Formel E

"Überholen in Monaco ist unmöglich" - Formel E straft Motorsportwelt mit herausragenden Manövern Lügen

Timo Pape

Timo Pape

Mitch-Evans-Jaguar-Monaco-2021

In der Formel 1 wird ein Überholmanöver auf dem engen Straßenkurs von Monaco abgefeiert wie ein Rennsieg. Die Formel E hat bei ihrer Premiere auf dem nahezu identischen Grand-Prix-Layout jedoch bewiesen, dass man mit dem passenden Konzept im Fürstentum sehr wohl überholen kann. Aus zahlreichen großartigen Manövern stach eines besonders heraus: der Angriff von Mitch Evans gegen Antonio Felix da Costa.

Gut eine Viertelstunde vor Rennende überholte Evans am Ende der Start- und Zielgeraden zunächst Robin Frijns. Mit Leistungsüberschuss dank Attack-Mode (35 kW mehr) ging er außen herum am Niederländer vorbei und sortierte sich rechtzeitig vor "Sainte Devote" vor seinem Kontrahenten wieder ein. Damit jedoch nicht genug.

In der Bergaufpassage mit den Kurven 2 und 3 heftete sich Evans an die Fersen des Führenden Felix da Costa. Dann zuckte er überraschend nach rechts auf die Außenbahn heraus und zwängte sich um Haaresbreite am Portugiesen vorbei - einer der beeindruckendsten Überholvorgänge der Formel-E-Geschichte.

Felix da Costa: "Hut ab für dieses Manöver - das war echt beeindruckend"

"Ich konnte sehen, wie er bergauf näherkam", erinnert sich Felix da Costa. "Ich wusste, dass er mit Attack-Mode und auch mit Blick auf den schrumpfenden Abstand schnell sein würde. Allerdings hätte ich gedacht, dass er die Gelegenheit eher nutzen würde, um Energie zu sparen. Aber er hat es tatsächlich versucht und mich damit überrascht. Hut ab für dieses Manöver - das war echt beeindruckend."

Auch Evans selbst hatte den Angriff nicht unbedingt eingeplant: "Ich habe gar nicht wirklich damit gerechnet, aber der Geschwindigkeitsunterschied bergauf im Attack-Mode war riesig. Ich war nicht ganz sicher, was Antonio machen würde, aber es ging alles fair zu. Andere Fahrer hätten vielleicht die Tür zugemacht, aber er ließ mir Platz. So konnte ich mich geradeso außen herum vorbeiquetschen."

Robin Frijns verfolgte das Duell als Dritter mit einigen Metern Abstand. "Ich hatte eine gute Sicht auf die Dinge, als Mitch in Kurve 3 zum Überholmanöver angesetzt hat", erklärt der Niederländer. "Das war echt eng, und ich habe ein bisschen Abstand gehalten, falls etwas passiert. Aber das ist es nicht. Wir alle kennen die Grenzen und wissen, was fair ist - und was nicht."

"Es hat noch nie so viele Führungswechsel bei einem Monaco-Rennen gegeben"

Es war jedoch längst nicht das einzige sehenswerte Überholmanöver beim Monaco E-Prix. Im Duell um die Spitze überholten sich Robin Frijns und Felix da Costa mehrmals gegenseitig. Vor allem der Virgin-Pilot zeigte im Attack-Mode sein Talent im Angriff. Für das rennentscheidende Manöver - abermals am absoluten Limit - sorgte jedoch Felix da Costa, als er sich in der letzten Runde im Tunnel an den Führenden Evans heransog und ihn mit stehenden Reifen am Ende der Geraden überholte.

"Ich habe in Sektor 2 so hart wie möglich gepusht, um dann nah dran zu sein", erklärt der amtierende Formel-E-Meister. "Ich musste es einfach versuchen. Ich dachte, ich schaffe es nicht durch die Kurve, aber zum Glück hat es geklappt. Wir haben echt hart miteinander gekämpft, aber es war immer absolut fair." Sein Resümee nach einem fulminanten Finale im Fürstentum: "Ich glaube, es hat noch nie so viele Führungswechsel bei einem Monaco-Rennen gegeben. Das fasst diese Rennserie eigentlich ganz gut zusammen. Wir sollten öfter hierher kommen."

