Formel E

Saisonstart in Saudi-Arabien: Die große Formel-E-Vorschau zum Diriyya E-Prix 2019

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Die lange Sommerpause der Formel E ist endlich vorbei: Mit dem Diriyya E-Prix 2019 startet die elektrische Rennserie am kommenden Freitag und Samstag in ihre sechste Saison. Bei den zwei Auftaktrennen in Saudi-Arabien feiern unter anderem die neuen deutschen Hersteller Mercedes und Porsche ihre Premiere in der Formel E.

Die Formel-E-Saison 2019/20 steht in den Startlöchern. Nach monatelangen Privat-Tests und der obligatorischen Oktober-Testwoche in Valencia trifft das 24-köpfige Starterfeld am kommenden Freitag zum ersten Mal unter Wettbewerbsbedingungen aufeinander. Zum zweiten Mal findet der Auftakt in Saudi-Arabien statt, erstmals jedoch als "Double-Header" mit zwei Rennen an einem Wochenende (Freitag und Samstag, jeweils um 13 Uhr deutscher Zeit).

Wenige Tage vor dem ersten Meisterschaftslauf sind noch viele Fragen offen: Wie sind die Karten vor dem neuen Rennjahr gemischt? Wird DS Techeetah seinen Meistertitel verteidigen können? Und wie gut sind Porsche und Mercedes auf ihre Elektro-Premiere vorbereitet? Alles, was du vor dem mit Spannung erwarteten Saisonauftakt in Diriyya wissen musst, erfährst du in unserer umfassenden Rennvorschau.

Stadt, Land, Fluss…

Diriyya, ein Vorort der saudi-arabischen Hauptstadt Riad, begrüßt die Formel E in der "Wiege des modernen Saudi-Arabiens". Unter einflussreichen Herrschern stieg die 30.000-Einwohner-Stadt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Machtzentrum des ersten Saudi-Staates auf und überstrahlte gar die heutige Hauptstadt Riad. Nach einer Belagerung durch die Osmanen im Jahr 1818 wurde Diriyya jedoch beinahe vollständig zerstört.

Weite Teile der historischen Altstadt werden noch heute restauriert. Der Stadtteil At-Turaif gehört seit 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Mit dem Aufbau des "modernen Diriyya", in dem am Wochenende die Formel E gastiert, wurde erst in den 1970er-Jahren begonnen.

Fotos: Lou Johnson, Shivraj Gohil / Spacesuit Media

Was in der Sommerpause passierte

Auf dem Fahrermarkt der Formel E ging es in der Pause zwischen den Saisons heiß her. Andre Lotterer verließ das Meister-Team DS Techeetah für ein Cockpit bei Porsche, was einen regelrechten Erdrutsch an Transfers nach sich zog. Antonio Felix da Costa übernahm das ehemalige Lotterer-Cockpit bei Techeetah. An seine Stelle bei BMW rückte Maximilian Günther auf, der im Dragon seines Zeichens von Nico Müller beerbt wurde. Der Schweizer bekommt bei den US-Amerikanern Gesellschaft von Brendon Hartley, der zuvor Porsche bei der Entwicklungsarbeit unterstützte und Jose Maria Lopez ersetzt.

Ebenfalls neu in der Formel E: Nyck de Vries. Der amtierende Formel-2-Meister wurde von Mercedes verpflichtet, wo er an der Seite von Stoffel Vandoorne zum Einsatz kommen wird. Jaguar ersetzte Alex Lynn durch James Calado. Beim chinesischen Nio-Team, das in der Saison 2019/20 von neuen Eigentümern aus China geleitet wird und nun Nio 333 heißt, darf sich Ma Qing Hua auf sein Comeback in der Formel E freuen. Er folgt auf Tom Dillmann.

Bei der Organisation ABB FIA Formula E ging das Zepter der Geschäftsführung im Sommer von Alejandro Agag an Jamie Reigle über. Der Kanadier war bislang Executive Vice President des NFL-Teams der L.A. Rams. Agag konzentriert sich stattdessen als CEO auf sein neues Projekt, die Formel-E-Schwesterserie Extreme E.

Formel E in Saudi-Arabien: Der Zeitplan 2019

Freitag, 22. November 2019:

  • 05:00 - 05:45 Uhr - 1. Freies Training
  • 07:00 - 07:30 Uhr - 2. Freies Training
  • 09:00 - 10:05 Uhr - Qualifikation
  • 13:04 - 13:50 Uhr - Rennen (45 min + 1 Runde)

Samstag, 23. November 2019:

  • 06:45 - 07:30 Uhr - 3. Freies Training
  • 09:00 - 10:05 Uhr - Qualifikation
  • 13:04 - 13:50 Uhr - Rennen (45 min + 1 Runde)

Bitte beachte, dass die Rennen am Freitag (!) und Samstag stattfinden. Hintergrund ist das in vielen islamisch geprägten Ländern übliche Wochenende mit einem arbeitsfreien Freitag. Im Programm der Formel E finden zudem die ersten zwei Meisterschaftsläufe der Jaguar I-Pace eTrophy statt. Die 25-minütigen Rennen mit den elektrischen SUVs starten an beiden Renntagen jeweils um 11 Uhr deutscher Zeit.

