Wegen WEC-Terminkollision: Formel-E-Regeländerung für Berlin E-Prix diskutiert
Tobias Wirtz
Zum zweiten Mal seit Bestehen der Formel E gibt es eine Terminkollision zwischen der Rennserie und der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Auch wenn "nur" das Samstagsrennen des Berlin E-Prix parallel zum WEC-Lauf in Spa-Francorchamps stattfindet, hoffen drei Teams auf eine kurzfristige Regeländerung. Nach aktuellem Stand des Reglements müssten die Piloten nämlich auch das Sonntagsrennen auf dem Flughafen Tempelhof auslassen.
Seit 2017 waren die Kalender von Formel E und WEC stets aufeinander abgestimmt - bis zur aktuellen Saison 2024. So findet der Berlin E-Prix am selben Wochenende wie das 6-Stunden-Rennen im belgischen Spa-Francorchamps statt. Von den acht Piloten, die derzeit sowohl in der Formel E als auch in der WEC antreten, geben vier der Elektroserie den Vorzug: Edoardo Mortara (Mahindra/Lamborghini), Norman Nato (Andretti/Jota-Porsche) sowie das DS Penske/Peugeot-Duo Stoffel Vandoorne und Jean-Eric Vergne werden nicht in Spa-Francorchamps fahren.
Die vier übrigen Fahrer - Sebastien Buemi (Envision/Toyota), Nyck de Vries (Mahindra/Toyota), Robin Frijns (Envision/BMW) und Nico Müller (ABT/Peugeot) müssen hingegen ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen und in Belgien an den Start gehen. "Nico wird für uns fahren, das steht in seinem Vertrag", bestätigt Stellantis-Motorsportchef Jean-Marc Finot bei Sportscar365. Auch Toyota-Teamchef Rob Leupen bestätigt dort, dass Buemi und de Vries für das Toyota-Team mit Sitz in Köln-Marsdorf antreten werden.
Das Langstreckenevent steigt jedoch am Samstag, dem 11. Mai, während der deutsche E-Prix ein "Double-Header" mit jeweils einem Rennen am Samstag und Sonntag ist. So wäre bei einem Einsatz in Belgien zumindest theoretisch eine Teilnahme am Sonntagsrennen in Berlin denkbar. Dies verbietet jedoch aktuell das Sportliche Reglement. So gilt ein Double-Header in der Formel E als nur eine Veranstaltung - ein Fahrerwechsel während des Events ist höchstens aufgrund von "höherer Gewalt", beispielsweise wegen einer Verletzung, möglich. Vertragliche Verpflichtungen aufgrund der Teilnahme an anderen Rennserien gelten allgemein hingegen nicht als höhere Gewalt.
Envision-Teamchef Filippi: "Sehr, sehr verärgert" über die FIA
"Ob es ideal ist, dass wir unsere Fahrer ersetzen müssen?", fragt Envision-Teamchef Sylvain Filippi bei The Race - natürlich rein rhetorisch. "Absolut nicht! Ich bin sehr, sehr verärgert deshalb, und jeder weiß das. Und ich weiß, dass auch andere Teams in diesem Fahrerlager verärgert sind."
Die betroffenen Teams ABT Cupra, Envision (mit beiden Fahrern) und Mahindra hoffen daher auf eine Regeländerung für das Rennen in Berlin, damit sie zumindest am Sonntag ihre Stammfahrer wieder einsetzen können.
Andere Teams stellen dies hingegen infrage: So haben Andretti, DS Penske, Jaguar und Porsche ihren Fahrern wegen des Terminkonfliktes entweder komplett untersagt, im Jahr 2024 gleichzeitig auch in der WEC anzutreten, oder darauf bestanden, dass die Formel E vertraglich Vorrang erhält. Folglich ist hier eine einheitliche Linie der Teams bezüglich einer kurzfristigen Regelanpassung nicht zu erwarten.
Wer wird Ersatzfahrer?
ABT Cupra stünde mit Kelvin van der Linde ein Ersatzpilot zur Verfügung, der bereits im vergangenen Jahr Formel-E-Rennerfahrung sammelte, als Robin Frijns nach einem Handbruch ausfiel. Der Südafrikaner ist jedoch ebenfalls von der Terminkollision betroffen, da er eigentlich für Lexus in der WEC antritt. Es ist jedoch nicht bekannt, ob ihm sein Lexus-Vertrag Vorrang für ein Renncockpit in der Formel E einräumt. Falls dies nicht der Fall sein sollte, könnte womöglich der 19-jährige Formel-3-Pilot Tim Tramnitz zum jüngsten Formel-E-Piloten in der Geschichte werden.
Auch bei den anderen Teams ist aktuell noch fraglich, wer die frei werdenden Cockpits übernimmt. Mahindra hat für die Saison 2024 sowohl Jordan King als auch den Formel-2-Piloten Kush Maini als Test- und Reservefahrer unter Vertrag. Beide haben jedoch bislang noch kein Formel-E-Rennen bestritten.
Team-Weltmeister Envision Racing hat seit einigen Jahren Alice Powell als Simulatorfahrerin in seinen Reihen. Die Britin fuhr in der Vergangenheit auch bereits Testfahrten für das Team, saß jedoch noch nie im Gen3-Boliden. Die Vermutung liegt daher nahe, dass Envision auf Tom Dillmann und Joel Eriksson - die Testfahrer von Antriebslieferant Jaguar - zurückgreifen könnte.
Beide fuhren bereits Rennen in der Formel E und kennen den Jaguar I-Type 6, stünden in diesem Falle jedoch nicht für Fahrten im Jaguar-Simulator oder als Ersatzfahrer für das Werksteam zur Verfügung. Als weiterer potenzieller Kandidat gilt Felipe Drugovich, der beim Rookie-Test 2023 für Maserati die Bestzeit erzielte. Noch haben die Teams gut zwei Monate Zeit, sich zu entscheiden.
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