Formel E

Power-Ranking: Unsere Fahrer-Bewertung nach dem Paris E-Prix

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Die Serie reißt auch nach dem Paris E-Prix 2019 nicht ab: Nach dem achten Saisonrennen haben acht verschiedene Fahrer aus acht verschiedenen Nationen einen Lauf der in der aktuellen Formel-E-Saison gewinnen können. Bei seinem 30. Start gewann im Frankreich-Rennen zum ersten Mal der Niederländer Robin Frijns. Der Virgin-Mann setzte sich in einem von Regen, Unfällen und Chaos durchzogenen E-Prix gegen Andre Lotterer (DS) durch, der gemeinsam mit Daniel Abt (Audi) das Podium komplettierte.

Die Formel-E-Fahrer stellten in Paris zudem mehrere Rekorde auf: Nicht nur war die Distanz zwischen dem Pole-Sitter und dem Letztplatzierten im Gruppen-Qualifying mit 1,021 Sekunden so klein wie noch bei keinem Rennen in dieser Saison. Auch trennten den Piloten mit der langsamsten Rennrunde (Turvey, NIO) nur 0,534 Sekunden vom Fahrer mit der schnellsten Rennrunde (Dillmann, NIO). Daniel Abt feierte zudem sein zehntes Podiumsresultat. Oliver Rowland und Gary Paffett erzielten den 700. Nationen-Punkt für Großbritannien. Außerdem durchbrachen Jean-Eric Vergne und Jerome d'Ambrosio die 500- beziehungsweise 300-Punkte-Marke in der ewigen Punkteliste der Formel E.

In der Fahrerwertung bleibt es weiterhin spannend. Nur einen Punkt trennen an der Spitz Robin Frijns und Andre Lotterer. Zehn Punkte dahinter lauern jedoch Antonio Felix da Costa und Lucas di Grassi punktgleich auf den Plätzen 3 und 4.

Welche Fahrer aktuell in der Erfolgsspur sind, soll unser e-Formel.de Power-Ranking feststellen. Nach jedem Rennen bewerten unsere Redakteure hierfür die Einzelleistungen aller Fahrer - ganz unabhängig vom Material oder unverschuldeten Ausfällen und vollkommen subjektiv. Starke Rennen mit unzureichenden Ergebnissen können somit wertgeschätzt werden, auch wenn unsere Bewertung selbstverständlich keine Aussagekraft über die tatsächliche Meisterschaftssituation treffen kann und soll.

Die Einzelwertungen werden für jeweils drei Rennen beibehalten, um einen Performance-Trend darstellen zu können. Auch die E-Prix von Sanya und Rom spielen im aktuellen Ranking also noch eine Rolle. Eine ausführliche Erklärung der Berechnung unseres Power-Rankings haben wir dir auf Deutsch und Englisch bereitgestellt. Wie zuletzt bekommen wir auch in dieser Ausgabe des Power-Rankings Unterstützung von einem unabhängigen Medienkollegen außerhalb unserer Redaktion. Dieses Mal hat Rob Watts vom britischen 'eRacing Magazine' seine Einschätzung zum E-Prix eingereicht. Thank you, Rob!

Das e-Formel.de Power-Ranking nach dem Paris E-Prix

Tageswertung: 8.4 Punkte | Gesamtwertung: 9.6 Punkte

"Vielleicht holt Lotterer ja den Titel, ohne ein einziges Rennen zu gewinnen", witzelte unser e-Formel.de Designer Dennis Schmidt vor einigen Tagen auf Twitter. In der verrückten Formel-E-Saison 2018/19 würde wohl noch nicht einmal das überraschen. Es grenzt dennoch beinahe an eine Sensation, dass der gebürtige Duisburger in diesem Jahr noch keinen Lauf der Formel E gewinnen konnte und trotzdem nur einen Punkt hinter dem Führenden auf Platz 2 in der Gesamtwertung liegt.