Hohe Anforderungen an Mensch & Maschine: Die Strecke

Der 2,494 Kilometer lange Formel-E-Kurs in Diriyya ist eine regelrechte Achterbahnfahrt mit bemerkenswerten Höhenunterschieden und vielen ineinander übergehenden Kurven. Insgesamt 21-mal ändern die Fahrer in Saudi-Arabien die den Einschlag des Lenkrads - so oft wie auf keiner anderen Strecke im Rennkalender. Die engen und geschwungenen S-Kurven im ersten Sektor fordern Können im Umgang mit dem Strompedal und erinnern an die ersten Abschnitte der Formel-1-Strecken von Suzuka oder Austin.

Die beste Überholmöglichkeit bietet die 90-Grad-Rechtskurve (Kurve 18) am Ende der Startgeraden. Auf der Außenseite der Kurve befindet sich neuerdings zudem die Attack-Zone, die für dieses Jahr verlegt wurde (vormals Kurve 17).

Eurosport & ZDF: Der Diriyya E-Prix der Formel E im TV & Live-Stream

Wie in der vergangenen Saison gibt es für Fans der Formel E mehrere Wege, um die Rennen der Elektroserie zu verfolgen. Jede Session des Saisonauftakts ist in Deutschland im TV und/oder im Live-Stream zu sehen. Wie üblich bietet die Formel E dabei über ihre offiziellen YouTube- und Facebook-Kanäle einen Live-Stream mit englischsprachigem Kommentar zu den Trainingssessions an, den wir dir an beiden Renntagen wie gewohnt auch auf e-Formel.de bereitstellen.

Die Qualifyings und Rennen von Diriyya werden live bei Eurosport 1 im Fernsehen übertragen. Alternativ zeigt auch das ZDF den E-Prix (nicht das Qualifying!) in einem kostenlosen Online-Stream. Zudem bietet e-Formel.de einen Live-Ticker zu allen Sessions an, der sich ideal als "Second Screen" für zusätzliche Informationen oder als Lösung für unterwegs bzw. am Freitag auf der Arbeit anbietet.

>>> zur ausführlichen TV- und Live-Stream-Übersicht zum Formel-E-Rennen in Saudi-Arabien

In der Schweiz zeigen Eurosport und der Pay-TV-Sender MySports beide Qualifyings und Rennen. Formel-E-Fans aus Österreich haben - abgesehen von den Trainings-Live-Streams - leider keine direkte Möglichkeit, das Rennen live zu verfolgen. ORF 1 zeigt im Vorfeld des Formel-1-Grand-Prix von Abu Dhabi am 1. Dezember jedoch ab 13:30 Uhr eine Zusammenfassung des Formel-E-Rennwochenendes.

Übersicht: Die Qualifying-Gruppen für Diriyya

Wie üblich werden die Formel-E-Fahrer für die Qualifikation in vier Gruppen aufgeteilt, um zu gewährleisten, dass jeder der 24 Fahrer (zumindest in der Theorie) eine "freie Runde" auf dem engen Kurs drehen kann. Werden die Piloten üblicherweise anhand ihrer Meisterschaftsposition in die Gruppen aufgeteilt, gilt für Diriyya das Endergebnis der Vorsaison.

Die insgesamt sechs neuen Fahrer bilden in der Reihenfolge ihrer Startnummern die vierte Quali-Gruppe. Für den Diriyya E-Prix ergeben sich somit folgende Gruppen.

Wetter: herbstliche Temperaturen, bewölkter Himmel

Die Formel E erwarten in Saudi-Arabien zwei nach europäischen Standards herbstliche Tage. Das Thermometer soll am Freitag und Samstag Spitzentemperaturen von gerade einmal 20 Grad Celsius erreichen. Während es freitags meist sonnig bleiben soll, warnen mehrere Wetterdienste einige Tage vor dem Rennen vor der Möglichkeit von leichten Regenschauern am Samstag. Ob dieser Fall tatsächlich eintritt, bleibt jedoch abzuwarten.

