Formel E

Remote-Produktion: So komplex ist die TV-Liveübertragung der Formel E

Tim Neuhaus

Tim Neuhaus

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Die TV-Produktion eines Formel-E-Rennens für das global bereitgestellte "Weltsignal" ist wesentlich komplizierter, als man denken mag. Nahezu 100 Kameras direkt an der Strecke und je zehn weitere Kameras an jedem Auto kommunizieren dauerhaft mit dem Produktionsteam in London. Mittlerweile kann die Formel E mit Motorsport-Giganten wie der MotoGP oder der Formel 1 mithalten.

Gerade in den Anfangsjahren war die Übertragung der Elektrorennserie ein Leidthema für Fans und Veranstalter. Oft wurden wichtige Schlüsselsituationen nicht übertragen, weder live noch in einer Wiederholung. Der Grund lag in der Infrastruktur. Anders als in der Formel 1 fehlte an den temporären Stadtkursen die nötige technische Grundlage. 2023 gelang es der Formel E nach größeren Investitionen, diese Schwachstelle auszubessern.

Durchbruch mit Ex-F1-Produktionsleiter

Übertragungsdirektor Tim Glass und Technikdirektor Eric Ernst sind die Hauptverantwortlichen für die Produktion. Glass leitete zuvor die Übertragung der Formel 1 auf Sky. Für Saison 9 wurde er von der Formel E angeheuert. Mit ihm kamen "mehr Kameras und mehr von allem, um die Berichterstattung zu verbessern", so Glass gegenüber broadcastnow.

Den Umbruch pünktlich zur Gen3-Ära lobt auch Ernst: "In diesem Jahr (2023) war es ein gewaltiger Schritt, denn wir haben die gesamte TV-Produktion von Grund auf neu aufgebaut. Wir führen damit die wohl größte und modernste Remote-Produktion einer Sportserie dieser Größenordnung durch." Zu einer Remote-Produktion gehört neben den Zuständigen an der Strecke ebenso ein Studio, wo aus dem Bildmaterial die Übertragung geformt wird.

Diesen Job übernimmt für die Formel E die Firma Gravity Media mit Sitz in London. In die britische Hauptstadt muss also jedes Bild übertragen werden. Dort redigiert ein:e Regisseur:in hunderte einzelne Liveaufnahmen und schickt sie zurück an die Strecke. Trotz dieses Aufwands entsteht ein Versatz von nicht einmal zwei Sekunden zwischen Renngeschehen und Übertragung. Möglich ist das nur aufgrund einer bereitgestellten Internetleistung von 2 Gbit/s.

10 Kameras für jeden Fahrer

Um das Renngeschehen für Zuschauer:innen bestmöglich einzufangen, sind Perspektiven direkt vom Auto sehr wirksam. Mittlerweile erfreuen sich Fans an zehn Kameraperspektiven von jedem Auto. Ob Fahrer, Spiegel oder gar Aufhängung - nichts bleibt unbeobachtet in der modernen Gen3-Ära. Die sehenswerteste Einstellung ist womöglich das "Driver's Eye", das den Blick des Fahrers einfängt und bereits Nachahmer in anderen Rennserien wie der Formel 1 gefunden hat.

Das Produktionsteam aus London kann jederzeit mit den einzelnen Fahrzeugen kommunizieren. Ernst beschreibt den Vorgang wie folgt: "Alles wird im Auto aufgezeichnet. Wenn das Auto also einen Unfall hat, können wir mit dem Auto kommunizieren und ihm sagen, dass es die letzten 30 Sekunden der Aufnahmen zurücksenden soll. Mit dem alten System haben wir es einfach verpasst, wenn das Auto nicht live auf einer entfernten Frequenz war."

Aufnahmen werden für strittige Szenen & Social Media genutzt

Nach jedem Rennen wird das Bildmaterial aller 22 Autos und der Streckenkameras in eine Cloud der Formel E geladen. Die bewegten Bilder werden einerseits von der FIA genutzt, um Vergehen auch nach einem Rennen auswerten zu können. Andererseits nutzen die verschiedensten Social-Media-Kanäle der Rennserie die Aufzeichnungen für ihre Inhalte.

Auch in der kommenden Saison 11 der Formel E soll es stetige Verbesserungen der Übertragungsqualität geben. Was sich verändert oder völlig neu ist, erfahren wir spätestens am 7. Dezember 2024, wenn die Formel E in Brasilien wieder an den Start geht.

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