zentrale Verbindung zwischen Renn- und Straßenaktivitäten des Herstellers. Im Interview spricht der Japaner über den wahren Technologietransfer und eine Nivellierung der Antriebe in der Formel E.

Sie waren rund 17 Jahre lang für die Entwicklung von Nissan-Straßenfahrzeugen verantwortlich. 2021 wechselten Sie zum Formel-E-Team nach Europa. Was ist Ihre genaue Rolle?

Meine Hauptaufgabe besteht darin, die Antriebsspezifikationen zu koordinieren und die besten Wege zu finden, um das Auto zu optimieren. Ich entwerfe keine spezifischen Teile, aber ich überwache und trage die Verantwortung für das Projekt als Ganzes.

Dann sind Sie auch für den Aufschwung Nissans in der vergangenen Saison mitverantwortlich. Wie hat sich das Leistungsgefälle in der Formel E in den vergangenen 1,5 Jahren aus Ihrer Sicht verändert?

In Saison 9 haben wir die Unterschiede zwischen den Antriebssträngen (…) in Bezug auf Effizienz und Gesamtleistung noch bemerkt. Diese Saison sehe ich jedoch keinen solchen Unterschied. Die vier Tophersteller sind sehr eng beieinander. Diese Entwicklungen sind ermutigend, weil wir eine positive Auswirkung der Software-Updates sehen, die wir für Saison 10 eingeführt haben.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Nissan?

Ich stehe in regelmäßigem Kontakt mit unseren Kollegen in Japan. Manchmal brainstormen wir mit Ingenieuren des 'Nissan Technology Centre' über zukünftige Technologien und teilen unsere Ideen. Meine Aufgabe ist es, die Philosophien der beiden Bereiche zusammenzubringen, um uns bei der Entwicklung von Formel-E- als auch Straßenfahrzeugen zu unterstützen und unsere Leistung insgesamt zu verbessern.

Was sind die größten Herausforderungen dabei?

Ein Gleichgewicht zwischen der Leistung jedes einzelnen Bauteils zu finden. Manchmal arbeiten in Entwicklungsteams alle Ingenieure ausschließlich an ihrer eigenen Aufgabe. Dies kann dazu führen, dass jeder ein spezifisches Teil optimiert, was dann zu Problemen in anderen Bereichen führt - oftmals zwischen Motor, Wechselrichter und Getriebe. Die Schwierigkeit besteht darin sicherzustellen, dass die Ingenieure gut als Einheit zusammenarbeiten, um das gesamte Auto zu verbessern.

Worin unterscheidet sich die Entwicklung von Straßen- und Rennfahrzeugen?

Auf der Automobilseite würden wir normalerweise andere Autos auf dem Markt als Benchmark nehmen. Im Motorsport kann man nie vollständig verstehen, was die Konkurrenten tun, da man keinen genauen Einblick in ihre Entwicklungsprojekte bekommt. Die einzige Möglichkeit ist, dass Ingenieure von Team zu Team wechseln, aber selbst dann können sie nicht viel teilen, da alle Informationen vertraulich sind.

Ist der vielzitierte Technologietransfer zwischen Rennstrecke und Serienfahrzeug real?

Im Rennsport verwenden wir Technologie in ihrer fortschrittlichsten Form. Wir machen uns weniger Sorgen um Kosten oder NVH (Geräusch, Vibration und Rauheit). In Bezug auf Effizienz und Leistungsdichte operiert die Formel E auf einem viel höheren Niveau als Straßenfahrzeuge. Wir sehen also, was theoretisch möglich ist, wenn wir uns nur auf Leistung konzentrieren. Dann können wir darüber nachdenken, wie wir dies für Pkw anpassen können, während wir gleichzeitig die Kosten und NVH niedrig halten.

Und gibt es auch einen Transfer in der anderen Richtung?

Von Straßenfahrzeugen hin zur Formel E gibt es weniger direkten Nutzen, da die Technologieanforderungen für beide sehr unterschiedlich sind. Wir übernehmen trotzdem einige Erkenntnisse aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Japan, indem wir deren Arbeitslogik auf unsere Projekte anwenden und einige Designmethoden für kleinere Komponenten nutzen. Es ist kein direkter Transfer, aber wir glauben, dass unsere Erfahrungen mit anderen Nissan-Projekten einen großen Einfluss auf unsere Entwicklung in der Formel E haben.

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