Performance-Analyse Uruguay: Di Grassi & Audi erneut vorn, Evans beeindruckt
Tobias Wirtz
In Punta del Este gelang es Jean-Eric Vergne, mit seinem zweiten Saisonsieg seinen Vorsprung in der Gesamtwertung auszubauen. Egal, wie das nächste Rennen in Rom ausgeht, Vergne wird als Tabellenführer zum Heimspiel nach Paris reisen. Lucas di Grassi holte seinen ersten Podestplatz in dieser Saison, war aber trotzdem nicht ganz zufrieden, weil er der Meinung war, das schnellste Auto an diesem Wochenende gehabt zu haben. Sam Bird zeigte eine grandiose Aufholjagd, die ihn von Startplatz 9 auf den dritten Rang nach vorne brachte. Aber spiegelt das Ergebnis das wahre Kräfteverhältnis der Formel E in Uruguay wider?
Seit den Testfahrten von Valencia haben wir für alle bisherigen Rennen die Zeiten der Teams und Fahrer analysiert. Auch beim Punta del Este E-Prix haben wir eine detaillierte Analyse aller Sessions vorgenommen. Die schnellste Rundenzeit einer jeden Session entspricht dabei 100 Prozent. Der Abstand der Rundenzeiten der einzelnen Piloten zu jener 100-Prozent-Marke bietet daraus resultierend einen Wert, der Rückschlüsse auf die Einzelleistung und die Konkurrenzfähigkeit der Fahrzeuge zulässt. Eine genaue Erklärung findest du am Ende dieses Artikels.
Fahrer-Rating: Daniel Abt nur im Mittelfeld
In Uruguay überrascht das Performance-Rating auf den ersten Blick kaum - in der Vergangenheit war dies mehrfach anders gewesen. Platz 1 in der Performance-Analyse geht wie bereits in Mexiko-Stadt an Audi-Werksfahrer Lucas di Grassi. Streckenrekord im 2. Freien Training, Einzug in die Super-Pole trotz der tendenziell benachteiligten Quali-Gruppe 1 und dann im Shoot-out noch die Bestzeit - di Grassi war der Mann des Wochenendes. Wäre da nicht der Poller in der Schikane gewesen, den er auf seiner Super-Pole-Runde mit dem rechten Hinterrad berührte. Die Folgen sind bekannt: Aberkennung der Rundenzeit und nur Startplatz 2 hinter Vergne, an dem er sich im Rennen vergeblich die Zähne ausbiss. Mit 99,62 Prozent bewies der Brasilianer nichtsdestotrotz erneut die Leistungsfähigkeit seines Audi.
Hinter ihm liegt mit 99,56 Prozent Jaguar-Pilot Mitch Evans, der wieder einmal bewiesen hat, dass Jaguar in dieser Saison ein Fahrzeug hat, mit dem Siege im Bereich des Möglichen liegen. Der dritte Platz geht an Rennsieger Jean-Eric Vergne mit 99,55 Prozent, der sich endgültig zum Titelfavoriten entwickelt hat.
Es folgen Alex Lynn im DS Virgin (99,36) und ein wenig überraschend Renault-e.dams-Pilot Nicolas Prost (99,32), womit auf den ersten fünf Plätzen erneut Fahrer von fünf verschiedenen Teams liegen. Prost wurde sein Fehler im Qualifying zum Verhängnis, Startplatz 19 und eine 10-Sekunden-Zeitstrafe beim Boxenstopp wegen des fälligen Getriebewechsels sorgten dafür, dass es am Ende nur für Platz 15 reichte.
Dahinter folgt Prosts Teamkollege Sebastien Buemi, der 99,27 Prozent erreichte - direkt vor Sam Bird (99,25 Prozent) und Nelson Piquet jr. (99,15). NIO-Pilot Oliver Turvey schließt sich mit 99,10 Prozent an. Die Top 10 komplettiert Daniel Abt im zweiten Audi (99,08), der einen möglichen Podestplatz wegen eines lockeren Gurtes verlor.
Fast 2 Meter Vorsprung pro Runde für den Champion
Zur besseren Veranschaulichung haben wir auch für Punta del Este die Prozentwerte anhand der Streckenlänge (2,785 Kilometer) in Distanzen umrechnet. So liegt di Grassi auf eine Runde gesehen 1,74 Meter vor Evans. Auf die Renndistanz gesehen wären das mehr als 64 Meter. Vergne folgt dichtauf mit nur 30 Zentimetern Rückstand. Lynn fehlen dann aber mehr als fünf Meter auf den Franzosen, Prost weitere 1,15 Meter, und Buemi noch mal 1,43 Meter. Abt liegt auf eine Runde sogar 15 Meter hinter seinem Teamkollegen. Tom Blomqvist präsentierte sich für seine Verhältnisse überraschend stark. Mit 98,96 Prozent belegt der Andretti-Pilot den elften Platz.
Nur im Mittelfeld zu finden sind auch die anderen deutschen Fahrer: Nick Heidfeld (Platz 12, 98,88 Prozent), Andre Lotterer (Platz 15, 98,80 Prozent) und Maro Engel (Platz 16, 98,70 Prozent). Bei Heidfeld ist zu beachten, dass (genau wie bei Piquet) ausschließlich die Freien Trainings in unserer Analyse berücksichtigt werden. Durch den Unfall im Qualifying und den Ausfall in der ersten Rennrunde lagen hier keine Zeiten vor, die wir berücksichtigen konnten (bitte beachte hierzu die Erklärung der Auswertung am Ende des Artikels).
