Performance-Analyse Zürich: Mitch Evans & Jaguar erstmals vorne
Tobias Wirtz
Lucas di Grassi gelang in Zürich mit seinem fünften Podestplatz in Folge (Formel-E-Rekord) der erste Saisonsieg vor Sam Bird, dem einzig verbliebenen Herausforderer des Meisterschaftsführenden Jean-Eric Vergne. Dieser kam nur auf Platz 10 ins Ziel, während Jerome d'Ambrosio als Überraschungsmann des Rennens von diversen Durchfahrtsstrafen profitierte und einen starken dritten Platz erzielen konnte. Aber spiegelt der Rennausgang das wahre Kräfteverhältnis der Formel E wider?
Seit den Testfahrten in Valencia haben wir für alle bisherigen Rennen die Zeiten der Teams und Fahrer analysiert. Auch beim Rennen in der Bundeshauptstadt haben wir eine detaillierte Analyse aller Sessions vorgenommen. Die schnellste Rundenzeit einer jeden Session entspricht dabei 100 Prozent. Der Abstand der Rundenzeiten der einzelnen Piloten zu jener 100-Prozent-Marke bietet daraus resultierend einen Wert, der Rückschlüsse auf die Einzelleistung und die Konkurrenzfähigkeit der Fahrzeuge zulässt. Eine genaue Erklärung findest du am Ende dieses Artikels.
Fahrer-Rating: 10 Fahrer mit mehr als 99 Prozent
Der Pole-Setter und Sechstplatzierte des Rennens, Jaguar-Pilot Mitch Evans, gewinnt zum allerersten Mal unser Performance-Rating, wenn auch nur knapp. 99,78 Prozent sind ein hervorragendes Ergebnis und bestätigen, warum der Neuseeländer in dieser Saison eigentlich immer zu den Podiumskandidaten gehört. An zweiter Stelle folgt Felix Rosenqvist mit 99,72 Prozent. Der Schwede reist ein weiteres Mal ohne Punkte ab, nachdem Vergne ihn mit einem fragwürdigen Manöver in die Streckenbegrenzung drückte.
Lucas di Grassi bestätigt auf dem dritten Platz das starke Bild von Audi in dieser Saison mit einer Gesamtperformance von 99,67 Prozent. Es folgt mit Dragon-Pilot Jose Maria Lopez die erste Überraschung unserer Performance-Wertung für den Zürich E-Prix. Mit 99,62 Prozent liegt er absolut in Schlagdistanz zur Spitze. Durch einen Fahrfehler im Rennen blieb der Argentinier jedoch punktlos. Mit Andre Lotterer (99,58) folgt der beste Deutsche in unserem Rating, der ohne seine Durchfahrtsstrafe auf dem zweiten statt auf dem vierten Platz ins Ziel hätte kommen können.
Eben jener Zweitplatzierte, der Brite Sam Bird, der als einziger verbliebener Herausforderer von Jean-Eric Vergne nach New York reisen wird, folgt auf dem sechsten Platz mit 99,46 Prozent unmittelbar vor Jerome d'Ambrosio (99,41), der seine starke Qualifying-Performance mit einem Podestplatz krönen konnte. Lokalmatador Sebastien Buemi kommt mit 99,34 Prozent auf dem achten Platz vor Jean-Eric Vergne (99,32).
Rein deutsches Mittelfeld, keine Überraschungen bei der "roten Laterne"
Das enge Mittelfeld beginnt mit drei deutschen Fahrern: Daniel Abt (99,09), Nick Heidfeld (98,98) und Maro Engel (98,93). Abt hatte im Rennen sicherlich Pech, als er mit Piquet kollidierte und daraufhin zum Reparaturstopp an die Box kommen musste - aber seine Performance war auch deutlich hinter der seines Teamkollegen. Nick Heidfeld hielt sich aus allen Scharmützeln heraus und konnte endlich wieder einmal einige Punkte erzielen. Maro Engel wurde die Full-Course-Yellow kurz vor Rennhalbzeit zum Verhängnis, da er zuvor Energie gespart hatte und eigentlich einen längeren ersten Stint fahren wollte. Der Fahrzeugwechsel während FCY war jedoch alternativlos. Es folgt eine kleine Lücke, bevor sich mit Alex Lynn (98,77), Nicolas Prost (98,75) und Nelson Piquet jr. (98,68) drei Piloten einreihen, die klar hinter ihren Teamkollegen zurückblieben.
Oliver Turvey im diesmal erschreckend schwachen NIO belegt mit 98,65 Prozent nur den 16. Platz vor dem zweiten Lokalmatador Edo Mortara. Der Venturi-Pilot kam auf 98,58 Prozent.
