Formel E

"Sim City": Die große Vorschau zum Las Vegas eRace

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Seit Monaten fiebert die eSports-Szene dem Simracing-Event des Jahrzehnts entgegen. Selten war die Vorfreude auf ein Online-Turnier so groß wie beim sogenannten Las Vegas eRace, das die Formel E am kommenden Samstag, dem 7. Januar, in der Casino-Metropole veranstalten wird. In einem mehrmonatigen Qualifying, dem "Road to Vegas", haben sich zehn Gamer aus aller Welt für das virtuelle Duell gegen die 20 Fahrer der Formel E qualifiziert. Rivalitäten zwischen den Simracern sowie emotionale Zweikämpfe mit den Profis sind vorprogrammiert, denn es geht um eine Million US-Dollar Preisgeld.

Der größte Unterschied zu einem klassischen Formel-E-Rennen: Das Las Vegas eRace findet nicht auf einer real errichteten Strecke, sondern auf einem virtuellen Rundkurs im Rennsimulator rFactor 2 statt. Der Formel-E-Zirkus reist dafür zum ersten Mal ihrer Geschichte mit dem gesamten Fahrerfeld nach Las Vegas in die USA, um sich im Rahmen der Elektronikmesse Consumer Electronics Show (CES) virtuell mit den auserkorenen Videospielern zu messen.

Stadt, Land, Fluss…

Las Vegas ist die größte und bekannteste Stadt im US-Bundesstaat Nevada. Bekannt ist Las Vegas insbesondere für das Glücksspiel: Speziell entlang des "Las Vegas Strip" haben sich zahllose Casinos und Veranstaltungshallen für große Shows angesiedelt. Die Stadt, die häufig als "Sin City" (Stadt der Sünde) betitelt wird, ist umgeben von der Wüste Nevadas und kämpft seit Jahren mit Wasserknappheit.

Jährlich findet zudem die Consumer Electronics Show, kurz CES, in Vegas statt. Dabei handelt es sich um eine der weltweit größten und wichtigsten Fachmessen für Unterhaltungselektronik, die jeden Januar im Messezentrum von Las Vegas stattfindet. So wurden auf der CES beispielsweise 1970 der Videorekorder, 1985 der NES, 1988 Tetris oder 1996 die DVD erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Was in der Qualifikation passierte

Die Qualifikation wurde auf den Servern des spanischen Veranstalters Cloud Sport ausgetragen. Sie bestand aus vier Einzelläufen auf den virtuellen Formel-E-Kursen von Long Beach, Paris, Berlin und London. Nachdem sich in der ersten Runde Graham Carroll (GBR) an der Spitze etablierte, gewann Greger Huttu (FIN) das zweite eRace in Paris. Der dritte Lauf ging abermals an Carroll, der sich damit frühzeitig für das Vegas-Event qualifizierte. Enzo Bonito (ITA) sicherte sich den Sieg in London und buchte sich damit ebenfalls den Flug nach Las Vegas.

Mit vier von zehn Fahrern ist der Simracing-Eliterennstall "Team Redline" prominent in Vegas vertreten: Greger Huttu, Olli Pahkala, Aleksi Uusi (alle FIN) und Bono Huis (NED) gehören zu den weltweit besten Simracern auf mehreren Plattformen. Alle Simulatorfahrer wurden jeweils einem Formel-E-Team zugelöst, in dessen Farben sie antreten. Patrik Holzmann tritt beispielsweise für Deutschland und in Diensten des ABT-Teams an (zur vollständigen Teilnehmerliste inklusive Startnummern des Vegas eRace).

Zeitplan (alle Zeiten MEZ)

Für das Las Vegas eRace müssen wir uns an ein angepasstes Format gewöhnen. In einer ersten 30-minütigen Trainingssession am frühen Samstagmorgen vor dem Event (in Las Vegas  Freitagabend) bekommen nur die Road-to-Vegas-Simracer die Strecke zur Verfügung gestellt, im zweiten Training nur die Formel-E-Profis.

Vor dem Hauptrennen messen sich die Fahrer in fünf Qualifying-Sessions nach dem klassischen Formel-E-Modell mit einem zusätzlichen Super-Pole-Shoot-out. Die Top 10 dieser Sitzungen bleiben für das Hauptrennen bestehen, während sich die Plätze elf bis 30 in einem zusätzlichen Qualifikationsrennen neu für die Startaufstellung ordnen.

