Formel E

Formel-E-Finale in Berlin: Daniel Abt strebt Punkte-Erfolg mit neuem Team Nio 333 an

Tobias Wirtz

Tobias Wirtz

Am kommenden Mittwoch geht in Berlin nach fünfmonatiger Unterbrechung die Formel-E-Saison 2019/20 in ihre zweite Hälfte. Das chinesische Team Nio 333 steht als einziger der zwölf Rennställe in der Elektrorennserie bislang noch komplett ohne Punkte da. Das soll sich beim Sechsfach-Finale in Deutschland ändern.

Grund dafür ist der überraschende Fahrer-Coup, der dem chinesischen Team mit der Verpflichtung von "Berlin-Spezialist" Daniel Abt gelungen ist. Abt hatte wenige Wochen zuvor sein Audi-Cockpit räumen müssen, nachdem er bei der "Race at Home Challenge" einen Simracer an seiner Stelle hatte antreten lassen. Der Deutsche hat sich kürzlich im Rahmen eines Filmtags auf einem Flughafen-Rollfeld in Großbritannien mit seinem neuen Fahrzeug vertraut machen können. Interessanterweise trat er seinen "Shakedown" noch mit einem großen Audi-Logo auf dem Helm an, wie man auf den Fotos der Testfahrt erkennen kann.

Der Kemptener ersetzt bei Nio den in der Formel E bislang erfolglosen Ma Qing Hua, der zuvor - offiziell aufgrund von Reisebeschränkungen durch die COVID-19-Pandemie - bekanntgegeben hatte, in Berlin nicht anzutreten. Ma gelang es in den ersten Rennen der Saison nicht, das Potenzial des Nio FE-005 auszuschöpfen, der mit dem Elektromotor und Inverter von Dragon Racing aus der Vorsaison betrieben wird. Der Chinese kam in den ersten fünf Rennen viermal ins Ziel, davon dreimal mit mehr als einer Runde Rückstand und dreimal als Letzter. Obwohl er bereits 14 Rennen in der Formel E bestritt (vor Nio für Aguri und Techeetah), erzielte er keine Punkte.

Neues Auto erfordert Anpassungsfähigkeit

Für Abt ist es eine Chance, an die er selbst gar nicht mehr geglaubt hat: Mit guten Leistungen beim Hinterbänklerteam könnte er sich für die kommende Saison empfehlen, die im Januar 2021 in Santiago beginnen wird. Ob erneut bei Nio oder bei einem anderen Team, ist dabei vollkommen offen. Sein aktueller Vertrag gilt nur für die Rennen des "Sixpacks von Berlin". Auch wenn mit dem Wechsel von Sam Bird zu Jaguar bereits der erste Transfer feststeht, hat die "Silly Season" der Formel E gerade erst begonnen. Das weiß auch Abt.

"Ich bin bislang mit allem zufrieden", berichtet er von seinem ersten Test mit Nio. "Das Team hat mich herzlich aufgenommen. Es gibt immer noch viel zu lernen, es ist für mich schließlich ein neues Team. Ich glaube, wir sind sehr schnell in einen guten Rhythmus gekommen. Es ist ja nicht so, als würde ich ein völlig neues Auto fahren. Alles in allem denke ich, dass sich das Fahrzeug für mich sehr natürlich angefühlt hat."

"Selbstverständlich ist die Software neu", fährt Abt fort, "aber es fühlt sich nicht schwierig zu fahren an. Ich muss alle Knöpfe, Kommandos und Namen zur Kommunikation mit den Ingenieuren lernen. Aber nach ein paar Stunden im Simulator fühle ich mich schon ziemlich gut. Das Team braucht Punkte, und es ist mein Job als Fahrer, mein Bestes zu geben, um das zu erreichen. Mit meiner Erfahrung werde ich versuchen, einen positiven Beitrag zu leisten. In der Formel E kann so viel passieren. Deine Position ist bis zur Ziellinie nicht sicher. Punkte sind unser Ziel, und ich werde es versuchen."

Abt neuer Gradmesser für Turvey

Auf der andere Seite der Box bleibt alles beim Alten: Oliver Turvey geht schon seit dem Finale der ersten Formel-E-Saison für das Team an den Start. Nach dem Meistertitel von Nelson Piquet jr. an jenem Rennwochenende in Saison 1 war es Turvey, der seitdem sämtliche Highlights von Nio setzen konnte: In Mexiko 2017 startete der Brite von der Pole-Position. Ein Jahr später ging er an selber Stelle von Startplatz 2 ins Rennen und stand als Zweitplatzierter auf dem Podium. Übrigens hinter seinem neuen Teamkollegen Abt, der dort seinen ersten Sieg in der Elektrorennserie feierte.

Wie die Leistungen des fahrerisch sehr stark eingeschätzten Turvey zu bewerten sind, wird sich mit seinem neuen Teamkollegen in Berlin zeigen. In den vergangenen Jahren hatte er seine Teamkollegen - zuletzt Ma Qing Hua, davor Tom Dillmann, Luca Filippi und Nelson Piquet jr. - stets klar im Griff.

Was Abt und Turvey in Berlin leisten können, ist vor dem Formel-E-Finale noch nicht abzusehen. Nach der Bekanntgabe seines Wechsels zu Nio war Abt sehr darauf bedacht, die Erwartungen seiner Fans im Rahmen zu halten. Beiden Nio-Piloten sind allerdings gute Leistungen zuzutrauen. Die ersten Punkte sind nicht ausgeschlossen.

Foto: Nio 333 FE Team (Twitter)

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