"Einfach nicht produktiv" - Formel-E-Rookie-Test 2022 in Berlin zunehmend unwahrscheinlich
Tobias Wirtz
Nachdem die Formel E seit dem Jahr 2018 während ihrer Saison regelmäßig Testfahrten für junge Fahrer abgehalten hat, wird es immer unwahrscheinlicher, dass es im Jahr 2022 einen Rookie-Test geben wird. Das berichtet 'The Race'. Bereits im Vorjahr war der Rookie-Test ausgefallen.
Im Februar überraschte Avalanche Andretti mit der indirekten Ankündigung, dass der neue Test- und Ersatzfahrer David Beckmann einen Einsatz beim offiziellen Rookie-Test in der laufenden Saison erhalten solle. Obwohl es keine Ankündigung der Formel E diesbezüglich gab, schien ein solcher Test beschlossene Sache zu sein.
In der Vergangenheit wurden die Rookie-Testfahrten immer einen Tag nach dem Marrakesch E-Prix auf derselben Strecke durchgeführt. Als wahrscheinlichste Option für das Jahr 2022 wurde Berlin gehandelt. Eine logische Wahl, denn der Kurs auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof behindert keine Anwohner, sodass Auf- und Abbauarbeiten für die am 14. und 15. Mai geplanten Rennen problemlos um einen Tag verschoben werden könnten.
Jedoch gehen mittlerweile die meisten Teams davon aus, dass es diesen Test nicht geben wird. Der Hauptgrund soll dabei die enorme Arbeitsbelastung der Hersteller sein, die aktuell an der Entwicklung ihrer Gen3-Antriebe arbeiten und ab Anfang Mai erste Testfahrten damit durchführen werden. Zudem ist durch den Ausfall der Rennen in China und Südafrika der Berlin E-Prix erneut als "Double-Header" geplant, was ohnehin zu einem hohen Arbeitspensum vor Ort führen wird.
D'Ambrosio: "Wichtig für uns, Türen für junge Fahrer zu öffnen"
Unter den Teams herrscht deshalb Uneinigkeit darüber, ob in diesem Jahr ein Rookie-Test stattfinden sollte. Einige Teams würden einen solchen Test stark befürworten, obwohl im Zeitraum von Anfang April bis Mitte August ganze 13 der 16 Saisonläufe ausgetragen werden.
"Ich denke, es ist wichtig für uns als Meisterschaft, die Türen für junge Fahrer zu öffnen", beschreibt Venturi-Teamchef Jerome d'Ambrosio die Situation bei 'The Race'. Er hoffe, dass der Test in den Berlin-Zeitplan eingebaut werden kann, wenngleich auch Einschränkungen durch mögliche COVID-Beschränkungen entstehen könnten. "Wenn es möglich sein sollte, gehöre ich definitiv zu denjenigen, die sagen: 'Wir müssen alles tun, was unter diesen Umständen möglich ist'", so d'Ambrosio weiter.
"Die Rookie-Tests sind nur dann von Vorteil, wenn sie gut durchdacht sind, vor allem im Hinblick auf Überschneidungen mit anderen Serien", gibt Sylvain Filippi, Teamchef von Envision Racing, zu bedenken. "Es gab eine Saison, in der wir mit einem Formel-2-Test kollidierten, sodass 90 Prozent der Rookies sowieso nicht dabei sein konnten." Die Verlängerung eines "Double-Headers" hält Filippi jedoch für "einfach nicht produktiv".
Potenzieller Nachteil für Kundenteams
Andretti-Teamchef Roger Griffiths vertritt hingegen eine andere Meinung. "Ich sehe keinen Grund, warum er (der Rookie-Test) in dieser Saison ausfallen sollte. Vielleicht sind einige Hersteller besorgt, dass sie wegen der Gen3-Testfahrten keine Zeit haben. Aber für Nicht-Hersteller-Teams ist es neben dem Valencia-Test der einzige Testtag, den wir bekommen."
Griffiths wirft die Option in den Raum, den Test auf freiwilliger Basis durchzuführen. "Warum könnte man ihn in dieser Saison nicht optional machen? Dann muss niemand zwingend teilnehmen. Aber irgendwas sagt mir, dass man trotzdem 22 Autos auf der Strecke sehen würde..."
Aus logistischer Sicht sieht der US-Amerikaner jedenfalls keine Hinderungsgründe: "Wir haben es geschafft, mit nur zwei Wochen Abstand zwischen den Rennen von Saudi-Arabien nach Mexiko zu reisen. Wie sollen wir sonst neue Fahrer an die Meisterschaft heranführen? Sonst wird uns mit unerfahrenen Piloten ein großes Risiko aufgezwungen", spricht Griffiths die Option an, einen Fahrer ohne Kenntnisse des Formel-E-Fahrzeugs zu verpflichten.
0 Kommentare
Einen Kommentar schreiben