Formel E

Performance-Analyse New York: Lucas di Grassi & Audi an der Spitze

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Lucas di Grassi gelang es beim Saisonfinale der vierten Formel-E-Saison, seine Erfolgsbilanz auf sieben Podestplätze in Folge auszubauen. In beiden Rennen kam er dabei unmittelbar vor seinem Teamkollegen Daniel Abt ins Ziel, der als Zweiter und Dritter für zwei Audi-Doppelpodien sorgte. Das Podium komplettierten am Samstag Sebastien Buemi und am Sonntag Jean-Eric Vergne, der seinen vierten Saisonsieg feierte und sich bereits am Samstag souverän den Fahrertitel sicherte. Aber spiegelt der Rennausgang das wahre Kräfteverhältnis der Formel E New York wider?

Wie bei allen Rennen der Saison haben wir auch beim "Double-Header" in New York City die Zeiten der Teams und Fahrer analysiert und eine detaillierte Analyse aller Sessions vorgenommen. Die schnellste Rundenzeit einer jeden Session entspricht dabei 100 Prozent. Der Abstand der Rundenzeiten der einzelnen Piloten zu jener 100-Prozent-Marke bietet daraus resultierend einen Wert, der Rückschlüsse auf die Einzelleistung und die Konkurrenzfähigkeit der Fahrzeuge zulässt. Eine genaue Erklärung findest du am Ende dieses Artikels.

Fahrer-Rating: Dreikampf um Platz 1, enges Mittelfeld

Audi-Pilot Lucas di Grassi gewinnt zum fünften Mal in dieser Saison unser Performance-Rating, allerdings nur mit äußerst knappem Abstand. 99,64 Prozent reichten dabei für den Sieg. Mit dieser Performance gelang es di Grassi am Wochenende, 43 Punkte zu erzielen und somit in allerletzter Sekunde noch Vizemeister zu werden. An zweiter Stelle folgt sein Teamkollege Daniel Abt mit 99,63 Prozent. Besonders die Rennpace des Kempteners überzeugte, so konnte er die beiden letzten Bonuspunkte für die schnellste Rennrunde unter den Top-10 ergattern.

Unmittelbar dahinter reihte sich ein Pilot ein, den man dort vom Ergebnis des Wochenendes her nicht unbedingt erwartet hätte: Jaguar-Pilot Mitch Evans wird mit einer Gesamtperformance von 99,61 Prozent denkbar knapp von beiden Audi-Fahrern geschlagen. Der Neuseeländer war dabei der Pechvogel des Samstagrennens: Beim Start brach eine Antriebswelle des in der ersten Startreihe stehenden Jaguars, sodass sein Rennen bereits nach wenigen Metern beendet war.

Es folgt der Pole-Sitter beider Rennen, Sebastien Buemi. Mit 99,38 Prozent verliert er jedoch bereits eine ganze Menge Boden auf das Spitzentrio. Auffällig ist dabei, dass seine Rennpace im Vergleich deutlich zurückbleibt. Mit Andre Lotterer (99,11) kommt als Fünfter der zweite Deutsche in unserem Rating, der aber auch schon deutlich hinter Buemi zurückliegt. Ohne seine beiden Strafen (Streichung der Qualifying-Zeit am Samstag wegen zu hohen Energieverbrauchs und 10-Sekunden-Stopp-and-Go wegen Frühstarts am Sonntag) wäre Lotterer ein Podiumskandidat gewesen. So reiste er mit lediglich acht Punkten aus New York ab - einer der Gründe, warum Techeetah in letzter Sekunde noch die Teammeisterschaft verlor.

Es folgt Oliver Turvey auf dem sechsten Platz, wobei hier die Aussagekraft gegen null tendiert: Der Brite bestritt nur die beiden Freien Trainings am Samstag und musste nach einem Unfall mit einer gebrochenen Hand ins Krankenhaus. Die Top 10 beschließen Antonio Felix da Costa (99,07), Jean-Eric Vergne (99,03), Felix Rosenqvist (99,02) und Sam Bird (99,00), die alle eine nahezu identische Gesamtperformance erzielten, wenn auch mit äußerst unterschiedlichen Rennergebnissen.

Die beiden verbliebenen deutschen Fahrer, Maro Engel und Nick Heidfeld belegen mit 98,76 beziehungsweise 98,57 Prozent die Plätze 13 und 16. Dennoch nahmen Heidfeld und Tom Dillmann (P17; 98,48 Prozent) jeweils 12 Punkte aus New York mit - nur di Grassi, Vergne, Abt und Buemi waren am Wochenende erfolgreicher.

Die letzten Plätze belegten Stephane Sarrazin (98,43), Alex Lynn (98,39) sowie mit weitem Abstand die beiden NIO-Piloten Luca Filippi (98,09) und Ma Qing Hua (96,91). Dass der NIO Sport 003 wirklich so schwach ist, darf angesichts der Leistungen von Turvey jedoch bezweifelt werden. Das chinesische Team scheint nach dem Ausfall des Briten viel mehr ein Fahrerproblem gehabt zu haben.

