Trotz Khashoggi-Affäre: Formel-E-Chef Agag hält an Rennen in Saudi-Arabien fest
Tobias Bluhm
Der Formel-E-Saisonauftakt 2018/19 soll wie geplant in Saudi-Arabien stattfinden. Das kündigte Formel-E-Geschäftsführer Alejandro Agag am Dienstag am Rande der Future-Investment-Initative-Konferenz in Riad an. Die Elektroserie stehe trotz der Kontroverse um die mutmaßliche Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hinter dem Event, das am 15. Dezember 2018 planmäßig die fünfte Saison der Elektroserie eröffnen soll.
Das Königreich sei "das neue Zuhause der Formel E", erklärte Agag am Dienstag. "Dank der Vision von Kronprinz Mohammed bin Salman wird hier zum ersten Mal ein internationales Motorsport-Event ausgetragen. Saudi-Arabien entwickelt sich in die richtige Richtung und macht gute Fortschritte. Das ist es, was uns angezogen hat."
Schon im Mai kündigte die Formel E erste Pläne für den Lauf in Diriyya, einem Vorort der saudi-arabischen Hauptstadt Riad, an. Bereits damals geriet die Serie aufgrund der fragwürdigen Historie des Landes im Umgang mit Menschenrechten und der dortigen Sicherheitslage in die Kritik. Die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi in der Türkei verstärkte den Gegenwind für die Elektroserie zusätzlich.
Khashoggi, der zuletzt als Kolumnist für die 'Washington Post' arbeitete, wurde Anfang Oktober im Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul mutmaßlich ermordet. Medienberichten zufolge sollen 15 saudi-arabische Staatsbürger am Verschwinden und Tod des Journalisten beteiligt gewesen sein, mehrere davon aus dem direkten Umfeld Salmans. Riad bestreitet weiterhin vehement jede staatliche Anordnung einer Tötung und behauptet, Khashoggi sei in Folge eines eskalierenden Streits im Konsulat umgekommen.
Unabhängig vom tatsächlichen Tathergang, der noch immer Bestandteil laufender Ermittlungen ist, wird die heftige Kritik am Diriyya E-Prix besonders in den sozialen Medien auch in den kommenden Wochen nicht abebben. Schließlich besitzt Saudi-Arabien laut einem Bericht von 'e-racing365' für die gesamte Laufdauer des 10-Jahres-Vertrages "regionale Exklusivrechte" für Rennen der FIA-Elektroserie. Sollten also andere potenzielle Austragungsorte im Nahen Osten Interesse an der Formel E bekunden, benötigten diese das Einverständnis von Saudi-Arabien.
WWE-Veranstaltung als Vorbild für Formel E?
Ausschlaggebend für die nahe Zukunft der Formel E in Saudi-Arabien könnte indes eine geplante Wrestling-Großveranstaltung der WWE in Riad werden, die für den 2. November angesetzt ist. Medienberichten zufolge könnte das Event in Folge der Khashoggi-Affäre kurzfristig abgesagt werden und somit indirekt zu einem Vorbild für die Formel E oder gar einzelne Teilnehmer werden, die das Rennen boykottieren könnten.
So distanzierte sich zuletzt beispielsweise Sir Richard Branson, Gründer von Virgin, zunehmend von seinen saudischen Geschäftsbeziehungen und trat unter anderem von seinem Vorsitz des mit saudischen Geldern unterstützten Hyperloop-One-Projekts zurück. Auch fror er Verhandlungen mit dem saudi-arabischen Staatsfonds über ein Milliardeninvestment in sein Raumfahrtgeschäft vorübergehend ein. Ob ein Boykott des E-Prix bei einzelnen Teams tatsächlich zur Diskussion steht, ist öffentlich nicht bekannt und gilt derzeit als eher unwahrscheinlich.
Der Diriyya E-Prix ist für den 15. Dezember 2018 angesetzt. Das Rennen auf dem Straßenkurs in der 33.000-Einwohner-Stadt soll dabei zum Schauplatz für den Saisonauftakt der fünften Formel-E-Saison und der Weltpremiere der neuen Gen2-Chassis werden.
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