Formel E

Performance-Analyse: Zahlen, Daten & Statistiken zur Formel E in Hongkong

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Nach einem spannenden und von vielen Zwischenfällen geprägten 50. Formel-E-Rennen in Hongkong erreichte das monegassische Team Venturi seinen Premieren-Sieg in der Elektrorennserie. Auch für Edoardo Mortara war es der erste Erfolg - der Schweizer ist damit der insgesamt elfte Pilot, der sich "Rennsieger" in der Formel E nennen darf. Außerdem krönte die Formel E im fünften E-Prix der Gen2-Fahrzeuge den fünften Sieger aus dem fünften Team.

Attack-Mode als Selbstläufer

Anders als zuletzt in Mexiko, wo die Aktivierung des Attack-Modes zu mehreren Überholmanövern und verschiedenen Strategien führte, entwickelte sich der 25-kW-Boost in Hongkong zu einem Selbstläufer. Drei Safety-Car-Phasen und eine Rennunterbrechung sorgten dafür, dass dem Schub kaum taktische Bedeutung zuteil wurde. Der Grund ist einfach erklärt: Hinter dem Safety-Car gilt ein striktes Überholverbot, weswegen kein Fahrer einen Platzverlust befürchten musste. Zweimal durfte der Attack-Mode für jeweils vier Minuten aktiviert werden. Die Aktivierungszone befand sich hinter dem Scheitelpunkt der Haarnadelkurve 6.

Mit Ausnahme von zwei Fahrern (Robin Frijns und Daniel Abt) schalteten hinter dem ersten Safety-Car in Runde 5 alle noch fahrenden Piloten in den 225-kW-Modus. Eine zweite "Aktivierungswelle" zeichnete sich zur Rennhalbzeit zwischen den Runden 16 und 23 ab. Frijns, Stoffel Vandoorne, Abt, Oliver Rowland und beide Venturi-Piloten waren zu diesem Zeitpunkt im Attack-Mode, wenngleich Vandoorne während dieser Phase mit einem Problem an der Antriebswelle ausfiel. Nach dem letzten Safety-Car fuhren zwischen den Runden 26 und 32 stellenweise acht Piloten zeitgleich im Attack-Mode.

5 Rennen, 5 Sieger - auch im Performance-Rating

Doch was sagen die harten Fakten? Wie haben sich die einzelnen Fahrer durch alle Sessions hindurch geschlagen? In unserer obligatorischen Performance-Analyse blicken wir auf die Einzelleistung jedes Fahrers im direkten Vergleich mit der Konkurrenz. Eines vorweg: Unsere Performance-Analyse ist natürlich nicht frei von gewissen Einflüssen - beispielsweise absichtliches Langsamfahren im Freien Training oder Fahrfehler auf der einzigen Qualifyin-Runde -, die wir leider nicht vollständig herausfiltern können. Eine detaillierte Erklärung unseres Berechnungssystems findest du am Ende dieses Artikels.

Der Gewinner in der Fahrerwertung unserer Performance-Analyse ist dieses Mal Andre Lotterer mit 99,58 Prozent. Der DS-Pilot war in jeder Session vorne mit dabei. Ohne den vieldiskutierten Zwischenfall mit Sam Bird hätte er wohl seinen ersten Formel-E-Sieg gefeiert, aber so stand er am Ende mit leeren Händen da. Selbst die schnellste Rennrunde nützte ihm nichts, da es den Zusatzpunkt nur dann gibt, wenn der Fahrer unter den ersten Zehn ins Ziel kommt.

Zweiter im Performance-Rating wurde sein Kontrahent um den Rennsieg, Sam Bird. Der Brite hat mit 99,22 Prozent jedoch bereits einen deutlichen Rückstand. Besonders im Rennen waren Lotterer und Bird in einer eigenen Liga unterwegs: Beide fuhren in ihren schnellsten Runden 0,8 Sekunden schneller als der drittschnellste Pilot. Bird wurde nach seiner Strafe nur auf Platz 6 gewertet, nahm jedoch den Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde unter den ersten Zehn mit.

Auf dem dritten Platz landet mit 99,10 Prozent der spätere Rennsieger Edoardo Mortara. Der Schweizer präsentierte sich am Wochenende erneut in bärenstarker Form, auch wenn er nach dem Qualifying drei Startplätze zurück musste, da er bei roten Flaggen im Qualifying nicht auf Tempo 50 verlangsamt hatte.

Performance-Unterschiede diesmal besonders deutlich

Es folgten die beiden Gewinner der Freien Trainings: Robin Frijns (99,07) und Oliver Rowland (98,99). Frijns hatte dabei seine schwächste Runde des Renntages ausgerechnet dann, als es am wichtigsten war: im Qualifying. Von Startplatz 10 gelang es ihm jedoch, bis auf Platz 3 nach vorne zu fahren. Rowland hingegen mutiert zum Pechvogel der laufenden Saison: Erneut auf dem Weg zu einem sehr guten Ergebnis, erlitt er nach einem großartigen Start in Führung liegend technische Probleme, die ihn schließlich zur Aufgabe zwangen. Mit 98,92 Prozent folgt knapp hinter ihm sein Teamkollege Sebastien Buemi. Auch der Rekordsieger der Formel E kommt bislang noch nicht richtig in Tritt. In der Fahrerwertung liegt er sogar nur auf Platz 13.

