Formel E

Performance-Analyse: Zahlen, Daten & Statistiken zur Formel E in Berlin

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Dank Lucas di Grassi gibt es nun zwei Fahrer, die in dieser Formel-E-Saison zwei Siege auf dem Konto haben. Seit dem Berlin E-Prix am Samstag lautet das Titelduell bei den Fahrern Vergne gegen di Grassi - oder amtierender Champion gegen amtierenden Vizemeister. Neben den beiden Topfahrern stand mit Nissan-Pilot Sebastien Buemi noch ein dritter Fahrer auf dem Podest, der bereits den Meistertitel der Elektrorennserie gewann. Zuvor hatte sich Buemi mit einer beeindruckenden Runde die Pole-Position gesichert - es war bereits die fünfte für einen Nissan-Fahrer in dieser Saison.

Attack-Mode besonders bei Full-Course-Yellow beliebt

Anders als in Monaco entpuppte sich der Attack-Mode in Berlin zu einem klaren Nachteil für die Fahrer. Die Aktivierungszone befand sich in Kurve 6 sehr weit abseits der Ideallinie, weshalb die Freischaltung des Power-Schubes von 25 kW "fast einer Strafrunde" glich, wie es Tom Dillmann vor dem E-Prix an unserem Mikrofon ausdrückte. Dennoch war der Zeitverlust nicht so groß wie ursprünglich befürchtet: Im Schnitt verloren die Fahrer in der Runde ihrer Attack-Mode-Freischaltung 1,351 Sekunden. Vor dem Rennen rechneten einige Teams mit bis zu 1,8 Sekunden.

In der Frühphase des Berlin E-Prix zeichnete sich zunächst eine vorsichtige Nutzung des Attack-Mode ab. Nur wenige Fahrer wollten im hart umkämpften Mittelfeld den Nachteil einer Aktivierung auf sich nehmen, weshalb fast alle Piloten bis in die Schlussphase des E-Prix mit der zweiten Freischaltung des 225-kW-Modus warteten. Mit Ausnahme von Maximilian Günther (Dragon), der bereits zuvor beide Boosts verschossen hatte, gingen daher alle noch fahrenden Piloten bei der Full-Course-Yellow-Phase in den Runden 27 und 28 (von 37) in den Attack-Mode. Zuvor waren höchstens sieben Fahrer zeitgleich mit blau leuchtendem Halo unterwegs.

Berlin: Buemi im Performance-Rating erneut vorn

Haben in Berlin tatsächlich die schnellsten Fahrer am Ende die vordersten Plätze belegt? Oder hätten andere eigentlich ganz oben stehen müssen? Auf Grundlage der von der FIA zur Verfügung gestellten Daten blicken wir in unserer obligatorischen Performance-Analyse auf die Einzelleistung jedes Fahrers im direkten Vergleich mit der Konkurrenz. Unsere Performance-Analyse ist natürlich nicht frei von gewissen Einflüssen, die wir leider nicht vollständig herausfiltern können - beispielsweise absichtliches Langsamfahren im Freien Training oder Fahrfehler auf der einzigen Qualifying-Runde, sofern sie denn zustande kommt. Bei Andre Lotterer haben wir das Qualifying in Ermangelung einer 250-kW-Runde nicht werten können. Eine detaillierte Erklärung unseres Berechnungssystems findest du am Ende dieses Artikels.

Gewinner in der Fahrerwertung unserer Performance-Analyse ist dieses Mal der Zweitplatzierte im Rennen, Sebastien Buemi. Mit 99,72 Prozent sicherte er sich dank einer sehr starken Leistung über das gesamte Rennwochenende schon zum vierten Mal den ersten Platz in unserem Rating: Bereits in Marrakesch, Sanya und Rom war dies der Fall gewesen. Erstmals in dieser Saison hat Buemi die Performance seines Nissans allerdings auch in einen Podestplatz ummünzen können.

Den zweiten Platz in unserem Rating belegt Daniel Abt, der es auf 99,64 Prozent brachte. Erneut konnte der Kemptener im Qualifying, als es darauf ankam, nicht sein ganzes Potenzial zeigen und verpasste den Einzug in die Super-Pole um 0,027 Sekunden - ausgerechnet gegen seinen Teamkollegen. Im Rennen brachte er trotz verbogener Spurstange den sechsten Platz nach Hause. Drittplatzierter in unserer Analyse ist Abts Teamkollege Lucas di Grassi. 99,58 Prozent erreichte der Rennsieger, der auch den Zusatzpunkt für die schnellste Rennrunde unter den ersten Zehn mitnahm. Durch diese 26 Punkte ist er nun der erste Verfolger von Jean-Eric Vergne und ein heißer Titelkandidat.

Vierter im Performance-Rating wurde mit 99,55 Prozent Stoffel Vandoorne. Der HWA-Pilot, der es im zehnten Saisonrennen schon zum vierten Mal in der Super-Pole schaffte, hat sich in seiner Debüt-Saison als regelmäßiger Punktekandidat etabliert.

Lotterer mit rabenschwarzem Wochenende

Auf dem fünften Platz landete mit 99,50 Prozent Alexander Sims. Der Brite war auf dem Papier der schnellere der beiden BMW-Piloten und konnte zum ersten Mal seit dem dritten Saisonlauf in Santiago Punkte erzielen. Zeit wird es - Sims braucht Argumente für eine Vertragsverlängerung, da sein Teamkollege Antonio Felix da Costa in dieser Saison bislang mehr als dreimal so viele Punkte gesammelt hat.