Evans schlägt in dieselbe Kerbe: "Wir haben sonst nicht die Chance, uns mit anderen Serien, wie zum Beispiel der Formel 1, zu vergleichen. Schließlich fahren wir immer auf speziellen Formel-E-Strecken. Die Rundenzeiten brauchen wir natürlich nicht vergleichen - die sind deutlich langsamer als die Formel 1. Aber: Dafür bekommst du hier großartigen Rennsport. Die Formel E hat bewiesen, dass das lange Layout die richtige Entscheidung war. Ich denke, es war ein positives Wochenende für die ganze Serie."

Insgesamt gab es beim Monaco E-Prix 142 Positionsveränderungen (!), allein sechs davon betrafen Platz 1. In der Formel 1 gab es seit 2013 nicht mehr so viele Führungswechsel in einem Rennen. Fünf Manöver war in den vergangenen Jahren das Maximum (2017: Räikkönen vs. Vettel; 2016: Ricciardo vs. Hamilton; 2015: Hamilton vs. Rosberg). Eingerechnet sind auch jene Positionen, die die Fahrer gewonnen haben, wenn vor ihnen ein Auto ausgefallen ist.

Kommentar von Timo Pape: Formel E beim entscheidenden Punkt vor Formel 1

Monaco ist immer etwas Besonderes. Schon damals als Kind in Schumi-Zeiten - man freut sich auf Glanz und Glamour im Hafen von Monaco. Ein Flair, das wohl keine andere Rennstrecke dieser Welt mitbringt. Die Rennen der Formel 1 sind dann zumeist jedoch nur mäßig unterhaltsam. Kaum Überholmanöver (trotz Überholhilfe DRS), wenig Bewegung im Feld. Die Formel 1 ist halt eher für klassische Rennstrecken gemacht.

Nicht so die Formel E. Ohnehin funktioniert das Überholen dank Energiemanagement und Rekuperationszwang besser als in der aerodynamisch komplexen F1. Außerdem gehen Formel-E-Autos nicht beim kleinsten Kontakt kaputt und sind dann nicht mehr fahrfähig, was die Bereitschaft zum Überholen erhöht. "Rubbing is Racing", wie Rene Rast einst sagte. Hinzu kommt der großartige Attack-Mode, der in jedem Rennen Spannung garantiert.

Ja, die Pole-Position-Zeit von Felix da Costa (1:31.317 Minuten) war bei fast identischem Streckenverlauf 21 Sekunden langsamer als die Pole-Runde von Lewis Hamilton beim Monaco-Grand-Prix 2019 (1:10.166). Aber mal ganz ehrlich: Wen kümmert's, wenn man dafür Motorsport vom Feinsten bekommt? Mich jedenfalls nicht.

Die Formel E hat am Samstag in Monaco eines der besten Rennen ihrer Geschichte gezeigt und dabei unterstrichen, dass sie im Fürstentum eine bessere Show abliefern kann als die Formel 1. Darauf kommt es an. Ich hoffe, dass sich FIA, Formel E und ACM zusammensetzen und eine jährliche Austragung des Monaco E-Prix diskutieren.

Video: Das beste Monaco-Rennen überhaupt?

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2 Kommentare

Ricardo ·

Das war ein richtig geiles Rennen!
Eine jährliche Austragung wäre einfach super :)

Simon ·

Eine jährliche Austragung fände ich auch sehr gut. Man könnte das Rennen ja immer eine Woche vor dem Formel 1 Rennen einplanen. Ich würde mich sehr darüber freuen, vor allem da das Grand Prix Layout gefahren wird. Bei der Kurzanbindung war ich eigentlich sogar froh nur alle 2 Jahre ein Rennen dort zu sehen.

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