Dazwischen liegen die beiden Dragon-Piloten Jose Maria Lopez (98,87) und Jerome d'Ambrosio (98,86), die durch energiesparendes Fahren im ersten Fahrzeug den Boxenstopp eine Runde hinauszögern und mit dem zweiten Fahrzeug dann angreifen und in die Punkte fahren konnten. Beide drehten dabei auch die schnellsten Runden des Rennens.
Nur im hinteren Feld zu finden sind Felix Rosenqvist, aktuell Zweitplatzierter der Fahrerwertung, und der Überraschungsmann aus Mexiko-Stadt, Antonio Felix da Costa. Mit nur 98,60 beziehungsweise 98,56 Prozent blieben ihnen in Uruguay nur die Plätze 17 und 18. Schwächer präsentierten sich nur Luca Filippi im NIO (98,34) und Venturi-Pilot Edo Mortara (98,18). Der Schweizer musste seinen Qualifying-Versuch wegen des Unfalls von Heidfeld abbrechen und war dann beim zweiten Versuch auf gebrauchten Reifen chancenlos. Auch im Rennen war seine Pace bestenfalls überschaubar, nachdem er früh sein erstes Fahrzeug beschädigt hatte und vier Runden vor den anderen Piloten zum Fahrzeugwechsel gekommen war. In der Folge musste er energiesparender fahren als seine Konkurrenten.
Teamwertung: 5 Teams in unmittelbarer Schlagdistanz
Audi belegt auch bei den Teams mit 99,62 Prozent den ersten Platz, jedoch ist der Vorsprung deutlich kleiner als noch zuletzt. Den Ingolstädtern sind vier andere Teams dicht auf den Fersen. Wie bereits in Mexiko-Stadt ist der erste Verfolger Jaguar (99,56 Prozent) - ganz knapp vor Techeetah (99,55), Renault e.dams (99,52) und DS Virgin (99,43).
Danach kommt die erste etwas größere Lücke zu Mahindra und NIO (99,25 bzw. 99,24), bevor wieder erst mal ein Stück nichts kommt. Dann sind Venturi (99,00) und Dragon (98,98) praktisch auf Augenhöhe. Abgeschlagen am Ende des Feldes liegt Andretti mit 98,73 Prozent.
Die Vier-Klassen-Gesellschaft in Punta del Este lässt sich gut darstellen, indem wir auch hier die Prozentwerte in Meter umrechnen: Auf eine Runde liegt das Team um Allan McNish nur rund fünf Meter - das ist etwas mehr als eine Fahrzeuglänge - vor dem fünftplatzierten Virgin-Team. Mahindra und NIO folgen rund zehn Meter hinter den Ingolstädtern, Venturi und Dragon mehr als 17 Meter. Andretti hingegen fehlen zur Spitze fast 25 Meter auf eine Runde.
Das Performance-Rating zum Punta del Este E-Prix
Erklärung des Berechnungssystems (Explanation of the calculation system)
Für jede Session (Freie Trainings, Qualifying und Rennen) wird die jeweils absolut schnellste Rundenzeit durch die persönliche Bestzeit jedes Fahrers geteilt. Das Ergebnis wird anschließend in Prozentpunkte umgerechnet. Für jeden Fahrer werden die Prozentwerte sämtlicher Sessions addiert und durch die Anzahl der Sessions geteilt. Da viele Piloten nur in einem der beiden freien Trainings mit der vollen Leistung von 200 kW fahren, betrachten wir nur das jeweils stärkste Ergebnis der beiden freien Trainings. So ergibt sich der durchschnittliche Performance-Wert. Bei den Teams ist das Vorgehen identisch, nur dass hier pro Session allein die schnellere Bestzeit der beiden Fahrer gewertet wird.
Leistet sich ein Fahrer im Qualifying, wo es nur einen Versuch gibt, einen Unfall oder einen größeren Fahrfehler, fließt diese Session nicht in die Wertung ein, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. Gleiches gilt für einen frühen Ausfall im Rennen. In Punta del Este betraf dies Tom Blomqvist, Nick Heidfeld, Nelson Piquet jr, Nico Prost und Felix Rosenqvist im Qualifying sowie erneut Heidfeld und Piquet im Rennen.
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In order to work out a respective driver's performance rating, each session's (Free Practice, Qualifying, Race) overall best time is divided by the driver's personal best laptime. The result is then converted into percentages, from which we can, through addition of all percentages and division by the number of sessions, calculate an average "performance percentage". Most drivers don't use the maximum power output of 200 kW during both Free Practices, so we use just the best result of the two Free Practices. The calculation method is similar for the teams, whereas we only pick the better of their two available times.
In case a driver runs into trouble during the qualifying session (i.e. crashes out, makes a serious mistake), his time is excluded from our assessment, expunging possible outliers. The same is done for the race, if a driver has to retire quite shortly after the start. In Punta del Este, this exceptional rule applied to Tom Blomqvist, Nick Heidfeld, Nelson Piquet jr, Nico Prost and Felix Rosenqvist in the qualifying and to Heidfeld and Piquet again in the race.
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