Wie London dank der Formel E nach 50 Jahren wieder eine Motorsport-Metropole wurde
Tim Neuhaus
Motorsport inmitten der schillerndsten Metropole des Vereinigten Königreichs? Mittlerweile ein Bild, an das sich die Fans der Formel E gewöhnt haben, doch blieb der Motorsport in London vor der Elektrorennserie für fast 50 Jahre aus. Ein urbanes Rennen gab es nur in den Träumen von ambitionierten Motorsportfans. Einer von ihnen war Formel-E-Gründer Alejandro Agag.
Ein Traum wird wahr - von Joggingstrecke zu E-Prix-Kurs
1974 schloss die Newcastle-Rennstrecke seine Pforten - das Aus für herkömmlichen Motorsport inmitten Londons. Formel-E-Gründer Agag lebte selbst in der Metropole. Nicht zuletzt deswegen wird der Spanier die Rückkehr Londons ganz oben auf seiner Wunschliste der Formel-E-Austragungsorte gehabt haben. Die Frage war nur: wo?
Von der ehemaligen Strecke in Newcastle bis hin zum Queen Elizabeth Olympic Park wurden in London ganze 14 Machbarkeitsstudien von der Formel E durchgeführt. Final wurde es der Battersea-Park, eine Parkanlage direkt an der Themse. Bisher lockte der Park vor allem Jogger an, so auch Agag: "Ich dachte immer, dass es die perfekte Strecke wäre, wenn die Autos mit dem Sturz klarkommen würden."
Battersea-Rennen bis heute unvergessen
Die ersten beiden Saisonfinals fanden somit im Battersea Park statt. Beide waren so spannend, wie sie nur sein konnten. Im ersten Jahr sicherte sich Nelson Piquet jr. aufgrund einer energieeffizienten Meisterleistung den Titel mit nur einem Punkt vor Sebastien Buemi. Im zweiten Jahr kollidierten die beiden Titelkandidaten Lucas di Grassi und Buemi in der ersten Runde punktgleich in der Meisterschaft. Ohne Chance auf die Top 10 folgte ein Schlagabtausch um die schnellste Runde, den der Schweizer für sich entschied.
Der Battersea Park, ein sonst öffentliches Gelände zur Erholung der Einheimischen, blieb während des Rennwochenendes geschlossen. Auch in den Wochen um die Veranstaltung gab es aufgrund von Auf- und Abbau viele Restriktionen. Der Unmut bei den Einwohner:innen, besonders bei der "Battersea Park Action Group" war so groß, dass entschieden wurde, bereits nach zwei Jahren einen neuen Austragungsort zu finden.
ExCeL - ein einzigartiger Schauplatz
Es dauerte fünf lange Jahre, bis die Formel E einen neuen Ort gefunden, eine Rennstrecke konzipiert hatte und schließlich auch umsetzte. Seit 2021 ist der E-Prix im und am Ausstellungszentrum ExCeL den Rennkalender. Das in der Formel E einzigartige Konzept, sowohl die Innenbereiche als auch die Außenbereiche für die Rennstrecke zu nutzen, stellte die Verantwortlichen vor eine große Aufgabe, die sie aber zu meistern wusste.
Die Inszenierung der Formel E in London ist spektakulär. Formel-E-Boliden überwinden sehenswerte Höhenunterschiede, fliegen mit Vollstrom am ExCeL vorbei, ehe sie wieder in sein Inneres abtauchen. Die Boxengasse im Innenraum und das mit Strahlern zelebrierte Startprocedere setzen dem Ganzen die Kirsche auf. Zwar glänzt die Strecke nicht mit den meisten Überholmanövern, aber einen Mangel an denkwürdigen Momenten gibt es nicht.
Wir erinnern uns an die Audi-Kontroverse 2021: Lucas di Grassi ermogelte sich gewitzt die Führung während eines Safety-Cars. Die Abkürzung durch die Boxengasse wurde am Ende kontrovers mit einer Disqualifikation geahndet. Letztes Jahr erlebten wir echte Chaosrennen mit roten Flaggen, teaminternem Drama bei Envision. Der amtierende Weltmeister Jake Dennis durfte sich als Brite in London erstmals die Krone aufsetzen.
London ExCeL hat sich mittlerweile zu einem Favoriten unter den Fans gemausert und darf sich auch 2024 auf das Saisonfinale freuen. Stattfinden wird der Saisonabschluss dieses Wochenende am 20. und 21. Juli.
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