Satirischer Blick in die Glaskugel (2/2): Das passiert in der Formel-E-Saison 2021
Timo Pape
Nach einem zerrütteten Formel-E-Jahr 2020 soll in der ersten WM-Saison der Serie alles besser werden. Dass die Corona-Pandemie allerdings auch 2021 noch ein Wörtchen mitzureden hat, zeigte bereits die Verschiebung des Saisonstarts in den späten Februar hinein. Jedoch werfen auch noch andere neue E-Serien ihre Schatten voraus…
Wie in jedem Jahr hat e-Formel.de einen satirischen Blick in die Glaskugel geworfen. Wir prophezeien mit gewohnt hoher Treffsicherheit, was in den nächsten Monaten auf dich zukommen wird. In Teil 2 von 2 befassen wir uns mit der zweiten Saisonhälfte, eigenwilligen Vorstandsentscheidungen und einem aufblühenden Deutschen. Was bisher geschah, liest du in Teil 1. An dieser Stelle jedoch noch einmal ausdrücklich der Hinweis: Dieser Artikel ist Satire. Alle Geschichten und Ereignisse sind frei erfunden und mit einem Zwinkern zu verstehen.
Fluktuation bei VW
VW-Boss Herbert Diess meldet sich kurz nach dem Brands Hatch E-Prix völlig unvermittelt via LinkedIn zu Wort und wettert los, "was für ein beschissenes Nintendo-Spiel" denn bitte diese Formel E sei? Offenbar hat er der PR-Abteilung von VW immer noch nicht das Passwort seines Accounts geschickt. Als man ihm mitteilt, dass er mit zwei Marken in der Formel E vertreten sei, ist er schockiert. Unabhängig von den bisherigen Resultaten - diese kennt er nicht - zieht Diess das Porsche-Team mit sofortiger Wirkung aus der Formel E zurück. Audi hat ja eh seinen Rückzug angekündigt und das Team kürzlich mit erheblichen finanziellen Verlusten an Hans-Jürgen Abt zurückverkauft. Passt also für Diess. Zeitgleich intensiviert Bentley seine Bestrebungen, in die Formel E einzusteigen.
Dann geht es zum langersehnten Premierenrennen nach Südkorea - zumindest für das Equipment. Die Stadtregierung von Seoul hatte nämlich inzwischen vergessen, dass es die Formel E gibt, und demnach eine andere Sportveranstaltung für den 23. Mai im Olympia-Stadion angesetzt. Jakarta erkennt seine Chance, den immer noch nicht bestätigten Renntermin Anfang Juni zu ergattern. Im Alleingang vermeldet Gouverneur Anies Baswedan via Twitter, dass der indonesische E-Prix stattfinden werde. Das Rennen sei für Jakarta mindestens so wichtig wie Trinkwasser.
Da die Formel E ohnehin noch keine andere Idee hat, stimmt sie zu. Diesmal schafft es neben dem Equipment auch das gesamte Personal zum Rennort. Die lokalen Behörden haben am Vorabend des Rennens jedoch nicht einmal die Fangzäune aufgebaut. Der E-Prix wird kurzfristig abgesagt.
Agag, der in der Zwischenzeit mit seiner Extreme E den gesamten Senegal und zwei weitere angrenzende Länder vom Plastik befreit sowie zahlreiche neue Sponsoren hinzugewonnen hat, bietet Jaime Reigle an, künftig Formel-E-Trailer in seinen TV-Übertragungen einzubinden, um Partnern und Sponsoren eine gewisse Visibilität garantieren zu können. Die Formel E lehnt dankend ab, schließlich laufe ja die aktuelle Simracing-Liga ja noch, deren Namen schon niemand mehr kennt. Und der Talent Scream sei auch durch und durch erfolgreich gewesen.
Afrika atmet auf: Dank Alejandro Agag gibt es keinen Plastikmüll mehr an weiten Teilen der Westküste des Kontinents.
Hurra, wir fahren endlich wieder nach Berlin!
Jeder einzelne Mitarbeiter im Dunstkreis der Formel E kann seine Freude kaum bändigen, als es im Juni endlich wieder auf das Flughafengelände Tempelhof geht. Dieses Jahr stehen nur vier Rennen auf dem Programm. Fans sind nicht zugelassen, weil das letztes Jahr doch viel entspannter war. BMW beweist als Titelsponsor des Berlin E-Prix mit den Positionen 23 und 24 in allen vier Läufen, dass das Entwicklungspotenzial von Elektromotoren längst ausgeschöpft ist. Rene Rast holt drei Siege und wird einmal Zweiter. Audi verkündet kurz nach der "Viererkette von Berlin" eine grundlegende Neuausrichtung im Motorsport. Die Formel E sei ein essenzieller Bestandteil des neuen Programms - E-Autos seien die Zukunft. Audi tritt in Verhandlungen mit ABT Sportsline.
