Formel E

Technik: So verstellen die Formel-E-Teams die Radspur

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Bei einem Besuch in der Boxengasse am Freitag vor dem Berlin ePrix fiel mir etwas sehr Interessantes in der Garage des monegassischen Venturi-Teams auf. Einige Mechaniker hatten einen langen Faden entlang der linken Fahrzeugseite des Autos von Stephane Sarrazin gespannt. Die Teammitglieder nahmen am aufgebockten Boliden Maß. Woran arbeitete die Boxencrew da?

Die Antwort: an der Radspur. Die "Fadenmethode" findet auch in normalen Straßenfahrzeugen immer wieder Anwendung. Aber was ist die Radspur eigentlich noch mal? Und weshalb ist ihre Einstellung so wichtig? Was steckt hinter dem Faden? 'e-Formel.de'-Redakteur Tobias Bluhm erklärt die Technik der Formel E.

Was war noch mal die Spur?

Vielen wird die Spureinstellung wohl nur noch ein vager Begriff aus der Fahrschule sein. Im Motorsport spielt die Spur hingegen eine große Rolle im Fahrzeugsetup, da sie unter anderem für Faktoren wie den Reifenverschleiß, die Geschwindigkeit in Kurven, den Geradeauslauf und die Neigung des Autos in Kurven immens wichtig ist.

Die Radspur ist einfach erklärt. Mechaniker beschreiben sie als das "Verhältnis vom Reifen zur Straße". Die Reifen stehen nämlich in den wenigsten Fällen parallel zueinander: Meistens sind sie um wenige Grad gebogen. Im Motorsport tendieren die Räder, dazu am hinteren Ende des Reifens enger zueinander als an der Vorderseite zu stehen. Das ist auch als negative Spur oder "Nachspur" bekannt.

Eine kleine Physikstunde: Wenn ihr in eine Linkskurve fahrt, dann verlagert sich das Gewicht des Autos auf die beiden äußeren Reifen, also nach rechts. Das Auto "rollt" über die Längsachse zur Seite. Eine negative Spureinstellung hat in diesem Fall den Vorteil, dass das innere Rad durch die besondere Stellung förmlich zur Kurve "gezogen" wird und die veränderte Gewichtslage somit ausgeglichen werden kann. Die Fahrbarkeit wird in Kurven dadurch klar verbessert.

Einziges Manko der Nachspur ist die Fahrzeugcharakteristik auf Geraden: Die Lenkung flattert, das Auto zieht bei kleinsten Lenkbewegungen in eine Richtung. Auch werden die Reifen auf der Innenseite stärker abgenutzt als außen. Bei der Suche nach der richtigen Spur muss also - wie es im Rennsport fast immer der Fall ist - ein Kompromiss gefunden werden.

Wie stellt Venturi die Spur ein?

Die von Venturi genutzte Fadenmethode ist der wohl schnellste Weg, die Spur sehr genau einzustellen. In Kfz-Werkstätten wird mittlerweile ein exaktes Lasermessgerät eingesetzt, jedoch ist die Fadenmethode fast genauso effektiv.

Zur Spureinstellung spannt das Team zuerst einen langen Faden entlang einer Fahrzeugseite. Als Referenzpunkt wird dafür das Hinterrad gewählt, da die Spur dort unveränderbar ist und die Reifen immer gerade stehen. Wenn die Schnur also parallel zum Hinterrad liegt, dann ist auch parallel zum Auto.

Zuletzt gilt es, die Distanz vom Faden bis zum hinteren sowie vorderen Ende des Vorderreifens zu messen. Venturi will, dass der Abstand am hinteren Ende höher als am vorderen ist. Durch Lockern der Kontermutter auf der Spurstange wird die Radspur des Autos um wenige Grad ins Negative verändert, sodass man von einer Nachspur sprechen kann.

Glücklicherweise sind die Daten aus den Simulatoren der Teams mittlerweile so zuverlässig, dass beim Setup am Wochenende der Berechnung des Energieverbrauchs deutlich mehr Aufmerksamkeit als der Spureinstellung geschenkt werden kann. Die Spur muss bei jedem Rennen auf die neuen Streckencharakteristika angepasst werden. Schließlich können auf der Piste - speziell im engen Feld der Formel E - schon kleinste Details den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.

Spureinstellung mittels Faden beim PKW

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