Formel E

Porsche-Technikchef Malte Huneke: "Keine Probleme, die wir nicht erwartet hätten"

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Mit dem Einstieg von Porsche in die Formel E steigt die Anzahl der Fahrzeuge, die an den E-Prix teilnehmen, von 22 auf 24. Im Gegensatz zu Mercedes-Benz, die mit ihrem Einsatzteam HWA bereits ein Jahr Erfahrung in der Rennserie vorweisen können, startet die Sportwagenschmiede aus Zuffenhausen bei Null - #startfromzero, wie Porsche sein Formel-E-Debüt in den sozialen Medien bewirbt. Im Rahmen der Vorsaison-Testfahrten in Valencia hatte 'e-Formel.de' die Möglichkeit, ausführlich mit Porsches Malte Huneke, Technischer Projektleiter Formel E, über den bevorstehenden Einstieg in die Elektrorennserie zu sprechen.

Malte, hier in Valencia gab es das allererste Aufeinandertreffen mit den anderen Teams. Wie sind die Testfahrten aus eurer Sicht gelaufen?

Bis auf die Unfälle, die uns natürlich ein bisschen aus dem Tritt gebracht haben, sind bisher keine Probleme aufgetreten, die wir nicht erwartet hätten. Von der technischen Seite her sind wir schon mal happy. Wir wollen sicherstellen, dass für die Saison alles super vorbereitet ist. So haben wir auch einige Teile durchgewechselt und hatten immer wieder Garagenzeit, in der wir zum Beispiel einen anderen Antrieb eingebaut haben, um diesen dann einzufahren. So sind wir durch unser Programm gewandert.

Worauf habt ihr den Fokus sonst noch gelegt?

Wir hatten noch ein paar Dinge zu testen - nicht nur Teile, sondern auch Software-Geschichten. Die Ingenieure kommen immer wieder auf neue Ideen, und wir wollen uns natürlich "die Taschen vollstopfen" mit Lösungen für verschiedene Herausforderungen. Dadurch dass wir gleich zwei Fahrzeuge mehr oder weniger neu aufbauen mussten, konnten wir schon ein paar Sachen nicht machen. Es war also nicht so schwierig, auch den Freitag (in Valencia) noch mit Testpunkten zu füllen.

Wie tragisch war es, dass Andre Lotterer die Rennsimulation am Mittwoch auslassen musste und ihr nur ein Auto hattet, um alles durchzuspielen?

Das ist ertragbar. Andre hat viel Rennerfahrung - der weiß, wie das Spiel funktioniert. Und wenn man ganz ehrlich ist: Die Energiereduktion aufgrund von Full-Course-Yellow und Safety-Car ist erstmal eine Herausforderung für uns auf der Software- und Boxenseite. Wir müssen den Fahrer richtig anleiten und ihm sagen, wie viele Kilowattstunden abgezogen wurden, damit er reagieren kann und sein Target (Energie-Ziel pro Runde) anpassen kann. Das ist hauptsächlich eine Prozeduren-Geschichte. Für den Fahrer ändert sich eigentlich nichts. Es war gut, dass zumindest Neel die Gelegenheit hatte, im Verkehr zu fahren. Das ist ja eigentlich das, was beim Testen sonst fehlt, dieses Fahren im engen Verkehr.

Ihr seid auch Qualifying-Simulationen gefahren, wart aber von der Pace her nicht ganz vorn dabei. Hättet ihr damit gerechnet?

Wir als Ingenieure sind immer erst glücklich, wenn wir ganz vorne sind, das ist ganz klar. Und wir wünschen uns das auch für jede Session, die wir in Angriff nehmen. Es wäre aber natürlich völlig vermessen zu glauben, dass alle anderen schlafen. Das wäre ja völlig verrückt, wenn wir auftauchen und schneller sind als alle anderen. Dann hätten alle anderen ja jahrelang etwas falsch gemacht. Gleichzeitig wollen wir natürlich auch weiter nach vorn kommen. Wir sind jetzt aber auch nicht völlig erstaunt darüber. Wir wissen, wo wir schnell sind und wo wir uns noch verbessern müssen. Wir wissen auch, was wir machen müssen, um das zu verbessern.

Was denn?

Der Punkt ist eigentlich, das alles einmal zusammenzubekommen. Wenn man nicht so viele Qualifying-Simulationen macht, hat man auch nicht so viele Chancen, das hinzubekommen. Zum Beispiel war Andre am Mittwochmorgen schnell unterwegs, dann hat er aber leider den Crash gehabt. Wir hatten bis dahin noch nicht einmal eine Qualifying-Simulation gemacht. Und jeder weiß, wie groß der Unterschied zwischen einer Runde mit Attack-Mode und Qualifying-Mode ist. Von daher sehen wir uns nicht ganz so schlecht aufgestellt.

Porsche ist natürlich extrem siegverwöhnt - zuletzt habt ihr dreimal in Le Mans gewonnen. Egal, wo Porsche hinkommt, irgendwann ist man der Sieger. Seid ihr darauf eingestellt, dass es in der Formel E erst einmal Niederlagen hageln könnte?

Wir haben natürlich auch unseren Vorstand darauf vorbereitet, was Formel E bedeutet, und wie schwierig das Umfeld eigentlich ist. Allein schon die Tatsache, dass wir auf den Rennstrecken, wo wir Rennen fahren, gar nicht testen können. Das betrifft zwar alle Teams, aber wir hatten ja die vorherige Saison nicht, um zu lernen. Alle sind darauf vorbereitet, dass das erste Jahr ein Lernjahr ist. Das ist ganz normal. Emotional ist das natürlich eine ganz andere Geschichte. Darauf gibt es wahrscheinlich gar keine echte Vorbereitung, sondern dem muss man sich einfach stellen.

Wie siehst du das Duell mit Mercedes und den beiden anderen deutschen Premiumherstellern?

Das ist super. Ich finde das klasse und freue mich, dass wir uns als Porsche dieser Herausforderung stellen. So eine Chance kriegt man nicht alle Tage, und es macht einfach Spaß.

Die Formel E hat den Vorteil, dass sie ihre Rennen inmitten von Metropolen austrägt. Auf welche Städte freut ihr euch am meisten?

Das ist eine gute Frage, die ich mir noch gar nicht gestellt habe. Die Städte sind schön, das ist zwar super. Aber wir als Einsatzmannschaft sehen gar nicht so viel von den Städten. Was für uns immer interessant ist, sind die Strecken. Ich finde zum Beispiel die Strecke in Rom sehr spannend, mit dem Sprung, der da vorkommt. Paris ist auch interessant. Es gibt viele Strecken, die eigentlich echt gut sind und interessante Herausforderungen bieten. Wir kennen sie natürlich noch nicht in der Realität, so richtig feststellen müssen wir das erst noch.

Es gibt auch ganz neue Strecken - London, Jakarta und Seoul. Dort reisen alle Teams mit den gleichen Voraussetzungen an. Darf man hier möglicherweise etwas mehr von Porsche erwarten?

Ich mache mir ehrlich gesagt noch gar nicht so viele Gedanken darum, was andere erwarten. Es ist ganz einfach: Die Erwartungen sind immer sehr hoch. Wir müssen erst mal ein bisschen was lernen und dann schauen wir mal.

Foto: Porsche AG

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