Dabei stand er in diesem Jahr so oft kurz vor dem Sieg: Diriyya, Hongkong, Rom. Und auch in Paris hätte es fast für den DS-Mann geklappt. Auf dem Kurs in Frankreich, der unter den Fahrern berüchtigt für seine wenigen Überholgelegenheiten ist, holte er von Startplatz 6 ausgehend stolze vier Positionen auf. Einzig und allein Robin Frijns zeigte im Rennen eine bessere Pace, die letztendlich den Unterschied zwischen den Plätzen 1 und 2 machte.

Nichtsdestotrotz steht fest, dass Lotterers Zeit in den nächsten Wochen und Monaten kommen wird. Ohne Frage ist er, während die Formel E langsam aber sicher in Richtung des letzten Saisondrittels schreitet, als konstantester Fahrer im Feld einer der größten Anwärter auf den Titel - ganz egal ob mit Rennsieg oder ohne.

Tageswertung: 9.4 Punkte | Gesamtwertung: 6.5 Punkte

Robin Frijns' erster Formel-E-Sieg war schon lange überfällig. Der Niederländer setzte sich in Paris mit einer dominanten, kontrollierten und gefassten Fahrt gegen seine Konkurrenz durch, trotzte den widrigsten Bedingungen, die die Formel E je erlebt hat. Er verteidigte sich mit Geschick auf nasser Fahrbahn und mit einem angebrochenen Frontflügel gegen den herannahenden Andre Lotterer. In einem Wort: großartig!

Einzig für das Manöver gegen Sebastien Buemi, durch das der bis dahin in Führung liegende Schweizer einen schleichenden Plattfuß erlitt, gibt es von unserer Redaktion Minuspunkte. Sowohl mit Blick auf eine mögliche Bestrafung als auch auf den Schaden am eigenen Auto hat Frijns in jener Situation wohl Glück gehabt. Dennoch: Platz 1 und 26 Punkte für den Sieg und die schnellste Runde innerhalb der Top 10 sowie gute Leistungen in den vorausgegangenen E-Prix sind Grund genug für unsere Redaktion, ihm den zweiten Platz im Power-Ranking zuzusprechen.

Tageswertung: 4.4 Punkte | Gesamtwertung: 6.3 Punkte

Zwar stand der Brasilianer Lucas di Grassi in Paris im Schatten seines Teamkollegen Daniel Abt. Trotzdem legte er mit einer starken Rundenzeit in Qualifying-Gruppe 1 schon früh am Tag den Grundstein für ein gutes Ergebnis. Von Platz 8 ausgehend (Mahindra-Doppelstrafe sei Dank) überholte er im Verlauf des Rennens mehrere Fahrer, behielt beim einsetzenden  Platzregen die Nerven und hielt sich aus weiteren unnötigen Scharmützeln clever heraus.

Mit einer seiner ganzen Erfahrung und Expertise beendete di Grassi den E-Prix auf einem durchaus respektablen vierten Rang und holte damit das Maximum aus seinem Wochenende heraus. Die elf Punkte Rückstand auf den Führenden sind zudem schnell aufgeholt: Lucas di Grassi ist auch in diesem Jahr ein heißer Tipp für den Fahrertitel der Formel E.

Tageswertung: 2.4 Punkte | Gesamtwertung: 4.7 Punkte

Als Dauergast in den Top 10 unseres "Power-Rankings" findet sich Oliver Rowland auch nach dem Paris E-Prix weit oben in unserer Wertung wieder. Besonders im Qualifying, in dem er wieder schneller als sein deutlich erfahrenerer Teamkollege Buemi war, überzeugte uns der Brite über weite Strecken. Von der Pole-Position ausgehend hatte Rowlands Führung allerdings nicht lange Bestand: Ein bizarrer Verbremser in Kurve 10, der an Nissans Technik-Probleme aus Santiago oder Sanya erinnerte, spülte ihn nach wenigen Runden ans Ende des Feldes zurück.

