Formel E

"Skateboarden auf meinem eigenen Frontflügel" - Müller übersteht 27-g-Unfall unverletzt und erklärt Ursache

Timo Pape

Timo Pape

Nico-Muller-jumps-out-of-Formula-E-Car-Portland

Neben einem spannenden Mehrkampf um den Sieg dürfte vielen Formel-E-Fans vor allem eine Szene vom Portland E-Prix im Gedächtnis bleiben: der heftige Abflug von ABT-Cupra-Pilot Nico Müller. Nach einer Untersuchung im Medical-Centre schilderte der Schweizer den Unfallhergang. Hinsichtlich eines zunächst vermuteten Bremsversagens am Kunden-Mahindra fand Ex-Fahrer Daniel Abt deutliche Worte im deutschen TV. Letztlich hing der Unfall aber mutmaßlich mit einem früheren Frontflügelschaden zusammen.

Kurz nach der ersten Safety-Car-Phase beschleunigte das Feld auf der Gegengeraden - eigentlich eine leicht geneigte Highspeed-Rechtskurve. Nico Müller kam auf der Außenbahn leicht von der Strecke ab und rutschte anschließend mit hoher Geschwindigkeit über die Wiese. Dann schlug er in die Streckenbegrenzung ein - zum Glück in einen schrägen Winkel und nicht frontal. Die Sensoren maßen beim Aufprall dennoch Fliehkräfte in Höhe von 27 g.

Nach dem Einschlag rollte das Fahrzeug zunächst über den Rasen weiter und auf die Strecke zurück, wo es letztlich stehenblieb. Obwohl der ABT-Bolide später mit schweren Beschädigungen abgeschleppt werden musste, konnte Müller schnell und aus eigener Kraft aussteigen. Kurz zuvor hatte er noch an sein Team gefunkt: "Ich hatte keine Bremswirkung mehr und bin einfach geradeaus gefahren!"

Müller: "Mein größer Unfall seit langer Zeit"

"Er ist relativ schnell ausgestiegen, weil er ein bisschen Angst hatte, dass an der Position, wo er gestanden ist, weitere Autos kommen", erklärte ABT-Teamchef Thomas Biermaier noch während des Rennens bei ProSieben: "Das war ein heftiger Einschlag. Aber es geht ihm gut - das ist das Wichtigste. Er ist auf dem Weg ins Medical-Centre, aber das ist normal (bei so einem Aufprall)."

Mit ein bisschen Abstand zum Rennen konnte Müller schon wieder lachen und beschrieb den Unfallhergang mit einer anschaulichen Metapher: "Das war mein größer Unfall seit langer Zeit. Ich war skateboarden auf meinem eigenen Frontflügel. Der Frontflügel rutschte bei über 200 km/h unter das Auto und schickte mich geradewegs in die Mauer. Es tut mir für das ganze Team leid, aber körperlich geht es mir gut."

"Wir hatten am ganzen Wochenende eine starke Performance, aber alles, was bleibt, ist ein großer Schaden am Auto und jede Menge Arbeit für die Jungs", hadert Müller. "Ohne diesen Zwischenfall hätten wir ebenfalls eine gute Chance auf Punkte gehabt."

Zur Unfallursache konnte auch Biermaier nur mutmaßen: "Dadurch, dass er so schnell ausgestiegen ist, haben wir von ihm nicht wirklich viele Informationen bekommen. Wir haben nur gehört, dass er keine Bremswirkung hatte, wissen aber nicht, warum. Vielleicht hatte es mit dem Frontflügelschaden zu tun hatte, den wir uns zuvor eingefangen hatten." Auf Anfrage von e-Formel.de vermutete das Team auch später noch, dass wohl ein Teil des Frontflügel unter das Auto geraten sein dürfte. Ein Bremsversagen schließe ABT eigentlich aus.

Daniel Abt wettert gegen Software-Entwickler

Wer die Formel E aufmerksam verfolgt, erinnert sich womöglich an diverse Szenen in dieser Saison, in denen Mahindra-Fahrzeuge nach einem Bremsversagen verunfallten. Auch in den Freien Trainings von Portland fielen vor allem die Autos mit Antrieben des indischen Herstellers mit stehenden Rädern am Ende der Start- und Zielgeraden auf. Zum Glück stand dort keine Mauer, sodass Lucas di Grassi und Roberto Merhi jeweils abkürzen konnten.

In Kombination mit Müllers Funkspruch, er habe keine Bremswirkung mehr gehabt, dürfte somit für viele Fans der Schluss nahegelegen haben, dass es sich erneut um ein Software-Problem handelte. Diesem vermeintlichen Trugschluss saß auch Ex-Formel-E-Fahrer und TV-Experte Daniel Abt auf. Im Livestream von ProSieben erklärte er: "Das ist wirklich unglaublich. Da sollte man mal direkt eine Rechnung an die Software-Abteilung schicken, die solche Autos baut."

Auf Nachfrage von Kommentator Tobi Schimon, wen er genau adressiere, antwortete Abt: "Die wissen schon, wer gemeint ist. Das ist ja schon so oft passiert." Unabhängig davon, dass ein Unfallschaden wie bei Müller viel Geld koste, kritisiert der ehemalige ABT-, Audi- und Nio-333-Fahrer, dass man "immer wieder Fahrerleben aufs Spiel" setze. "Das kann einfach nicht sein, dass man die Gesundheit und das Wohlbefinden von Fahrern in die Hände von irgendwelchen Software-Leuten legt, die ihren Job nicht so machen, dass (…) die Fahrer hier sicher ums Eck fahren können. Das ist einfach ein No-go", so Abt.

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