Offiziell: Sam Bird wechselt für 7. Formel-E-Saison zu Jaguar Racing
Timo Pape
Vor einer Woche berichteten wir bereits darüber, nun ist es offiziell: Formel-E-Urgestein Sam Bird wird Virgin verlassen und in der kommenden Saison 2021 für Panasonic Jaguar Racing an den Start gehen. Der britische Rennstall bestätigte den Deal am Dienstagvormittag. Bird wird in Saison 7 Teamkollege von Mitch Evans. James Calado hingegen muss dadurch sein Cockpit nach nur einer Saison räumen.
"Ich freue mich sehr auf das neue Kapitel in meiner Formel-E-Karriere mit Panasonic Jaguar Racing", sagt Bird. "Ich habe die Fortschritte von Jaguar in der Serie beobachtet und bin sehr stolz darauf, für eine ikonische britische Marke mit einer solch erfolgreichen Rennsport-DNA zu fahren. Und mich einzureihen in eine Liste großer Namen, die alle schon für das Team gefahren sind. Ich bin unglaublich hungrig nach Erfolgen und bin überzeugt, dass wir zusammen mit Mitch große Dinge für das Team und für uns selbst erreichen können."
Gleichzeitig denkt der 33-Jährige an seinen aktuellen Arbeitgeber: "Ich möchte meinem bisherigen Team Envision Virgin Racing für alles danken, was wir zusammen geschafft haben und wünsche ihnen für die Zukunft alles Gute. Nach dem Saisonabschluss in Berlin kann ich es kaum erwarten, den Jaguar I-Type zu testen, um dann von der besten Ausgangsbasis in die siebte Saison der Formel E und darüber hinaus gehen zu können."
Der Transfer bedeutet das Ende einer Ära in der Formel E: die Symbiose zwischen Sam Bird und Virgin Racing. Seit Ende 2013 - also noch lange vor der ersten Saison - war der Brite die große Konstante beim Rennstall aus Silverstone. Bird bestritt alle 63 Rennen der bisherigen Formel-E-Geschichte für Virgin und holte dabei neun Rennsiege, 18 Podiumsplätze und fünf Pole-Positions. In der ewigen Punkteliste ist Bird der vierterfolgreichste Fahrer. Sein bestes Gesamtergebnis war Rang 3 in der Saison 2017/18, in der er noch bis zum letzten Rennwochenende um den Titel kämpfte.
Barclay: "Haben nun zwei bewährte Siegertypen unter Vertrag"
Jaguar-Teamchef James Barclay freut sich über seinen Königstransfer: "Im Namen des gesamten Panasonic Jaguar Racing Formel-E-Teams und allen Mitarbeitern/innen von Jaguar heißen wir Sam sehr herzlich in der Familie willkommen. Seit den Anfängen der Formel E hat Sam gezeigt, dass er einer der besten Fahrer der Serie ist, und wir sind davon überzeugt, dass wir zusammen eine starke Partnerschaft aufbauen werden."
"Mit Mitch und Sam haben wir fraglos eine der stärksten Fahrerpaarungen im Feld", ist sich Barclay sicher. "Angesichts des immer stärkenden Wettbewerbs ist es unerlässlich, zwei Fahrer zu haben, die bei jedem Rennen um Podiumsplätze mitkämpfen können. Wir haben nun zwei bewährte Siegertypen unter Vertrag, die es uns ermöglichen, in der nächsten Saison sowohl in der Team- wie in der Fahrerwertung um den Titel mitzukämpfen."
Auch Virgin bestätigte den Abgang Birds am Vormittag offiziell: "Ich weiß, dass ich für das gesamte Team spreche, wenn ich sage: Sam ist einer der sympathischsten und erfolgreichsten Fahrer in der Formel E", sagt Teammanager Sylvain Filippi. "Mitte August wird er uns verlassen, doch wir zollen ihm weiterhin den größtmöglichen Respekt und haben nichts als Bewunderung für ihn übrig. Ich möchte Sam persönlich für den exzellenten Job in den vergangenen Jahren danken. Es war eine Freude, über die Jahre hinweg mit ihm zu arbeiten." Nun wolle das Team die Ära beim "Sixpack von Berlin" zu einem erfolgreichen Ende bringen.
Six amazing years with @EnvisionVirgin come to a close after Berlin. I will be emotional to leave a team that has given me so much since we began our @FIAFormulaE journey together. Thank you to all the fans over the years and here is to a strong end to the season pic.twitter.com/Afl1usriNW
— Sam Bird (@sambirdofficial) July 14, 2020
Sam Bird begann seine Rennfahrerkarriere 2002 und arbeitete sich über die Nachwuchsformeln Formel BMW, Formel Renault 2.0 UK, die Britische Formel 3, die Formel Renault 3.5 und die GP2 bis zu einer Testfahrerrolle im Formel-1-Team von Williams nach oben. Zwischen 2011 und 2013 fungierte er darüber hinaus als Ersatzfahrer für das Mercedes-F1-Team. Seit 2014 startete Bird auch regelmäßig bei Läufen der WEC, darunter sechsmal bei den 24 Stunden von Le Mans für Ferrari (AF Corse) und in einem Ligier LMP2 der G-Drive Racing-Mannschaft.
Kommentar von Timo Pape: "Alles oder nichts - eine gute Entscheidung"
Zweimal hat Jaguar bereits an Bird gegraben: im Sommer 2016 vor dem eigenen Formel-E-Einstieg und auch im Folgejahr. Bird lehnte beide Male ab. Doch in der laufenden sechsten Saison zählt Jaguar zu den Topteams der Serie. Letztlich hat die "Raubkatze" doch noch zugebissen und ihren Wunschkandidaten verpflichtet. Eines ist durch den Toptransfer klar: Jaguar macht endgültig ernst in der Formel E. Denn mit Evans und Bird - da stimme ich Teamchef Barclay zu - hat der Rennstall ab Saison 7 eines der stärksten Fahrer-Line-ups der gesamten Formel E. Zumal beide auch menschlich sehr angenehme Typen sind, die aller Voraussicht nach gut miteinander auskommen und das Maximum für das Team herausholen werden.
Auch für Bird ist der Teamwechsel die richtige Entscheidung. Zwar war der Brite in den vergangenen sechs Jahren stets erfolgreich mit Virgin, doch für den ganz großen Wurf sollte es nie reichen. In erster Linie wegen mangelnder Konstanz. Man hatte zuletzt häufig das Gefühl, dass Bird seinen Zenit womöglich überschritten hat. Virgin bot ihm stets die optimalen Arbeitsbedingungen, aber es reichte nie ganz für die Spitze. Mit 33 Jahren stand Bird nun abermals vor der Entscheidung, wie es mit seiner Karriere weitergehen soll. Er hat die womöglich letzte Chance zur Veränderung ergriffen. Eine gute Entscheidung.
Der Wechsel vom Privatteam mit Audi-Motoren hin zum großen Automobilhersteller Jaguar wird Bird sicherlich Aufwind geben und vielleicht ja doch noch nach ganz oben tragen. Neues Umfeld, neue Prozesse, neue Motivation. Bird ist außerdem zum ersten Mal in seiner Formel-E-Karriere nicht als Nummer-1-Fahrer eines Teams gesetzt, denn Evans hat sich diese Position mit Fug und Recht erkämpft. In ihm wird Bird einen extrem starken Gegner in der eigenen Garage haben, den es zu schlagen gilt. Ab dem 16. Januar 2021 in Santiago de Chile heißt es für Sam Bird "alles oder nichts".
Foto: Shivraj Gohil / Spacesuit Media
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