Das Rennen in New York kann nicht wie geplant stattfinden, da es die USA nicht mehr gibt. Das Land ist inzwischen ein anarchisches Gebilde mit mehreren Regierungen. Jamie Reigle weiß schlichtweg nicht mehr, wer nun sein Ansprechpartner in Brooklyn ist. Ohnehin sei es inzwischen viel zu gefährlich in den Straßen New Yorks, um ein Motorsportevent zu veranstalten. Die Formel E hat jedoch aus ihren Fehlern gelernt: Das Equipment wurde gar nicht erst nach Amerika geschickt, sondern kann nun direkt von Berlin nach London reisen. Was für ein Erfolg für den diesjährigen Klimabericht!
Nach vielen Jahren gewinnt e-Formel.de einen Award für das schönste Website-Design der 90er-Jahre. Abzüge gibt es nur, weil weder Solitär noch Minesweeper angeboten werden. Das Team reagiert: Kurz vor dem Saisonfinale in der britischen Hauptstadt launcht e-Formel.de eine bahnbrechende neue Website. Nun gehen noch weniger Fans auf die offizielle Formel-E-Seite, für die kürzlich extra eine neue Übersetzungssoftware lizenziert wurde. Das gesamte e-Formel.de Redaktionsteam wird von der Akkreditierungsliste für London gestrichen und soll so in seinem Tatendrang ausgebremst werden.
Rast rast allen um die Ohren
Sportlich betrachtet wird der London E-Prix ein voller Erfolg. Boris Johnson hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit die Rennen stattfinden können und er die neue Strecke als Erster fahren darf. Der erste Rennsieg beim "Double-Header" geht an Rene Rast, der sich dadurch in die Favoritenrolle für den Titel bringt. Im letzten Lauf kämpft er mit Nico Müller im brandneuen Dragon erneut um den Sieg. Viele Sat.1-Zuschauer sind den Tränen nahe - wie in den guten alten DTM-Zeiten! Letztlich setzt sich Rast durch und holt den Titel. Was für eine zweite Saisonhälfte des Deutschen! Einen bitteren Beigeschmack hat der WM-Gewinn jedoch, weil Rast im nächsten Jahr kein Cockpit mehr haben wird. Audi steigt ja erst mal aus.
Formel-E-Meister Rene Rast weiß nicht, ob er weinen oder lachen soll - nun muss er in die DTM zurück.
Das gilt übrigens auch für Sat.1. Nach einer echten Seuchensaison hat der Privatsender genug von der Formel E und setzt fortan vollständig auf die Extreme E. Ex-Experte Daniel Abt konzentriert sich wieder auf seine eigentliche Berufung und ist bereits für Saison 8 bei ABT Sportsline als Stammfahrer bestätigt.
Die letzten Monate des Jahres stehen ganz im Zeichen der Extreme E. Spektakuläre Rennen in Grönland, Brasilien und Patagonien befördern die Serie an die Spitze des elektrischen Motorsports. Einen kleinen Knicks erleidet die Extreme E, als eine Drohne zufällig filmt, wie Agag am Nordpol mit alten Politikerfreunden Eisbären jagt. Der Spanier erklärt jedoch bei Instagram, das sei Jamie Reigle gewesen. Sein "Wissenschaftliches Komitee" bestätigt die Aussage offiziell - alle Zweifel sind aus der Welt geräumt. Die Presse schluckt die Geschichte und stürzt die Formel E endgültig in die Daseinskrise.
Immerhin ist die leidige Corona-Pandemie endlich vorbei. 2022 kann nur besser werden, zumal McLaren und Bentley inzwischen bestätigt haben, zur Gen3-Ära einzusteigen. Herbert Diess gefällt dies. Vielleicht aber auch nicht. In jedem Fall steht der bisherigen "Königsklasse" des elektrischen Motorsports ein grundlegender Neuanfang mit Privatteams wie ABT und Andretti bevor. Die Formel E holt Alejandro Agag zurück.
Titelfoto: Shivraj Gohil / Spacesuit Media
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