Strategie-Wirrwarr bei Jaguar: Cassidy profitiert, Evans schimpft - auch gegen Beckmann!
Timo Pape

Craig Evans / Spacesuit Media
Unterschiedlicher hätten die Rennen der beiden Jaguar-Fahrer kaum laufen können: Nick Cassidy kam dank einer guten Strategie vom fünften auf den ersten Platz vor und gewann das Samstagsrennen, während Pole-Sitter Mitch Evans nach hinten durchgereicht wurde. Grund war aber nicht nur eine verkorkste Strategie, sondern auch zwei für ihn unglückliche Situationen mit beiden Kiro-Fahrern.
Evans führte die ersten Runden an und hielt Nyck de Vries und Pascal Wehrlein hinter sich in Schach. Doch dann wählte Jaguar beim Attack-Mode eine andere Strategie als Mahindra und Porsche. De Vries und Wehrlein holten sich in Runde 17 erstmals ihre Zusatzleistung. Eine Runde später überholte zunächst de Vries im Attack-Mode Evans, wenig später auch Wehrlein.
Dann kam auch noch David Beckmann im Kiro im Attack-Mode von hinten angerast und kam vor Evans, als dieser endlich auch durch die Attack-Zone fuhr. In der Folge hing Evans lange Zeit hinter dem Deutschen fest. Das Führungsduo - und damit der mögliche Sieg - entfernte sich immer weiter von Evans.
Nach dem Rennen war Evans außer sich über Beckmann, der ihn durch seine alternative Strategie, frühzeitig viel Energie einzusetzen, aufhielt und gleichzeitig als Porsche-Junior dem Werksfahrer Wehrlein in die Karten spielte. "Keine Ahnung, ob er absichtlich die Rennen anderer ruiniert, oder ob er anderen Leuten und Teams helfen will…", wettert Evans auf eine Frage eines Kollegen vom Motorsport-Magazin.
Evans kritisiert Beckmann & Teamstrategie
"Der Typ macht Fehler in jeder Kurve. Er hat vier Prozent weniger Energie oder so. Dass ich hinter ihm steckenblieb, hat mich heute den Rennsieg gekostet", ist sich der Jaguar-Fahrer sicher.
"Aber ich hätte von vornherein gar nicht in der Position sein sollen", gibt er weiter zu bedenken. "Ich habe vor den Attack-Modes geführt (…) und hätte ihn in derselben Runde wie de Vries und Wehrlein nehmen sollen, ganz klar. Aber es gab eine Entscheidung, und ich habe den Preis bezahlt. Die anderen sind auf dem Podium und ich irgendwo im Nirgendwo."
Dazu trug allerdings auch noch der zweite Kiro-Fahrer bei: Dan Ticktum fuhr Evans im Zweikampf mit Jake Dennis in Kurve 19 ins Heck und drehte ihn, wodurch der "Kiwi" von Position 7 auf den 14. Platz zurückfiel. Letztlich wurde Evans Zehnter und holte - auch dank seiner Pole-Position - vier WM-Punkte.
Evans spins! That's upset for our polesitter 🫨@Marvel Fantastic Four #LondonEPrix pic.twitter.com/u4Tt5QD2FU
— Formula E (@FIAFormulaE) July 26, 2025
Cassidy: "Ehrlich gesagt durfte Mitch heute die Strategie bestimmen"
Viel besser lief es für Teamkollege Cassidy, der allein in den letzten fünf Rennen drei Siege holte und inzwischen auf Gesamtrang 3 in der WM steht - der Platz, auf dem er auch die vergangene Saison beendete. Schon in der Anfangsphase, auf Position 4 liegend, schwärmte er am Funk: "Das ist das beste Auto, das ich das ganze Jahr über hatte." Es sollte jedoch noch einiges mehr in seine Karten spielen.
Cassidy kam als erster Fahrer der Spitzengruppe zum Pit-Boost und hatte dadurch feie Fahrt, die er nutzen konnte. "Durch den Energievorteil, den wir uns am Anfang erarbeitet haben, konnte ich bei freier Fahrt richtig Gas geben. Ich musste einen kleinen Vorsprung auf Nyck herausfahren", erklärt er gegenüber e-Formel.de. Am Ende schaffte er es auch dank guter Attack-Mode-Strategie am Niederländer vorbei und siegte.
Dabei war seine Strategie nicht unbedingt erste Wahl bei Jaguar: "Ehrlich gesagt durfte Mitch heute die Strategie bestimmen, weil er sich als Erster qualifiziert hatte. Es war eigentlich ein Vorteil, später zu stoppen, denn im Falle einer Gelbphase hätte man einen großen Vorteil gehabt."
"Ich bin echt stolz" - Cassidy kann noch Vize-Weltmeister werden
"Das Hauptproblem bei Mitch war meiner Meinung nach, dass er bis zum Boxenstopp-Fenster die ganze Zeit in Führung lag und keine Energie mehr hatte. Ich denke also, dass seine Strategie vielleicht richtig war. Aber dass er so wenig Energie hatte, hat ihm im Rennen ziemlich geschadet."
Cassidy gewann aber nicht nur wegen seiner gelungenen Strategie. Auch seine Pace war beachtlich. "Am Ende des Rennens nach dem Safety-Car konnte ich einen Vorsprung herausfahren, als alle anderen plötzlich viel Energie hatten. Das hat gezeigt, wie schnell wir heute waren. Ich bin echt stolz."
Durch den erneuten Sieg ist Jaguar plötzlich Dritter in der Team-WM - wer hätte das vor ein paar Wochen gedacht? Cassidy kann am Sonntag sogar noch Vize-Weltmeister werden, sollte er 14 Punkte mehr als Wehrlein holen.
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