Samstag:

1. Freies Training: 05:40 Uhr
2. Freies Training: 18:00 Uhr
Qualifying: 22:25 Uhr

Sonntag:

Qualifikationsrennen: 00:25 Uhr (14 Runden)
Hauptrennen:
01:05 Uhr (28 Runden)

Das Las Vegas eRace im Livestream und Live-Ticker

Eurosport überträgt das Las Vegas eRace leider nicht im Free-TV. Formel-E-Fans müssen ausnahmsweise ausschließlich mit Livestreams vorlieb nehmen. Der Showdown in Las Vegas wird online auf Twitch sowie auf der offiziellen Formel-E-Webseite in englischer Sprache übertragen. Selbstverständlich berichten wir aber ebenfalls über das Rennen in unserem Formel-E-Ticker. Wir hoffen, viele von euch zu später Stunde begrüßen zu dürfen.

Strecke

Die Strecke, auf der die Piloten in Las Vegas unterwegs sein werden, ist bis zum Morgen der ersten Trainingssession ein gut gehütetes Geheimnis. Bis dahin wird das genaue Layout unter Verschluss bleiben. Einzig und allein die Informationen, dass der Kurs 3,140 virtuelle Kilometer lang sein wird, sich gegen den Uhrzeigersinn windet und den berühmten "Strip" beinhalten soll, sind bekannt.

Die Startbox für den Pole-Sitter wird sich auf der rechten Seite befinden. Ferner gibt es einen Pflichtboxenstopp, bei dem die Fahrer mindestens 30 Sekunden lang für einen "Fahrzeugwechsel" stehen müssen.

Prognose

Was feststeht: Das Las Vegas eRace wird das größte Simracing-Live-Event der Geschichte. Die Formel E kann sich deshalb schon jetzt auf einige neue Fans in Buenos Aires freuen, wo am 18. Februar das nächste "richtige" Rennen stattfindet. Wenn sich die Simracing-Elite trifft und gegen eines der stärksten Fahrerfelder der Welt antritt, dann dürfte das eRace ein denkwürdiges Event werden.

Die Simracer sind keinesfalls zu unterschätzen. Schließlich fuhren einige selbst einmal im Profi-Rennsport und gewannen Meisterschaften - etwa Graham Carroll. Und die Fahrzeugphysik der virtuellen Formel-E-Wagen ist ihnen ebenso bekannt wie den Formel-E-Fahrern. Ferner dürfte das Preisgeld anspornen: Insgesamt eine Million US-Dollar schüttet die Formel E am Wochenende aus. Allein 200.000 Dollar davon gehen an den Rennsieger, und selbst der Letztplatzierte gewinnt 20.000 Dollar (zur genauen Verteilung der Preisgelder).

Dass Simracing die ideale Vorbereitung auf den Rennsport ist, ist spätestens seit Max Verstappen bekannt. Der Niederländer fährt, wenn er nicht gerade für Red Bull in der Formel 1 um Siege kämpft, selbst für das besagte Team Redline bei diversen iRacing-Ligen an der Spitze. Das Video seines Simulator-Manövers in Spa-Francorchamps, welches er später in der echten Welt wiederholte, kursierte in allen sozialen Netzwerken. Spätestens seit diesem Zeitpunkt wird Simracing ernst genommen.

Wer wird das Las Vegas eRace für sich entscheiden? Es könnte eigentlich jeder sein, schließlich haben alle Teilnehmer identische Voraussetzungen. Die Gamer sind zwar besser mit der Plattform vertraut, müssen sich aber wohl auf die neue Drucksituation einstellen. Das Gegenteilige gilt für die Formel-E-Fahrer, die sich untereinander kennen, schätzen und mit Mediendruck umgehen können. Ihre Trainingszeit bei den regulären eRaces im Formel-E-Rahmenprogramm haben sie aber meist eher für spektakuläre Unfälle als für "richtiges Racing" genutzt. Da gab es allerdings auch kein Preisgeld.

In Anbetracht der herausragenden Qualifikation ist unser Geld vorerst auf dem Schotten Graham Carroll. Vielleicht ändert sich diese Prognose aber schon nach der ersten Trainingssession am Freitag. Wir freuen uns auf ein spannendes erstes eRace in Las Vegas!

Fahrer freuen sich auf Las Vegas

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