Im Anschluss setzte Rowland zu einer übermotivierten Aufholjagd an. Durch ruppige Manöver an der Grenze des Erlaubten, für die er sich bei Daniel Abt schon in Hongkong unbeliebt gemacht hatte, verwickelte er sich selbst in mehrere Kollisionen, die schlussendlich auch zu Strafen gegen ihn führten. Sicherlich zählt Rowlands Paris E-Prix rückblickend nicht zu den Sternstunden seiner Karriere. Durch konstant gute Leistungen in den vorausgegangenen Rennen hält sich der 26-Jährige dennoch in den Top 4. Mehr denn je scheint Rowland der ideale Ersatzmann für Alexander Albon zu sein.

Tageswertung: 7.2 Punkte | Gesamtwertung: 4.6 Punkte

Nach den in der Elektroserie üblichen "Startschwierigkeiten" in den ersten E-Prix ist Maximilian Günther spätestens seit dem Europa-Auftakt der laufenden Saison in Rom voll und ganz im Tagesgeschäft der Formel E angekommen. In Italien blieben ihm Punkte zwar noch verwehrt, jedoch erreichte der Allgäuer in Frankreich mit Platz 5 nicht nur sein bestes Karriereergebnis und seine ersten Zähler in der Formel E. Auch brannte er Dragon Racings bestes Resultat seit dem Zürich E-Prix 2018 ins Ziel.

Günther stellte dabei nicht nur seinen Teamkollegen Jose Maria Lopez klar in den Schatten, sondern übertrumpfte auch das Potenzial seines Dragon-Renners, der in den letzten Rennen eigentlich höchstens im Qualifying für Top-Resultate gut war. Der junge Deutsche fuhr in Paris wie ein Veteran, hielt sich aus unnötigen Zweikämpfen mit den schnelleren Audi-Rennwagen heraus und brachte sein Auto im Platzregen von Paris mit einer sicheren Fahrweise als Fünfter über den Zielstrich.

Der 21-Jährige sammelte im Zuge dessen nicht nur für die Meisterschaft wichtige zehn Punkte (die am Ende der Saison bares Geld für das verhältnismäßig kleine Dragon-Team bedeuten könnten), sondern schrieb zeitgleich die perfekte Bewerbung auf eine Formel-E-Rückkehr in Monaco. Noch ist offen, ob Felipe Nasr sein "IMSA-Sabbatical" beenden wird oder weiterhin fern bleibt. Rein sportlich betrachtet wäre Günther wohl die vielversprechendere Option. Wir werden in den kommenden Tagen erfahren, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird.

Tageswertung: 1.0 Punkte | Gesamtwertung: 3.9 Punkte

Auch Jean-Eric Vergne sollte man in der Formel E immer auf der Rechnung haben. Der DS-Fahrer ist seit mehreren Rennen auf einem Höhenflug, der in Sanya mit seinem bislang einzigen Rennsieg der Saison belohnt wurde. Auch in Paris zeigte der Lokalmatador eine solide Leistung, wenngleich er seinen ersten Platz aus dem Vorjahr nicht wiederholen konnte. Stattdessen sammelte er in einem vergleichsweise unspektakulären Rennen als Sechster wichtige Punkte - gerade in Anbetracht seiner Startposition 12 und den wenigen Überholgelegenheiten in Paris.

Zwar stand Vergne auch bei seinem Heimrennen - wie schon zuletzt in Rom - klar im Schatten seines Teamkollegen Andre Lotterer. Nichtsdestotrotz hält er sich als Gesamtsechster weiterhin im Kampf um die Meisterschaft. Er ist einer der vielversprechendsten Kandidaten für die erste Titelverteidigung in der Formel E.

Tageswertung: 4.6 Punkte | Gesamtwertung: 3.7 Punkte

Ähnlich wie bei Andre Lotterer ist ein erster Sieg der Saison auch für Sebastien Buemi eigentlich längst überfällig. Wer hätte gedacht, dass Berlin 2017 sein letzter großer Formel-E-Pokal werden würde? In Paris startete Buemi von Platz 2 und führte den Lauf nach dem Rowland-Unfall erneut für einige Runden an. Im Positionskampf mit Robin Frijns kam es dann jedoch zum folgenschweren Kontakt: Der Niederländer touchierte Buemi am rechten Hinterrad, das sich durch den Kontakt auf der Felge bewegte, wodurch sich das Ventil des Reifens verbog. Das Resultat war ein schleichender Plattfuß, der Buemi wenige Runden später an die Box zwang.

