Formel E

Rene Rast wünscht sich für Gen3-Ära der Formel E: "Slick-Reifen würden viel mehr Performance bringen"

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

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Zum ersten Mal in der Geschichte der Formel E hat die Rennserie beim Monaco E-Prix ein Rennen auf einer nahezu identischen Strecke wie die Formel 1 durchgeführt. Während der Unterhaltungswert des Formel-E-Rennens durchgängig höher eingestuft wurde als bei der "Königsklasse", war Ferrari-Pilot Charles Leclerc im Qualifying- Rundenzeitvergleich mit fast 21 Sekunden Vorsprung deutlich schneller als Antonio Felix da Costa (DS Techeetah). Audi-Pilot Rene Rast wünscht sich für die kommenden Gen3-Fahrzeuge der Formel E eine Maßnahme, mit der dieser Rückstand in seinen Augen deutlich kleiner würde: Slicks.

"Was wir uns alle wünschen, ist ein anderer Reifen", erklärt Rast in der 200. Episode unseres ePod einen seiner Wünsche für die Gen3-Fahrzeuge, die ab Ende 2022 in der Formel E zum Einsatz kommen werden. "Mir persönlich würde mehr Grip Spaß machen - ein Auto, das konstanter und einfach mehr wie ein Rennauto zu fahren ist."

"Der Allwetterreifen von Michelin ist zwar gut, und ich verstehe natürlich den Hintergrund, warum er genommen wird. Aber ein Slick-Reifen würde noch mal viel mehr Performance bringen und das Rennfahren für uns Fahrer noch interessanter machen", so der Mindener weiter.

"Noch mehr Leistung mit diesen (Allwetter-) Reifen schwierig"

Rast sieht zudem konkrete Probleme auf die Fahrer zukommen, sollte die Formel E den Ansatz mit Allwetterreifen in der Gen3-Ära beibehalten, denn dann wird die Leistung der Fahrzeuge auf maximal 350 kW ansteigen: "Ich glaube, wenn wir mehr Leistung hätten, wäre es noch schwieriger zu fahren. Noch mehr Leistung mit diesen Reifen finde ich schwierig."

Die Gummis seien einer der wenigen Ansatzpunkte, bei denen die Rennserie noch deutlich mehr Performance herauskitzeln könnte. "Das Auto ist auf maximale Effizienz ausgelegt. Das heißt, wenn man Aerodynamik hinzufügen würde, wäre das kontraproduktiv. Auch wenn man breitere Reifen hinzufügen würde, gäbe es mehr Rollwiderstand und mehr Energieverbrauch. Das wäre alles kontraproduktiv für die Effizienz", erklärt Rast.

Zwar würde das Gen3-Auto auch mit Profilreifen etwas schneller werden, den ganz großen Sprung erwartet der Audi-Pilot jedoch nicht: "Topspeed und Beschleunigung werden schneller und damit auch die Rundenzeit, die Kurvengeschwindigkeiten aber nicht. Man wird vom Reifen her in den Kurven sehr limitiert sein. Das heißt, das Bremsen, Beschleunigen und die Kurvengeschwindigkeit werden sehr ähnlich bleiben. Die Traktion wird ein Problem werden, und man muss früher bremsen, weil man schneller dort ankommt. Ich glaube, in der Kurve wird sich nicht viel verändern."

Mercedes-Technikchef Nick Chester widerspricht und lobt Michelin

Damit trifft Rast jedoch nicht bei allen Beteiligten in der Formel E auf Zustimmung. So erklärt Mercedes-Technikchef Nick Chester im Gespräch mit 'e-Formel.de': "Die Fahrer wollen immer so schnell wie möglich fahren. Wenn man ihnen einen Slick oder einen weicheren Reifen anbietet, sagen sie 'Ja, bitte'."

"Ich denke, Michelin hat einen sehr guten Job gemacht, einen Allwetterreifen zu entwickeln, der bei ziemlich nassen Bedingungen gut funktioniert und auch bei trockenen Bedingungen noch Performance zeigt. Es ist vom Design und der Gummitechnologie her schwierig, das so umzusetzen", lobt er den aktuellen Reifenhersteller aus Frankreich für seine Arbeit in den vergangenen 6,5 Jahren.