Diriyya: Fast Facts

  • Neben der neuen Location der Attack-Zone wurden an der Strecke in Diriyya mehrere kleine Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr vorgenommen. Die Mauer in der letzten Kurve wurde angepasst. Gleiches gilt für das Straßenprofil von Kurve 5. Der Boxeneingang wurde ebenfalls leicht verändert.
  • Wie bereits im Vorjahr treten im Rahmenprogramm der Formel E zahlreiche namhafte Bands in Saudi-Arabien auf. Neben den weniger bekannten Künstlern Massari und Maluma spielen am Donnerstagabend auch internationale Stars wie Alan Walker, Imagine Dragons oder Clean Bandit.
  • Das Durchschnittsalter im Fahrerfeld der Formel E beträgt in Diriyya 29,83 Jahre. Das jüngste Fahrerduo hat Mercedes verpflichteten können (26 Jahre), die älteste Fahrerpaarung kommt von Porsche (36,5 Jahre).
  • Falken, die Nationalvögel Saudi-Arabiens, erreichen im Sturzflug Geschwindigkeiten von bis zu 320 km/h. Könnten sie diese Geschwindigkeiten auch im Horizontalflug erreichen, würden Falken den Kurs in Diriyya in gerade einmal 28 Sekunden umrunden. Ein Formel-E-Auto benötigt dafür ungefähr 70 Sekunden.
  • Saudi-Arabien liegt mit einer Gesamtfläche von 2.149.690 Quadratkilometern auf Platz 13 der größten Länder der Welt. Diese Fläche ist gerade so groß genug, um 235.370.954.321 Gen2-Formel-E-Autos nebeneinander zu parken. Kostenpunkt: 192 Billiarden Euro - zuzüglich Parkgebühren, versteht sich.

Rückblick: Regen in der Wüste - das verrückte Diriyya-Rennen 2018

Im vergangenen Jahr eröffnete der Diriyya E-Prix erstmals eine Formel-E-Saison. Das Debüt der damals brandneuen Gen2-Fahrzeuge fiel im Dezember 2018 jedoch beinahe ins Wasser: Über der Strecke gingen die größten Regenfälle in Saudi-Arabien seit Jahren nieder. Da beim Entwurf der Strecke keine Drainage-Systeme eingeplant wurden, sammelte sich das Wasser auf der Piste. Die zwei ursprünglich geplanten Freien Trainings mussten zusammengelegt werden. Auch das Format des Gruppen-Qualifyings wurde kurzfristig verändert. Regen in der Wüste - ein verrückter Saisonauftakt!

Der Rennsieg in Saudi-Arabien ging letztlich an Antonio Felix da Costa im BMW - und das im ersten Formel-E-Rennen für die Münchener als Werksteam. Der Portugiese profitierte dabei von zwei Strafen gegen die DS-Techeetah-Fahrer Jean-Eric Vergne und Andre Lotterer. Vergne jagte Felix da Costa mit dem Attack-Mode, der ebenfalls in Diriyya seine Premiere feierte, bis in die letzte Runde um den Kurs, musste sich nach 33 Runden jedoch mit Platz 2 zufriedengeben. Dritter wurde Jerome d'Ambrosio im Mahindra.

VIDEO: Die Highlights des Diriyya E-Prix 2018

Prognose: "Wundertüte Formel E"

Wie vor jedem Formel-E-Rennen - gerade vor einer neuen Saison - gilt auch in Diriyya: Niemand kann valide einschätzen, wie die Teams tatsächlich aufgestellt sind. Bestenfalls dürfte nach dem Qualifying ansatzweise Klarheit über das vorläufige Kräfteverhältnis herrschen, zumindest auf eine Runde gesehen. Das gute Valencia-Resultat von BMW ist wohl bereits "Schnee von gestern", da die beiden Strecken schlichtweg nicht vergleichbar sind. Nichtsdestotrotz wird es dem Münchner Rennstall zweifelsohne Selbstbewusstsein für das Wochenende bescheren. Ebenso haben wir jedoch mit DS Techeetah, Audi, Virgin und Nissan noch einige andere Teams auf dem Zettel.

Ein Großteil der Aufmerksamkeit wird sich zudem auf Mercedes und Porsche richten. Die beiden neuen deutschen Teams sind zwei der größten Unbekannten in Saudi-Arabien. Langfristig wollen beide Teams die Meisterschaft in der Formel E gewinnen. Da es jedoch das erste Rennen beider Rennställe ist, sollten Fans noch keine allzu hohen Erwartungen an die beiden Mannschaften stellen. Aber vielleicht geht es ja doch schon in Richtung Podium?

Die Ungewissheit bringt eine große Spannung mit sich. In der "Wundertüte Formel E" kann auch in der neuen Saison 2019/20 alles passieren. Freuen wir uns auf ein packendes Auftakt-Wochenende, eine umkämpfte Saison und auf die zahllosen Geschichten, die uns in den kommenden Monaten beschäftigen werden. Das gesamte Team von e-Formel.de wünscht dir viel Spaß beim Diriyya E-Prix 2019 und in Saison 6!

Übrigens: Auch in diesem Jahr haben unsere Leser eine kostenlose Community-Tippspiel-Runde organisiert. Wer mitmachen möchte, hat noch bis zum Wochenende Zeit, seine Tipps abzugeben oder sich vielleicht neu anzumelden!

Foto: Shivraj Gohil / Spacesuit Media

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