Es ist schwer zu sagen, ob der Nissan-Pilot ohne die Berührung weiterhin um den Sieg hätte kämpfen können. Klar ist, dass ihm durch den Extra-Stopp und die zusätzliche Durchfahrtsstrafe für zu schnelles Einfahren in die Boxengasse bereits vor dem Regen alle Chancen auf ein gutes Punkteergebnis aus den Händen glitten. Fünf Rennen vor Schluss hat er 51 Punkte Rückstand auf den Führenden. Mathematisch betrachtet kann er also noch um den Titel kämpfen. Realistisch betrachtet allerdings wohl eher nicht. Mindestens ein Sieg in dieser Saison ist dem Schweizer allerdings noch zuzutrauen.

Tageswertung: 0.0 Punkte | Gesamtwertung: 3.7 Punkte

Der Neuseeländer Mitch Evans wurde in Paris ein klassisches Opfer der ersten Qualifying-Gruppe, in der er nach seine, Rom-Sieg erstmals antreten musste. Mit den notorisch schlechten Streckenbedingungen in Gruppe 1 kam der Jaguar-Pilot nicht zurecht. Doch auch nachdem er das Rennen von einem fast aussichtslosen Platz 18 aufnehmen musste, lief es nicht zusammen. Sang- und klanglos beendete er den Paris E-Prix auf einem nicht zufriedenstellenden 16. Rang. Zudem riss seine Punkte-Serie von acht Top-10-Resultaten in Folge.

Tageswertung: 6.2 Punkte | Gesamtwertung: 3.3 Punkte

Daniel Abt darf mit Platz 3 als zweitbester Audi-Fahrer (hinter Frijns im Virgin) in Paris mehr als zufrieden sein. Nach dem desaströsen Rom-Wochenende ist seine Rückkehr auf das Podium auch psychologisch wichtig. In der Meisterschaft stellt sich Abt, der im Parallelflug mit Lucas di Grassi Position um Position gutmachte und ein cleveres Rennen fuhr, nach dem Paris E-Prix auf Platz 8 an.

Auch ist Abt, wenn ihm ein tadelloses Rennwochenende gelingt, durchaus ein Kandidat für den neunten Rennsieger im neunten Rennen. Ein klarer Meisterschaftskandidat ist er aktuell zwar nicht. Als Geheimfavorit aus der zweiten Reihe darf man Daniel Abt in diesem Jahr aber bei Weitem noch nicht abschreiben, zumal mit Berlin und New York noch zwei seiner Lieblingsstrecken im Kalender stehen...

Tageswertung: 0.0 Punkte | Gesamtwertung: 2.9 Punkte

Stoffel Vandoorne durchlebt eine durchwachsene erste Saison mit HWA: Läuft alles nach Plan, ist er ein Podiumskandidat. Läuft eine Sache am Renntag schief, schafft er es bestenfalls ins Mittelfeld. Fairerweise sei erwähnt, dass er in den letzten Rennen dafür, dass er weiterhin ein Rookie in der Formel E ist, durchaus respektable Ergebnisse einfuhr. In der Einzelkritik war der Paris E-Prix für Vandoorne aber ein Event zum Vergessen. Erstmals in diesem Jahr war sein Teampartner Gary Paffett subjektiv schneller als der Belgier. Und auch mit dem Regen im Rennen kam Vandoorne nur mittelmäßig zurecht. Nach einer Rennaufgabe infolge eines Fremdkontakts steht Platz 20 auf dem Ergebnis-Blatt der FIA - kein zufriedenstellendes Ergebnis für Vandoorne.

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