Formel E

Bericht: Formel E soll Schnelllade-Boxenstopps wegen Zuverlässigkeitsproblemen auf 2024 verschieben

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Trotz erster Probeboxenstopps im Rahmen von privaten Testfahrten der Gen3-Hersteller ist es seit langer Zeit auffallend still um das Thema Schnellladen in der Formel E geworden. Offenbar nicht ohne Grund: Wegen Zuverlässigkeitsproblemen soll sich die Rennserie laut einem Bericht von 'The Race' dazu entschlossen haben, die Einführung von Schnelllade-Boxenstopps um ein Jahr auf die zehnte Saison zu verschieben.

So sollen im Sportlichen Reglement der Formel E, das Anfang Dezember im Rahmen des Meetings des Weltmotorsportrates (WMSC) in Bologna beschlossen werden dürfte, Boxenstopps mit Schnellladung nun doch nicht verankert werden. In den Planungen der Rennserie hatten diese bislang eine zentrale Rolle gespielt.

Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Folge der Zuverlässigkeitsprobleme, die diverse Formel-E-Hersteller bei ihren Testfahrten mit der Batterie der Gen3-Boliden festgestellt haben. Das Unternehmen Williams Advanced Engineering (WAE) ist dabei nicht nur der Hersteller der Batterie, sondern auch für die Bereitstellung der Infrastruktur zur Schnellladung verantwortlich.

Zwar konnten die Probleme mit dem Akku - Auslöser sollen Vibrationen bei Bodenunebenheiten sein - durch ein überarbeitetes Modell rechtzeitig ausgemerzt werden. Doch die Entwicklung verursachte Verzögerungen, die den Zeitplan der Rennserie stark gefährden: Bereits Anfang November, also in wenigen Tagen, sollen die Antriebe der sechs Hersteller DS, Jaguar, Mahindra, Nio 333, Nissan und Porsche homologiert werden. In gut sechs Wochen finden die offiziellen Vorsaison-Testfahrten in Valencia statt. Nur vier Wochen später startet in Mexiko-Stadt das erste Rennen der Gen3-Ära.

Porsche lehnt Einführung während der Saison ab

Die Formel E soll die Option in Erwägung gezogen haben, die Boxenstopps erst in der zweiten Saisonhälfte einzuführen oder sie bei einzelnen Rennen 2023 auszuprobieren. Eine Idee, die jedoch an einem Veto der Hersteller gescheitert sei, heißt es. Unter anderem Porsche wünscht sich ein konstantes Reglement über die gesamte Saison. Auch andere Hersteller hätten sich entsprechend geäußert.

"Ich möchte meine und unsere Position klarstellen", verdeutlicht Porsche-Formel-E-Chef Florian Modlinger bei den Kollegen. "Es handelt sich hier um eine professionelle Meisterschaft. Es ist eine FIA-Weltmeisterschaft, und ich erwarte ganz klar, dass im Laufe der Saison keine Änderungen des Sportlichen Formats vorgenommen werden. Das bedeutet, dass es der klare Wunsch und die Erwartung an eine derartige Meisterschaft ist, ein einheitliches Sportliches Reglement über die gesamte Saison zu haben."

"Wir hatten die Gelegenheit, diese Technologie bereits zu testen. Es waren nur ein paar Tests, aber was wir getestet haben, hat funktioniert", so Modlinger weiter. Es scheitere nicht daran, dass Porsche der Technologie nicht vertraue. "Ich glaube eher, dass die Frage ist, ob wir die Teile bekommen und alles für den Saisonstart bereit ist."

Auch Hankook-Reifen womöglich nicht final: "Suchen nach anderen Mischungen"

Nicht nur für WAE wird die Zeit knapp: Auch Reifenlieferant Hankook ist mit der Entwicklung der endgültigen Reifenmischung für die Formel-E-Weltmeisterschaft 2023 dem Bericht zufolge noch nicht ganz fertig.

"Wir suchen natürlich nach anderen Mischungen", erklärt Thomas Baltes, Hankook-Motorsportchef. "Momentan würde ich sagen, dass wir eine ziemlich gute Basis haben. Diese wurde auch von den meisten Teams getestet, und sie waren sich einig, dass es so weitergehen kann."

Die Entscheidung, auf Boxenstopps zu verzichten, spiele bei der Reifenentwicklung keine Rolle. "Abhängig von den Entwicklungen, die sich in Saison 10 oder 11 vielleicht ergeben werden, können wir unsere Spezifikationen anpassen", so Baltes weiter. "Aber im Moment gibt es keinen Grund dafür. Ich würde sagen, dass wir immer noch nach anderen Lösungen für die Zukunft suchen. Es hängt auch davon ab, in welche Richtung wir gehen, ob wir zum Beispiel einen Boxenstopp haben werden."

McLaren-Teamchef Ian James: "Geht nicht nur um Batterie oder Reifen"

In den vergangenen Wochen haben offenbar mehrere Meetings stattgefunden, um rechtzeitig vor dem Saisonstart Lösungen für diese Probleme zu finden. Hierbei ziehen alle Hersteller an einem Strang und teilen auch die Erfahrungen mit dem Gen3-Paket miteinander, heißt es.

"Für die Hersteller und damit auch für die Teams wird die Zuverlässigkeit des Pakets, mit dem wir Anfang nächsten Jahres in die Saison starten, absolut entscheidend sein", beschreibt McLaren-Teamchef Ian James, dessen Team mit Kundenmotoren von Nissan antreten wird. "Es geht nicht nur um die Batterie oder die Reifen, sondern auch um die gesamte Ausgereiftheit des Bereichs, den die Hersteller entwickeln."

"Es ist wichtig, dass wir jetzt schnell in eine Situation kommen, in der wir Zuverlässigkeit und Stabilität im Paket haben", so James weiter. "Das ist für die Qualität der Herstellerentwicklung für die neunte Saison entscheidend. Alle arbeiten sehr hart daran, daher finden gerade durchaus die richtigen Diskussionen statt. Wir stehen in ständigem Dialog mit der FIA, der Formel E und den Zulieferern. Wir müssen sicherstellen, dass wir wissen, wo wir stehen und dass wir weiter vorankommen, bis es nach Mexiko geht."

Ursprünglich plante die Formel E, Boxenstopps als taktisches Element in den Rennen der Gen3-Ära zu nutzen. Auch die Aktivierung und die Dauer des Attack-Modes sollten an den Boxenstopp gekoppelt sein. Ob dies nun weiterhin durch das Überfahren einer speziell ausgewiesenen Attack-Zone geschieht, ist derzeit noch unklar. Die Gen2-Boliden waren dazu mit einem Sensor im Unterboden ausgestattet. Denkbar, dass diese Sensoren nun auch beim Gen3-Boliden nachgerüstet werden müssen.

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