Es folgt eine größere Lücke, bis vier Fahrer von deutschen Teams kommen: Lucas di Grassi (98,69), Stoffel Vandoorne (98,68), Daniel Abt (98,62) und Gary Paffett (98,59). Di Grassi ist dank seines Sieges in Mexiko-Stadt und des zweiten Platzes in Hongkong nach schwachem Saisonauftakt nun wieder mitten drin im Titelrennen. Vandoorne konnte mit seiner Leistung in Qualifying und Super-Pole überzeugen, blieb im Rennen nach einem Antriebswellendefekt aber weiter glücklos. Für Abt ging ein durchschnittliches Wochenende dank seiner defensiven Taktik im Rennen mit Platz 4 noch recht gut aus. Paffett ließ erstmals in der Formel E sein Talent aufblitzen, auch wenn er im Rennen chancenlos war und viele Plätze verlor. Er beschließt die Top 10 in unserer Performance-Analyse.

Für den amtierenden Champion, Jean-Eric Vergne (Platz 14; 98,05 Prozent) bleibt wieder einmal nur ein Platz im Mittelfeld. Damit steht er aber noch immer deutlich besser da als die Jaguar-Piloten: Mitch Evans (Platz 17; 97,54 Prozent) liegt nur marginal vor Nelson Piquet jr. (Platz 18, 97,53 Prozent), schaffte es im Gegensatz zu seinem Teamkollegen jedoch, Punkte einzufahren. Damit ist er neben Abt der einzige Pilot, der jedes Rennen in dieser Saison in den Top 10 beendete.

Hinter Piquet liegen nur noch vier Fahrer, von denen jedoch drei in dieser Saison schon auf dem Podium standen: Antonio Felix da Costa ist mit 97,24 Prozent nur auf Platz 19, das Mahindra-Duo Pascal Wehrlein und Jerome d'Ambrosio belegt (wie in der Startaufstellung) sogar nur die letzten beiden Plätze. Mit 96,49 und 96,09 Prozent sind sie abgeschlagen ganz hinten. Dazwischen liegt mit 97,02 Prozent nur noch Dragon-Pilot Felipe Nasr, dem die Mahindra-Fahrer ja auch im Rennen sehr nah kamen.

Trotz sehr kurzer Runde große Abstände

Wenn man die Rückstände anhand der Rundenlänge (1,860 km) in Meter umrechnet, ergibt sich pro Runde folgendes Bild: Lotterer liegt 6,78 Meter vor Bird, der seinerseit 2,18 Meter Vorsprung auf Mortara hat. Mit 60 Zentimetern auf Frijns ist es hier recht eng, doch dahinter sind es bereits wieder 1,51 Meter zu Rowland, der 1,33 Meter vor Buemi liegt. Weitere 4,15 Meter dahinter kommt di Grassi, 21 Zentimeter vor Vandoorne, der 1,21 Meter vor Abt liegt. Am Ende des Feldes fehlen Felix da Costa mehr als 43 Meter, Wehrlein bereits 57 und d'Ambrosio sogar 65 Meter auf Lotterer, was rund 13 Fahrzeuglängen entspricht.

Performance-Rating bei den Teams etwas enger

Bei den Teams sieht es ähnlich aus: DS Techeetah erzielt dank Lotterer mit 99,58 Prozent das beste Ergebnis aller elf Teams. Den Sieg bei der Performance-Analyse holen die Chinesen mit französischem Antriebspartner aber nur äußerst knapp vor Virgin, die auf 99,55 Prozent kommen. Dahinter tut sich eine Lücke auf: Venturi brachte es auf 99,10 Prozent, Nissan auf 98,99. Es folgt Audi mit 98,87 erneut knapp vor HWA (98,84). NIO (98,30), BMW (98,22) und Dragon (98,15) landeten dahinter. Mit Respektabstand folgt Jaguar, die es auf 97,76 Prozent brachten, bevor dann weit abgeschlagen Mahindra gerade einmal 96,49 Prozent erreichte.

Umgerechnet auf eine Runde auf dem 1,86 Meter langen Stadtkurs: DS Techeetah rettet 68 Zentimeter vor Virgin über die virtuelle Ziellinie, Venturi liegt bereits 8,28 Meter zurück. 2,10 Meter beträgt der Vorsprung auf Nissan, die dann 2,21 Meter vor Audi liegen. Trotz der zweitkürzesten Runde im Rennkalender liegen mehr als 57 Meter zwischen DS Techeetah und Mahindra. Schon fast wie Hohn erscheint es da, dass beide Teams ohne Punkte die Weiterreise nach Sanya antreten mussten.

Erklärung des Berechnungssystems

Für jede Session (Freie Trainings, Qualifying und Rennen) wird die jeweils absolut schnellste Rundenzeit durch die persönliche Bestzeit jedes Fahrers geteilt. Das Ergebnis wird anschließend in Prozentpunkte umgerechnet. Für jeden Fahrer werden anschließend die Prozentwerte sämtlicher Sessions addiert und durch die Anzahl der Sessions geteilt. Da die Piloten nur jeweils eine 250-kW-Runde in jedem der beiden Freien Trainings haben, betrachten wir nur das jeweils stärkste Ergebnis der beiden Freien Trainings. Somit ergibt sich der durchschnittliche Performance-Wert, unser "Performance-Rating". Bei den Teams ist das Vorgehen identisch, nur dass hier pro Session allein die schnellere Bestzeit der beiden Fahrer gewertet wird.

Leistet sich ein Fahrer im Qualifying, wo es nur einen Versuch gibt, einen Unfall, einen größeren Fahrfehler oder erzielt in einer Session keine Rundenzeit, fließt diese Session selbstverständlich nicht in die Wertung ein, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.

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