Die letzten drei Plätze gehen - wenig überraschend - an die beiden Andretti-Piloten Antonio Felix da Costa (98,50) und Stephane Sarrazin (98,39) sowie mit weitem Abstand an Luca Filippi (97,93). Angesichts dieser Zahlen grenzt es an ein Wunder, dass Felix da Costa mit dem achten Platz noch vier Zähler erzielen konnte.
Zur Veranschaulichung haben wir die Abstände anhand der Streckenlänge auch wieder in Meter umgerechnet. So liegt Evans auf eine Runde gesehen durchschnittlich 1,55 Meter vor Rosenqvist, der 1,20 Meter Vorsprung auf di Grassi hat. Lopez folgt 1,10 Meter weiter hinten, bevor Lotterer nach weiteren 0,95 Metern kommt. Die ersten Fünf trennt also weniger als eine Fahrzeuglänge.
Die erste größere Lücke tut sich vor Bird auf - 3,08 Meter fehlen ihm auf Lotterer, 1,17 Meter später folgt d'Ambrosio, weitere 1,77 Meter dahinter Buemi, der wiederum 0,46 Meter vor Vergne liegt. Abt reiht sich mit weiteren 5,68 Metern Rückstand ein, auf Spitzenreiter Evans fehlen dem Dominator von Berlin bereits knapp 17 Meter. Kein Vergleich jedoch zu Luca Filippi, der ganze 45 Meter pro Runde verliert. Selbst auf den Vorletzten, Sarrazin, fehlen ihm 11,34 Meter oder mehr als zwei Fahrzeuglängen.
Teamwertung: Jaguar erstmals auf Platz 1
In der Performance-Wertung der Teams sieht das Bild ähnlich aus: Jaguar belegt hier mit 99,78 Prozent den ersten Platz. Erster Verfolger der Briten ist Mahindra mit 99,72 Prozent, unmittelbar vor Audi (99,70). Auch dahinter geht es denkbar knapp zu: Techeetah folgt mit 99,64 Prozent vor Dragon (99,64) und DS Virgin (99,48). Renault e.dams liegt mit 99,34 Prozent nur auf dem siebten Platz, bevor eine große Lücke zu Venturi (98,99) und Andretti (98,72) klafft. Am Ende des Feldes liegt abgeschlagen NIO mit 98,44 Prozent.
In Metern ausgedrückt trennen Jaguar und Mahindra 1,55 Meter, Audi hat jedoch nur 31 Zentimeter Rückstand auf die Inder. Techeetah folgt 1,62 Meter später, lediglich acht Zentimeter vor Dragon. DS Virgin liegt 3,81 Meter dahinter, Renault e.dams weitere 3,45 Meter. Venturi folgt mit 8,67 Metern Rückstand, liegt aber immer noch 6,55 Meter vor Andretti, die noch mal sieben Meter vor NIO stehen. Damit trennen die Chinesen mehr als sechs Fahrzeuglängen von der Spitze.
Das Performance-Rating zum Zürich E-Prix
Erklärung des Berechnungssystems (Explanation of the calculation system)
Für jede Session (Freie Trainings, Qualifying und Rennen) wird die jeweils absolut schnellste Rundenzeit durch die persönliche Bestzeit jedes Fahrers geteilt. Das Ergebnis wird anschließend in Prozentpunkte umgerechnet. Für jeden Fahrer werden die Prozentwerte sämtlicher Sessions addiert und durch die Anzahl der Sessions geteilt. Da viele Piloten nur in einem der beiden freien Trainings mit der vollen Leistung von 200 kW fahren, betrachten wir nur das jeweils stärkste Ergebnis der beiden freien Trainings. So ergibt sich der durchschnittliche Performance-Wert. Bei den Teams ist das Vorgehen identisch, nur dass hier pro Session allein die schnellere Bestzeit der beiden Fahrer gewertet wird.
Leistet sich ein Fahrer im Qualifying, wo es nur einen Versuch gibt, einen Unfall oder einen größeren Fahrfehler, fließt diese Session nicht in die Wertung ein, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. In Zürich betraf dies nur Oliver Turvey nach seinem Mauerkuss im Qualifying.
--
In order to work out a respective driver's performance rating, each session's (Free Practice, Qualifying, Race) overall best time is divided by the driver's personal best laptime. The result is then converted into percentages, from which we can, through addition of all percentages and division by the number of sessions, calculate an average "performance percentage". Most drivers don't use the maximum power output of 200 kW during both Free Practices, so we use just the best result of the two Free Practices. The calculation method is similar for the teams, whereas we only pick the better of their two available times.
In case a driver runs into trouble during the qualifying session (i.e. crashes out, makes a serious mistake), his time is excluded from our assessment, expunging possible outliers. In Zurich this exceptional rule was applied to Oliver Turvey after touching the wall in qualifying.
0 Kommentare
Einen Kommentar schreiben