Formel E

"Porsche waren die Einzigen, die richtig lagen" - Fehlkalkulation einiger Teams sorgt für Formel-E-Energiechaos in Mexiko

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

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1,036 Sekunden der Gesamtrennzeit von 45 Minuten waren noch auf der Uhr, als Porsche-Pilot Pascal Wehrlein ein vorletztes Mal über die Ziellinie fuhr. Ein Wimpernschlag, der für einige Formel-E-Fahrer in Mexiko rennentscheidend war - denn sie hatten mit einer Rennrunde weniger kalkuliert. Ihnen ging am Ende die Energie aus. Andere Teams hatten ihren Fehler schon während des Rennens bemerkt und auf eine konservativere Strategie umgestellt.

Zum Energie-Desaster wurde der Mexico City E-Prix unter anderem für die beiden Jaguar-Piloten Mitch Evans und Sam Bird. Insbesondere der Neuseeländer schleppte sich im absoluten Energiesparmodus um den Kurs. Allein in der letzten Rennrunde verlor Evans mehr als 45 Sekunden auf Rennsieger Wehrlein, sein Teamkollege Bird immerhin "nur" rund 15 Sekunden. Lagen die Jaguar-Fahrer vor dem letzten Umlauf noch in den Punkterängen, so blieben am Rennende nur die Plätze 15 und 19.

"Wir haben uns entschieden, mit der Strategie ein wenig zu pokern, aber das war heute leider nicht von Erfolg gekrönt", erklärt Evans nach dem Rennen. "Leider verlief das Rennen nicht nach Plan, denn wir hatten gehofft, ein paar Punkte zu ergattern."

Jaguar-Teamchef James Barclay ergänzt: "Wir sind heute ein Wagnis eingegangen und waren aggressiv. Das hat sich leider nicht ausgezahlt. Aber wir sind hier, um Rennen zu fahren und wichtige Punkte zu holen. Also haben wir uns dazu entschlossen, dieses Risiko einzugehen."

Ähnlich erging es Sergio Sette Camara im einzig verbliebenen Dragon, der ebenfalls 40 Sekunden auf die Spitze verlor. Und auch Oliver Rowland musste im letzten Umlauf massiv Energie sparen: Der Brite in Mahindra-Diensten lag am Ende der vorletzten Runde noch auf dem achten Platz, musste dann aber das Tempo verringern und fuhr auf den letzten 2,606 Kilometern ganze 18 Sekunden langsamer als Wehrlein.

Rowland: "Wir gewinnen und verlieren gemeinsam"

"Wenn man Ruhm will, muss man manchmal ein Risiko eingehen", erklärt Rowland. "Ich bin mit meinem Rennen zufrieden. Wäre das Führungsauto 0,5 Sekunden später über die Linie gefahren, hätten wir eine Runde weniger absolvieren müssen und wären nicht so knapp mit der Energie gewesen."

Seinem Team will er dafür jedoch keinen Vorwurf machen: "Wir treffen diese Entscheidungen als Team. Wir gewinnen und verlieren gemeinsam. Beim nächsten Rennen müssen wir sicherstellen, dass wir uns nicht in einer Position befinden, in der wir ein Risiko eingehen müssen."

Porsche ohne Gnade

Obwohl es sich das komfortabel in Führung liegende Porsche-Duo durchaus hätte erlauben können, Tempo rauszunehmen und die Renndistanz somit um eine Runde zu verkürzen, blieben die beiden Fahrer gnadenlos. Sie blieben bei ihrer ursprünglichen Strategie, auf 40 Runden zu gehen, und ließen Konkurrenten, die auf eine Rennrunde weniger gehofft hatten, keine Chance auf ein gutes Ergebnis.

Auf die Frage von 'e-Formel.de' hin, ob Wehrlein das Rennen am Ende nicht auch hätte verkürzen können, entgegnete der Deutsche während der Pressekonferenz: "Nein, wir haben immer auf die 40 Runden abgezielt. Am Ende sind wir auf Nummer sicher gegangen, das war das Wichtigste. Wir waren zwar nicht in Gefahr, wollten aber auch zeigen, dass wir ein 40-Runden-Rennen schaffen würden (lacht)."

"Ich möchte auch Andre (Lotterer) danken - das war echtes Teamwork", so Wehrlein weiter. "Wenn wir um die Position gekämpft hätten, hätten wir wahrscheinlich viel Zeit verloren und es nicht auf 40 Runden gebracht."

Felix da Costa: "Dann wurde es ein bisschen chaotisch"

Doch wo es Verlierer gibt, gibt es zumeist auch Gewinner: So stellten die beiden DS-Techeetah-Piloten mitten im Rennen ihre Strategie um und pokerten darauf, dass es eine zusätzliche Rennrunde geben würde. Zwar fielen Jean-Eric Vergne und Antonio Felix da Costa kurzzeitig ein paar Positionen zurück. Am Ende konnten sie das Rennen aber komfortabel auf den Positionen 3 und 4 zu Ende fahren.

"Die Renndauer war wirklich genau zwischen zwei Runden", beschreibt Felix da Costa. "Deshalb hat man einige Fahrer gesehen, die drei Viertel des Rennens richtig schnell waren, dann gegen Ende aber erheblich langsamer machen mussten. Im Grunde waren die Porsche die Einzigen, die von Anfang an richtig lagen. Das zeigt, wie stark sie tatsächlich waren, denn sie konnten diese Pace gehen, obwohl sie für eine Runde länger planten."

"Als alle anderen begriffen haben, dass das Rennen eine Runde länger gehen würde, wurde es ein bisschen chaotisch", so der Formel-E-Champion von 2019/20 weiter. "Wir konnten uns trotzdem nach vorn orientieren und auf den Plätzen 3 und 4 ins Ziel fahren. Das war echt eine ganze Menge Action für 45 Minuten!"

Auch der amtierende Formel-E-Meister Nyck de Vries gehörte zu den Nutznießern: Lag er am Ende von Runde 38 noch auf Platz 12, so sprang am Rennende der sechste Platz für den Niederländer heraus - nur rund 0,7 Sekunden hinter seinem Haupt-WM-Rivalen Edoardo Mortara.

zusätzliche Berichterstattung durch Timo Pape

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