Dies sei in vielen Fällen ein schwieriger Spagat bei der Entwicklung der Pneus. "Oft hat man am Ende einen Reifen, der im Trockenen etwas zu heiß ist und im Nassen schwer zum Arbeiten zu bringen ist. Aber die aktuellen Reifen können mit den verschiedenen Bedingungen sehr gut umgehen", so Chester.

Im Falle einer Umstellung auf reine Trockenreifen würde auch der Mercedes-Ingenieur mit einem Performance-Gewinn rechnen: "Ich denke, dass wir mit Slicks mit Sicherheit viel schneller fahren würden. Was die Show angeht, würden die Autos auf Slicks wahrscheinlich weniger rutschen. Es wäre vielleicht nicht mehr so interessant anzusehen, wenn sie auf Slicks fahren. Es bedeutet nicht zwangsläufig, dass es ein besseres Rennen oder eine bessere Show ist", spricht er die Nachteile des alternativen Ansatzes an.

BMW-Chefingenieur Conti: "Ein Slick hat auch ganz viele Nachteile"

"Ich weiß nicht, ob ein Slick-Reifen auf den Formel-E-Strecken in den Städten so vorteilhaft für die Show und das Racing wäre", gibt ihm BMW-Chefingenieur Valentino Conti in einer Spezial-Episode unseres Podcasts Recht. "Als ich in die Serie kam, habe ich mir auch gedacht, dass ein Slick-Reifen besser wäre. Im Nachhinein bin ich mir da nicht mehr sicher. Ich glaube, die Allwetter-Reifen machen schon Sinn."

"Ein Slick hat auch ganz viele Nachteile: Verschleiß, und oft sind die Reifen sehr kritisch, wenn sie nicht im richtigen Temperaturfenster sind", ergänzt er. "In den meisten Fällen ist es auch so, dass ein neuer Slick mehr Performance gibt. Diese ganzen Thematiken haben wir beim aktuellen Reifen einfach nicht. Insofern ist das eigentlich ganz schön, und es passt auch viel besser zur Rennserie."

"Man muss natürlich von der Reifenmischung her schauen, dass der Reifen immer funktioniert - wenn es kalt ist und wenn es warm ist", stimmt auch Rene Rast zu. "Ich glaube, das wird das Thema sein. Man fährt in Santiago bei 40 °C und hat dann Paris und London (im Kalender), wo es teilweise sehr kalt ist. Ich glaube, man muss da einen Lösungsansatz finden, dass der Slick bei allen Temperaturen funktioniert."

Mercedes-Technikchef Chester: "In der Formel E wichtig, eine nachhaltige Botschaft zu vermitteln"

Auch logistisch hätte ein neuer Ansatz bei der Reifenwahl gravierende Konsequenzen. "Man bräuchte viel mehr Reifensätze, weil man Trocken- und Regenreifen dabei haben müsste. Man müsste also deutlich mehr Reifen mitnehmen. Das wäre logistisch teurer", spricht Nick Chester den Kostenaspekt an. Dazu kommt noch das Argument der Nachhaltigkeit: "Ich denke, dass es in der Formel E sehr wichtig ist, eine nachhaltige Botschaft zu vermitteln. Deshalb ist es eine gute Sache, keine Slicks und Regenreifen zu haben."

Auch wenn die Formel E mit der südkoreanischen Firma Hankook einen neuen Einheitsausrüster für die im kommenden Herbst beginnende Gen3-Ära präsentiert hat, ist nicht davon auszugehen, dass sie vom Nachhaltigkeitsvorteil, den profilierte Allwetterreifen mit sich bringen, Abstand nehmen wird. Wie gut die Fahrer mit den neuen Gummis in Verbindung mit der höheren Leistung zurechtkommen werden, wird sich zeigen.

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1 Kommentare

Trockensumpfpumpe ·

Och nö, bitte nicht. Die Tatsache, dass man in der Formel E einfach straight bei Regen weiterfahren kann, gehört für mich zu den schönsten, einzigartigsten Aspekten an der Serie, außerdem ist es vergleichsweise nachhaltig. Ich merke halt, dass die Forderungen einzelner (Rennen mit der Formel 1, permanente Rennstrecken, Slickreifen) mehr und mehr darauf hinauslaufen, dass, würde man die alle umsetzen, die Formel E am Ende auch nur eine Rennserie wie jede andere wird, nur eben mit Elektromotoren. Und das fänd ich extrem schade.

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