Formel E

Pascal Wehrlein im Exklusiv-Interview: "Bereue meine Entscheidung bis heute nicht"

Timo Pape

Timo Pape

In der virtuellen Race at Home Challenge ist Pascal Wehrlein nach zwei Siegen in Folge der Mann der Stunde. Doch in der regulären Formel-E-Saison 2019/20 läuft es bisher nicht rund: Nach nur zwei Top-10-Ergebnissen in fünf Rennen belegt der ehemalige Formel-1-Fahrer Gesamtrang 14. Im Exklusiv-Interview mit 'e-Formel.de' spricht der Deutsche über seine eigenen Leistungsschwankungen, seine wegweisende Entscheidung gegen HWA/Mercedes und einen kleinen Vierbeiner.

Pascal, einmal die Woche sehen wir dich im Simulator. Wie sieht davon abgesehen dein Alltag aus?

Ich versuche natürlich, so viel wie möglich zu Hause zu bleiben und gehe eigentlich nur raus, wenn ich einkaufen muss. Am Anfang von Corona habe ich mich viel damit beschäftigt zu renovieren und mein Zuhause neu zu machen. Ich habe handwerklich viel gemacht. Es lag alles im Keller rum, aber man ist nie dazu gekommen, mal wirklich eine Woche am Stück jeden Tag etwas zu machen. Ich spiele außerdem viel Playstation mit Freunden, eigentlich fast jeden Abend. Das ist ja die einzige Möglichkeit, momentan mit Freunden in Kontakt zu sein, weil ich in der Schweiz feststecke.

Was zockt ihr?

Immer Call of Duty.

Wie hältst du dich fit?

Ich habe ein eigenes kleines Fitnessstudio hier. Zudem haben wir den Simulator bekommen, mit dem ich mich ein bisschen für die (Race at Home Challenge) Rennen vorbereite. Ansonsten mache ich ehrlich gesagt nicht viel. Hier und da mal ein Gespräch mit dem Team, wobei es aber schwierig ist, sich momentan auf irgendwas vorzubereiten.

Du sagst es: Noch wissen wir nicht, wann die Formel E wieder startet. Wenn es aber dazu kommt, werden es definitiv Geisterrennen sein.

Für mich ist das in Ordnung. Ich finde, das Wichtigste ist, dass wir so schnell wie möglich sicher wieder fahren. Gesundheitlich darf es keine Risiken geben. Aber auf jeden Fall bin ich dafür (für Geisterrennen), wenn wir dadurch vielleicht ein paar Wochen früher wieder fahren oder überhaupt noch mal starten können. Denn es ist ja auch die Frage, ob die Saison abgebrochen oder nachgeholt wird im August und September. Lieber Geisterrennen als gar keine.

Dein Mahindra-Team ist derzeit Zehnter der Teamwertung - nur Dragon und Nio waren in Saison 6 bislang schlechter. Wie erklärst du dir die fehlende Performance?

Der Anfang war nicht gut. Wir hatten viele Probleme die ersten drei Rennen, vor allem mit dem Getriebe. In Mexiko haben wir ja dann kleine Details geändert und dafür eine große Strafe bekommen. Das war schade, weil ich gerade an dem Wochenende ein gutes Qualifying mit Platz 4 hatte. Dann mussten wir vom letzten Platz starten und haben on top noch eine Durchfahrtsstrafe bekommen. Das beste Ergebnis war bis dahin ein vierter Platz, und dann kam Corona.

Ihr Mexiko hattet ihr auch im Rennen eine beachtliche Pace - ein direkter Zusammenhang mit dem Getriebe-Update?

Teilweise auch, ja. Hauptsächlich war das für die Standfestigkeit, denn uns sind viele Getriebe kaputtgegangen. Aber klar, wenn das Auto besser hält, überträgt sich das automatisch auch auf die Performance.

Wie bewertest du deine persönliche Leistung in dieser Saison?

