Formel E

Technik-Blog: So sichern Formel-E-Teams ihre Fahrzeugdaten

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Kaum eine Sportart kommt im 21. Jahrhundert noch ohne das Sammeln großer Datenmengen aus. Während sich Fußballmannschaften auf Video-Analysen des nächsten Spielgegners verlassen, brauchen Weltklasse-Leichtathleten oder -Wintersportler genaueste Messungen, um effektiver zu trainieren. Und auch im Motorsport spielen die Bits und Bytes eine immer größere Rolle. Gerade in der Formel E, die ihre Events an nur einem einzigen Tag austrägt, wird die Speicherung und Sicherung von Fahrzeugdaten von Saison zu Saison wichtiger.

So sammelt jedes einzelne Team an einem Rennwochenende rund 20 Gigabyte Daten, die zur späteren Analyse systematisch und sicher abgespeichert werden müssen. Im Laufe der Jahre haben die Rennställe der Elektroserie dadurch bereits mehrere Petabytes angehäuft. Schätzungsweise 50 TB davon zählen für jedes Team allein zur "kritischen Infrastruktur", ohne die die Arbeit an der Rennstrecke nur schwer leistbar wäre.

"Im Motorsport herrschen in jeder Hinsicht extreme Bedingungen", weiß auch Gaidar Magdanurow, Marketing-Chef von Acronis. Der Cyber-Sicherheits-Dienstleister betreut in der Formel E mehrere Teams, darunter Techeetah, NIO und Venturi. Auch im Fußball, Basketball oder Eishockey arbeitet der singapurisch-schweizerische Konzern mit Mannschaften zusammen. "Unsere Aufgabe ist es, die Daten zu sichern. Denn verliert ein Team Daten, verliert es das Rennen."

Im Vergleich zur Formel 1, wo Topteams wie Mercedes mitunter 240 Gigabyte pro Rennen sammeln, werden in der Formel E zwar deutlich kleinere Datenmengen gesammelt. Dennoch hat, so die offizielle Zahl, allein der Mittelfeld-Rennstall Venturi in einer eigenen Cloud rund 640 Terabyte Daten hinterlegt. Bei einem Rennwochenende kommen weitere 20 TB auf einem gesonderten Workshop-Server in Monaco hinzu. An der Rennstrecke selbst arbeitet das Team mit 250 GB lokalen Daten.

"In dieser Größenordnung ist es sehr wichtig, dass wir die Dinge einfach halten. Unsere Produkte müssen daher nicht nur sicher sein, sondern auch effizient einsetzbar. Die Teams vertrauen auf das Backup, die Synchronisation von Datenmengen oder unsere Anti-Malware-Programme."

Künstliche Intelligenz überwacht Sensoren

Da die Live-Übertragung von Telemetriedaten in der Formel E untersagt ist, ist es für die Rennställe bereits im Training wichtig, schnell Erkenntnisse über die Fahrzeuge zu gewinnen. Dazu gehören nicht nur Einblicke für die Setup-Optimierung, um das Auto für das Rennen abzustimmen. Auch der Blick auf den Energieverbrauch ist wichtig. So müssen bereits vor Rennstart mehrere Strategien festgelegt werden, wie viele Kilowattstunden Strom die Fahrer pro Runde verbrauchen dürfen, oder mit welchen Abweichungen vom Energieverbrauch bei einer Safety-Car-Phase zu rechnen ist.

Einige Teams setzen dafür sogar dritte Fahrer ein, die im heimischen Simulator mit den "frischen Daten" von der Rennstrecke virtuelle Runden drehen und die Erkenntnisse an die Piloten vor Ort weitergeben.

Doch auch in anderen Bereichen spielen Daten eine wichtige Rolle. "Wir haben zusammen mit NIO eine eigene Software entwickelt, die mit künstlicher Intelligenz die Sensoren überwacht", erklärt Magdanurow. "Wir konnten der KI mit den zuvor gesammelten Daten beibringen, eine Vorhersage darüber zu treffen, wann ein Sensor ausfallen könnte. Das spart natürlich Zeit: Man will Sensoren am Auto nur austauschen, wenn es wirklich nötig ist. Mit unserer Software können wir analysieren, wann dieser Fall mit welcher Wahrscheinlichkeit eintritt. Wir steigern somit nicht nur die Zuverlässigkeit, sondern helfen auch beim Zeitmanagement."

Formel-E-Erkenntnisse finden Weg in Alltag

Für Acronis ist jedoch auch der Transfer von Erkenntnissen aus dem Motorsport in den Alltag wichtig. "Wir wissen, wie wichtig Cyber-Protection ist. Deshalb testen und optimieren wir unsere Lösungen bei extremen Bedingungen im Sport und reichen diese neuen Erfahrungen dann an unsere anderen Kunden weiter. Auch aus Marketing-Sicht ist dies natürlich vorteilhaft: Während die Teams von unseren Dienstleistungen profitieren, profitieren wir von der Aufmerksamkeit, die sie uns bringen. Das ist eine Win-win-Situation für beide Seiten."

Besonders bei einem "Double-Header" mit zwei einzelnen Meisterschaftsläufen an einem Wochenende ist die effiziente Analyse von Daten wichtig. Erfahrungsgemäß starten die Teams in das zweite Rennen des Wochenendes mit deutlich ausgereifteren Strategien, da in der Nacht zwischen beiden Rennen mehr Zeit für die Analyse der Daten bleibt. Das nächste Doppel-Rennen findet bereits in rund dreieinhalb Monaten statt, wenn am 22. und 23. November im saudi-arabischen Diriyya der Startschuss für die Formel-E-Saison 2019/20 fällt.

Zusätzliche Berichterstattung von Erich Hirsch und Tobias Wirtz. Hinweis: Das oben stehende Interview entstand im Rahmen einer Pressereise, deren Kosten von Acronis übernommen wurden.

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