Zur Veranschaulichung haben wir die Abstände anhand der Streckenlänge in Meter umgerechnet. So liegt di Grassi auf eine Runde gesehen durchschnittlich 31 Zentimeter vor Abt, der seinerseits 38 Zentimeter vor Evans liegt. Buemi folgt mit über 5,50 Metern Rückstand, also mehr als einer gesamten Fahrzeuglänge, bevor nach weiteren 6,50 Metern Lotterer eine eng beieinander liegende Gruppe anführt. Turvey fehlen 0,34 Meter auf den Duisburger, Felix da Costa weitere 60 Zentimeter. Vergne fehlt ziemlich genau ein weiterer Meter, Rosenqvist 14 Zentimeter und Bird darauf dann noch einmal 35 Zentimeter. Die Top 10 liegen also genau drei Fahrzeuglängen auseinander. Filippi und Ma verlieren am Ende des Feldes jedoch pro Runde bereits 37 respektive 64 Meter auf die Spitze.

Teamwertung: Audi dominant

In der Performance-Wertung der Teams gibt es dieses Mal keine große Überraschungen: Audi belegt mit 99,91 Prozent unangefochten den ersten Platz. Erster Verfolger der Ingolstädter ist erneut Jaguar mit 99,61 Prozent. Es kommt Renault e.dams mit 99,40 Prozent vor dem eigenen Kundenteam Techeetah (99,16). Die Chinesen sind selbst nur von einen Hauch von Mahindra getrennt (ebenfalls 99,16). DS Virgin folgt nach einer etwas größeren Lücke (99,00) knapp vor Andretti (98,98) und Dragon (98,95). Am Ende des Feldes liegen in New York City Venturi (98,80) und weit abgeschlagen NIO mit 98,35 Prozent.

In Distanzen umgerechnet führt Audi mit sieben Metern vor Jaguar und mit zwölf Metern vor Renault e.dams. Techeetah folgt 5,60 Meter weiter hinten, lediglich sechs Zentimeter vor Mahindra. DS Virgin liegt 3,68 Meter dahinter, Andretti weitere 64 Zentimeter und Dragon noch mal 77 Zentimeter. Venturi folgt mit 3,34 Metern Rückstand, liegt aber immer noch fast elf Meter vor NIO.

Foto: Audi Communications Motorsport / Michael Kunkel

Erklärung des Berechnungssystems (Explanation of the calculation system)

Für jede Session (Freie Trainings, Qualifying und Rennen) wird die jeweils absolut schnellste Rundenzeit durch die persönliche Bestzeit jedes Fahrers geteilt. Das Ergebnis wird anschließend in Prozentpunkte umgerechnet. Für jeden Fahrer werden die Prozentwerte sämtlicher Sessions addiert und durch die Anzahl der Sessions geteilt. Da viele Piloten nur in einem der beiden freien Trainings mit der vollen Leistung von 200 kW fahren, betrachten wir nur das jeweils stärkste Ergebnis der beiden freien Trainings. So ergibt sich der durchschnittliche Performance-Wert. Bei den Teams ist das Vorgehen identisch, nur dass hier pro Session allein die schnellere Bestzeit der beiden Fahrer gewertet wird.

Leistet sich ein Fahrer im Qualifying, wo es nur einen Versuch gibt, einen Unfall oder einen größeren Fahrfehler oder erzielt in einer Session keine Rundenzeit, dann fließt diese Session nicht in die Wertung ein, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. In New York City betraf dies am Samstag im Qualifying Turvey, Sarrazin nach seinem Mauerkuss sowie beide Techeetah-Piloten nach ihrer Disqualifikation. Im Rennen wurden Evans, Filippi, Lopez, Lynn, Piquet und Turvey nicht berücksichtigt - alle diese Fahrer waren nach der langen Safety-Car-Phase, nach der die Fahrzeuge Vollgas fuhren, nicht mehr dabei. Am Sonntag haben wir das Qualifying von Felix da Costa und Ma nicht berücksichtigt, im Rennen fielen d'Ambrosio, Dillmann, Engel, Filippi und Lopez aus der Wertung, da auch sie bereits ausgeschieden waren, als die anderen Fahrer nach der Full-Course-Yellow mit mehr Restenergie auf Zeitenjagd gingen.

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In order to work out a respective driver's performance rating, each session's (Free Practice, Qualifying, Race) overall best time is divided by the driver's personal best laptime. The result is then converted into percentages, from which we can, through addition of all percentages and division by the number of sessions, calculate an average "performance percentage". Most drivers don't use the maximum power output of 200 kW during both Free Practices, so we use just the best result of the two Free Practices. The calculation method is similar for the teams, whereas we only pick the better of their two available times.

In case a driver runs into trouble during the qualifying session (i.e. crashes out, makes a serious mistake), his time is excluded from our assessment, expunging possible outliers. The same is done, if a driver has to retire in the race at an early point. In New York City this exceptional rule was applied to Sarrazin, Turvey and the Techeetah drivers in qualifying on Saturday. In the Saturday race Evans, Filippi, Lopez, Lynn, Piquet and Turvey were excluded, because all those drivers had to retire before the Safety car was submitted and the other drivers could race without taking care of their energy consumption. In Sunday qualifying we excluded Felix da Costa and Ma, in the race d'Ambrosio, Dillmann, Engel, Filippi and Lopez, who had to retire before the long full course yellow.

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