Vergne vor Formel-E-Saisonstart: "Wir kämpfen mit stumpfen Waffen"
Tobias Bluhm
Wie schon im vergangenen Jahr leidet Techeetah, das als einziges Kundenteam der Formel E Antriebe von Renault bezieht, auch vor der Saison 2017/18 unter den Implikationen des von Renault ausgesprochenen Testverbots. Die Chinesen konnten, anders als allen anderen Teams, in der Sommerpause keine Erfahrungen bei privaten Testtagen sammeln, sodass das Fahrerduo aus Jean-Eric Vergne und Andre Lotterer erst bei den Oktober-Testfahrten in Valencia erste Kilometer mit dem neuen Antriebsstrang drehen konnte. Ein Wechsel des Motorenpartners wird indes immer wahrscheinlicher.
"Wir haben nicht testen können", beschwert sich Vergne bei 'Autosport', "dabei gibt es so viele Dinge, an denen wir arbeiten müssen. Alle anderen Teams haben einen großen Schritt nach vorn gemacht, was uns nicht möglich war."
Durch die Belieferung eines zweiten Formel-E-Rennstalls stehen Renault laut Regelwerk ganze 21 Testtage zu. Statt 15 Testtage auf das hauseigene e.dams-Team zu verwenden und Techeetah sechs Testtage zur Verfügung zu stellen, verbrauchten die Franzosen ihr gesamtes Kontingent mit e.dams. Zwar gehen Techeetah und e.dams beim Saisonstart in Hongkong dadurch weiterhin mit nahezu identischen Antriebssträngen an den Start, jedoch leidet Techeetah unter einem deutlichen Erfahrungsrückstand mit dem neuen Motor.
Und auch im operativen Geschäft muss Techeetah Boden gut machen. Schließlich wird das Team im kommenden Jahr nicht mehr von David Stubbs, der im Sommer zu Dragon Racing abwanderte, sondern von Campbell Hobson geleitet. Der Brite arbeitete im ersten Formel-E-Jahr des chinesischen Teams bereits als Chefingenieur bei Techeetah, jedoch verändern sich nach einem derartigen Personalwechsel zweifelsohne einige teaminterne Routinen. Diese können erst an der Rennstrecke selbst eingeübt werden.
"Der Start in die Saison wird für uns schwer", weiß Vergne. "Ich erwarte ehrlich gesagt nicht, dass ich in Hongkong wie in unserem letzten Rennen in Montreal gewinnen kann. Wir kämpfen einfach mit stumpfen Waffen. Selbstverständlich glaube ich fest an den Erfolg unseres Teams, aber es wird besonders anfangs sehr kompliziert. Wir sind ganz klar in der Außenseiterrolle."
Wechsel zu DS wird wahrscheinlicher
Schon in der abgelaufenen dritten Formel-E-Saison dauerte es einige Monate, bis Techeetah wirklich in Fahrt kam. Vergne gelang nach vier Podestplätzen erst im letzten Rennen der Saison sein erster Sieg in der Elektroserie, seine Teamkollegen Ma Qing Hua und Esteban Gutierrez sammelten bis zur Übernahme des zweiten Cockpits von Stephane Sarrazin gemeinsam gerade einmal fünf Zähler.
Nicht zuletzt aus diesem Grund halten sich seit Monaten Gerüchte über einen möglichen Wechsel des Motorenherstellers. Während Renault, die das Feld ab Ende 2018 für Nissan räumen werden, weiterhin das Hauptaugenmerk auf das e.dams-Team legen wird, könnte Techeetah schon zur übernächsten Saison (2018/19) zu DS, bislang Partner von Virgin, wechseln.
Die Franzosen treten ab jenem Jahr ebenfalls erstmals unter eigener Herstellerlizenz an und könnten Techeetah mehr Freiheiten bieten. In den letzten Wochen und Monaten entfernten sich DS und Virgin zudem zunehmend voneinander: Erst am Montag berichteten wir darüber, dass die Franzosen in der anstehenden Saison weniger Ingenieure als noch im Vorjahr an die Strecke bringen werden, die Virgin unterstützen können.
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