Auf Rang 6 folgt Edoardo Mortara, der trotz seiner 99,47 Prozent ohne Punkte nach Hause ging. Im Freien Training noch top, konnte er diesen Eindruck in Qualifying und Rennen nicht ganz bestätigen. Nur minimal hinter dem Schweizer landete Mitch Evans (99,46). Der Neuseeländer schaffte im Qualifying keine gute Runde. Von Startplatz 18 aus war es dann auch schwierig mit Punkten. Ganz im Gegensatz zu Antonio Felix da Costa (99,38). Ohne seine Disqualifikation in Monaco hätte der Portugiese in den vergangenen sieben Rennen Punkte erzielt. So hält er den Anschluss an die Spitzenplätze. Die Top 10 beschließt das Mahindra-Duo Pascal Wehrlein und Jerome d'Ambrosio. 99,33 beziehungsweise 99,21 Prozent bedeuten nur Mittelmaß, in der Teamwertung fielen die Inder auf Platz 5 zurück. Nach dem Mexico City E-Prix hatten sie noch geführt.

Ein Blick auf den Meisterschaftsführenden und die übrigen interessanten Fahrer aus deutscher Sicht: Jean-Eric Vergne (99,06) ist auf Platz 13 nur im Mittelfeld zu finden. Gary Paffett im zweiten HWA landete mit 98,94 Prozent auf Platz 18. Unmittelbar dahinter folgt Andre Lotterer (98,89) - und das, obwohl das Qualifying, in dem er zu spät über die Linie fuhr und so keine Runde mit 250 kW fahren konnte, in unserer Wertung außen vor blieb. Maximilian Günther war mit 98,85 Prozent nur auf Platz 21. Damit war er trotzdem noch der Schnellere der beiden Dragon-Fahrer: Jose Maria Lopez bildete mit 98,72 Prozent das Schlusslicht des Feldes.

24 Meter zwischen Platz 1 und Platz 22

Wenn man die Rückstände anhand der Rundenlänge (2,377 km) in Meter umrechnet, ergibt sich pro Runde folgendes Bild: Buemi liegt virtuell nach einer Runde 1,82 Meter vor Abt. Di Grassi folgt 1,55 Meter hinter seinem Teamkollegen und liegt seinerseits 62 Zentimeter vor Vandoorne. Sims ist 1,23 Meter zurück, aber 80 Zentimeter vor Mortara, der selbst jedoch nur zehn Zentimeter vor Evans liegt.

Dann sind es wieder 1,94 Meter zu Felix da Costa, bevor nach 1,15 Metern Wehrlein folgt. D'Ambrosio beschließt nach weiteren 2,78 Metern die Top 10, knapp zwölf Meter hinter der Spitze. Lotterer hat auf Platz 19 schon 20 Meter Rückstand auf Buemi. Dillmann folgt nach 29 Zentimetern, Günther nach weiteren 56 Zentimetern. Der Deutsche hat 3,12 Meter Vorsprung auf Lopez, dem fast 24 Meter auf die Spitze fehlen.

Performance-Rating der Teams

Im Performance-Rating der Teams geht es enger zu: Nissan gewinnt mit 99,72 Prozent vor Audi (99,69), Jaguar (99,65) und HWA (99,62). Aber auch dahinter ist es eng: Mahindra kommt auf 99,57 Prozent, genau wie DS Techeetah. BMW belegt den siebten Platz mit 99,54 Prozent vor Virgin (99,48) und Venturi (99,47). Am Ende des Feldes folgen klar abgeschlagen Dragon (99,05) und NIO (99,00).

Erneut die Umrechnung in Meter: Nach einer Runde auf dem 2.377 Meter langen Kurs hat Nissan virtuell 67 Zentimeter Vorsprung auf Audi, bevor 91 Zentimeter dahinter Jaguar folgt. HWA liegt anschließend nur 71 Zentimeter zurück. Nach 1,19 Metern folgt Mahindra, bevor nach weiteren vier Zentimetern DS Techeetah folgt. BMW ist 83 Zentimeter zurück, dann folgen nach weiteren 1,07 Metern Virgin und 61 Zentimeter dahinter Venturi.

Die ersten neun Teams sind damit durch genau 6,02 Meter getrennt - nur etwas mehr als eine Fahrzeuglänge. Die Rückstände von Dragon (15,83 Meter) und NIO (17,14 Meter) sind im Vergleich dazu schon fast Welten.

Erklärung des Berechnungssystems

Für jede Session (Freie Trainings, Qualifying und Rennen) wird die jeweils absolut schnellste Rundenzeit durch die persönliche Bestzeit jedes Fahrers geteilt. Das Ergebnis wird anschließend in Prozentpunkte umgerechnet. Für jeden Fahrer werden anschließend die Prozentwerte sämtlicher Sessions addiert und durch die Anzahl der Sessions geteilt. Da die Piloten nur jeweils eine 250-kW-Runde in jedem der beiden Freien Trainings haben, betrachten wir nur das jeweils stärkste Ergebnis der beiden Freien Trainings. Somit ergibt sich der durchschnittliche Performance-Wert, unser "Performance-Rating". Bei den Teams ist das Vorgehen identisch, nur dass hier pro Session allein die schnellere Bestzeit der beiden Fahrer gewertet wird.

Leistet sich ein Fahrer im Qualifying, wo es nur einen Versuch gibt, einen Unfall, einen größeren Fahrfehler oder erzielt in einer Session keine Rundenzeit, fließt diese Session selbstverständlich nicht in die Wertung ein, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.

Foto: Nismo

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