Rookie-Tester Sheldon van der Linde hofft auf Formel-E-Chance: "Will der Erste der Warteschlange sein!"
Tobias Bluhm
Mit 16 wanderte er aus Südafrika nach Deutschland aus, mit 23 gewann er den Titel in der DTM: Sheldon van der Linde hat trotz seiner noch jungen Karriere ein bewegtes Leben im Motorsport hinter sich. Inzwischen bringt sich der charismatische Rennfahrer aus Johannesburg auch bei Jaguar in der Formel E ein. Van der Linde findet: Eines Tages könnten sich Nachwuchstalente eher auf die Elektroserie spezialisieren wollen als auf die Formel 1.
In kaum einer Serie ist es so schwer, Fuß zu fassen, heißt es, wie in der Formel E. In der technisch hochkomplexen Elektro-Meisterschaft gilt das Credo: Erfahrung ist Trumpf - insbesondere hinsichtlich des energiesparenden Fahrens. Doch wie sollen sich neue Fahrer in der Rennserie etablieren, wenn ihnen aus Gründen des Erfahrungsrückstands keine Gelegenheiten im Fahrzeug gegeben werden?
Das Problem der zu wenigen Testgelegenheiten versuchte die Formel E in diesem Jahr auf zwei Wege zu lösen. Einerseits führte sie den einst jährlich stattfindenden Rookie-Testtag wieder ein, bei dem ausschließlich Fahrer teilnahmen, die zuvor noch kein Rennwochenende in der Elektroserie bestritten hatten. Und andererseits schuf sie im Rahmen des Rom E-Prix ein "0. Freies Training", bei dem ebenfalls nur Neulinge in den Autos Platz nehmen durften. Bei beiden Session für Jaguar mit dabei: Sheldon van der Linde.
Kein Platz für Fehler
Der Südafrikaner, der in der Saison 2022 den Titel in der DTM gewann, erklärt gegenüber e-Formel.de seine Dankbarkeit für die Gelegenheit - insbesondere jene, in Rom zu fahren. "Das ist eine der schönsten Straßenstrecken der Welt", sagt er, "zumindest im Formel-E-Kalender. Es hat mich begeistert, wie wenig 'Room for Error' es gibt. Wenn du zu spät bremst, gibt es keine Auslaufzone, anders als in der DTM."
"Berlin war natürlich auch schön, aber in Rom zu fahren … Das ist eine der schwierigsten Formel-E-Strecken! Ich hatte nur eine halbe Stunde, vielleicht fünf oder sechs Push-Runden, um mich daran zu gewöhnen. Das war nicht leicht, und ein Fehler kann dich schnell in die Mauer bringen."
Wechsel von DTM & LMDh in Formel-E-Wagen machbar
In der Tourenwagenserie DTM fährt van der Linde seit 2019, insgesamt elf Podien erzielte er dort bislang. Im vergangenen Jahr gewann er sogar den Meistertitel mit dem BMW-Team Schubert Motorsport. Zudem ist er in das LMDh-Testprogramm der Münchner eingebunden. Der Wechsel zwischen den verschiedenen Fahrzeugklassen falle ihm aber nicht schwer: "Für mich persönlich ist das nicht so schwierig, am ehesten vielleicht noch beim Wechsel vom LMDh-Auto in die Formel E. Der Unterschied zur DTM ist so groß, dass du als Fahrer genau weißt, was du ändern musst."
In beiden Rookie-Sessions zeigte van der Linde gute Leistungen: In Berlin, wo er die Schlussphase des Tests nach einem Unfall verpasste, gelang ihm zwar nur Platz 16, in Rom wurde er allerdings Zweiter. Insbesondere das Ergebnis aus Italien könnte eines Tages auch zu einem Argument werden, van der Linde den Weg in die Elektroserie zu eröffnen.
Formel E als Karriereziel "in zwei, drei Jahren"
"Mit den vielen Überschneidungen zur DTM und WEC ist es aktuell ein bisschen schwierig", so van der Linde über seine Chancen bei Jaguar, "aber ich glaube, dass es 2025 oder 2026 besser möglich sein wird. Mein Ziel ist es, in den nächsten zwei, drei Jahren hier (in der Formel E) zu sein. Ich habe jetzt schon zwei Rookie-Tests gefahren, kenne die Leute im Team und versuche, meine Erfahrungen im Simulator einzubringen. Wenn ein Sitz frei wird in den nächsten zwei Jahren bin ich dann hoffentlich der Erste in der Warteschlange, um das Cockpit zu übernehmen. Jaguar ist aktuell eines der besten Teams in der Formel E - es ist auf jeden Fall mein Wunsch, dort einen Platz zu bekommen!"
Van der Linde, der sich früh in seiner Karriere dem GT-Sport verschrieb, denkt sogar, dass Nachwuchstalente eines Tages eher die Formel E als die Formel 1 als Karriereziel verfolgen könnten - ähnlich wie David Beckmann, der diese Sicht schon vor einigen Wochen gegenüber e-Formel.de erklärte. "Man sieht das zum Beispiel bei Zane Maloney", so van der Linde über Andrettis Testfahrer, "der wie viele Formel-2-Fahrer jetzt zum Rookie-Test kam. Einige merken wohl, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Formel-1-Sitz nicht mehr so groß ist. Auch die Formel E ist eine der großen Rennserien der Welt, inzwischen sogar als Weltmeisterschaft."
Was man nicht vergessen dürfe: "Es gibt nicht so viele Rennserien, wo man allein fährt. In der WEC hast du immer einen Teamkollegen. Gerade ich als junger Fahrer mit 24 Jahren möchte mich aber selbst noch ein bisschen zeigen, um auch auf dem Podium zu stehen und sagen zu können: Das war ich!"
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