Ehrlich gesagt finde ich, dass nicht viel mehr möglich war. Ich habe jetzt 14 Punkte, und den einzigen realistischen Vergleich, den man immer ziehen kann, ist der mit seinem Teamkollegen. Da liege ich deutlich vorne (Jerome d'Ambrosio steht aktuell bei drei Zählern). Wenn man nur auf das Ergebnis schaut, wo wir in der Tabelle stehen (Platz 14), ist das nicht besonders gut. Das ist nicht das, wo wir sein wollen und wo wir verdient hätten zu sein. Ich glaube, wenn wir noch ein paar Rennen fahren, dann sieht es anders aus.

Das Auf und Ab dieser Saison ist gewissermaßen ein Spiegelbild der vergangenen anderthalb Jahre seit deinem Formel-E-Debüt. Warum bekommst du keine Konstanz rein?

Ich glaube, das liegt immer daran, wie das Auto zur Strecke passt. Manche Strecken liegen uns sehr, sehr gut - das hat man auch dieses Jahr wieder gesehen mit Mexiko und Santiago. In Paris letztes Jahr waren wir auch sehr stark. Das sind alles Strecken, die sehr eng sind, und wo sofort eine Kurve nach der anderen kommt. Da wird nicht auf Höchstgeschwindigkeit gefahren, da sind wir stark. Aber dann gibt es auch andere wie zum Beispiel Berlin, wo es eher längergezogene Kurven gibt. Dafür braucht man eine sehr stabile Hinterachse, gute Traktion aus den langgezogenen Kurven heraus und ein stabiles Auto auf der Bremse. Da haben wir ganz klar Schwächen.

Mercedes hat in seiner Debütsaison bislang mehr als dreimal so viele Punkte geholt wie Mahindra. Du hättest im Herbst 2018 mit der Perspektive auf ein Mercedes-Werkscockpit für HWA unterschreiben können, hast dich aber dagegen entschieden. Bereust du diese Entscheidung aus heutiger Sicht?

Nein, ich bereue es nicht. Ich bin sehr happy mit meiner Entscheidung und bereue es bis heute nicht.

In der Race at Home Challenge hast du nun zwei Siege in Folge eingefahren und führst die Gesamtwertung an. Wie lang bereitest du dich denn auf die Rennen vor?

Ehrlich gesagt gar nicht so viel. Ich würde sagen, ich bereite mich jede Woche zwischen drei und vier Stunden für das jeweilige Rennen am Samstag vor.

Und gibst trotzdem den Ton an!

Jein. Es gibt schon noch andere sehr, sehr gute (Fahrer), aber die Hauptkonkurrenten sind schon Stoffel Vandoorne und Maxi Günther. Ich würde sagen, wir drei haben momentan einen kleinen Vorteil gegenüber den anderen. Es ist schon ziemlich eng von den Zeiten her.

Es fällt auf, dass die Topfahrer im Simulator meist auch auf eine Runde im realen Qualifying sehr schnell sind. Siehst du hier einen Zusammenhang?

Ich finde ehrlich gesagt einen Simulator für zu Hause nicht sehr realistisch und wenig übertragbar auf die Realität. Mit Blick auf Stress- und Drucksituationen hilft so ein Simulator. Aber für mich ist das schwer zu sagen, ob man davon viel ableiten kann, und ob schnelle Simracer auch im echten Qualifying schnell sind. Das ist schwer einzuschätzen. Bei den Simulatoren der Teams sieht es natürlich anders aus - die sind schon hightech und sehr angepasst an das echte Formel-E-Auto.

Ach, übrigens: Was war das eigentlich neulich für ein Hund, den du nach deinem Monaco-Sieg mit auf dem virtuellen Podium hattest (siehe Tweet unten)?

Das ist gar nicht mein Hund, sondern der von unseren Nachbarn (lacht). Er ist aber trotzdem sehr oft hier und schaut mir auch gern beim Simulatorfahren zu. Dann setzt er sich immer genau daneben und schaut zu.

Foto: Lou Johnson / Spacesuit Media

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