Formel E

Formel E: Pläne für Japan-Rennen werden konkreter, di Grassi wirbt für Macau E-Prix

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Schon in naher Zukunft könnte die Formel E den Asien-Abschnitt ihres Rennkalenders erweitern. Wie 'The Race' berichtet, nehmen die Verhandlungen um einen E-Prix in Japan seit Ende Oktober zunehmend Gestalt an. So könnte die Formel E möglicherweise ab der übernächsten Saison (2021/22) im "Land der aufgehenden Sonne" gastieren. Die besten Chancen hat aktuell Yokohama - erst kürzlich wurde eine Streckenführung vorgeschlagen. Lucas di Grassi wirbt indes für einen E-Prix in Macau.

Yokohama würde, sollte eine Einigung mit der Formel E zustande kommen, zum insgesamt fünften fernost-asiatischen Austragungsort der noch kurzen Geschichte der Elektroserie werden. In den ersten zwei Saisons fanden Meisterschaftsläufe in Peking und Putrajaya statt, anschließend gastierte die Formel E in Hongkong und Sanya.

Neben Tokio buhlte Yokohama als zweitgrößte Stadt Japans in den vergangenen Jahren intensiv um die Austragung eines eigenen E-Prix, unter anderem weil dort der Automobil-Gigant Nissan mit seiner Hauptzentrale ansässig ist. Womöglich könnte ein E-Prix vor der eigenen Haustür am Ende ja sogar das Zünglein an der Waage werden bei der zu fällenden Entscheidung, ob sich Nissan auf für die Gen3-Ära als Hersteller einschreibt.

Formel-E-Streckenentwurf in Yokohama liegt bereits vor

Wenngleich eine finale Entscheidung bezüglich eines Rennens in Yokohama noch nicht gefallen ist, habe der Finanzausschuss des Stadtrats seine Unterstützung zu einem möglichen Formel-E-Event kürzlich zugesichert, heißt es. Sollten auch andere Teile der Stadtregierung "grünes Licht" geben, dürfte die Elektroserie im neuen Jahr eine Machbarkeitsstudie in Yokohama durchführen. Anschließend könnte ein japanischer E-Prix bereits für Saison 8, also voraussichtlich im Jahr 2022, in den Rennkalender aufgenommen werden.

Der aktuelle Plan sieht vor, dass der Formel-E-Kurs unweit des ehemaligen Hafens im Stadtteil Minato Mirai 21 errichtet werden soll. Der E-Prix würde somit zwischen Hochhäusern, Konzerthallen und an der Promenade der Bucht von Tokio ausgetragen werden, ähnlich wie einst in Hongkong. In Minato Mirai steht mit dem Yokohama Landmark Tower unter anderem der zweithöchste Wolkenkratzer des Landes. Bislang war die Etablierung eines E-Prix in Japan stets an den lokalen Behörden gescheitert.

Sanya E-Prix auf der Kippe

Im ursprünglichen Kalender der anstehenden Saison 2021 waren mit den E-Prix von Sanya (China) und Seoul (Südkorea) lediglich zwei Asien-Rennen vorgesehen. Aufgrund von Reisebeschränkungen durch die Coronavirus-Pandemie wurden zunächst einmal der Sanya E-Prix jedoch auf unbestimmte Zeit verlegt. Das Event gilt derzeit als "Wackelkandidat" und könnte womöglich zum zweiten Mal in Folge vollständig aus dem Kalender fallen.

Ungewiss ist zudem die Zukunft des Jakarta E-Prix. Das Rennen am indonesischen Nationaldenkmal war in der abgelaufenen Saison ursprünglich für den 6. Juni 2020 angesetzt, wurde aufgrund der Corona-Krise allerdings ebenfalls gestrichen. Im Rennkalender für 2021 tauchte das Event nicht auf, stattdessen registrierte die Formel E bei der FIA einen "Platzhalter" - mutmaßlich für Jakarta - zwischen den Läufen in Seoul und Berlin. Aktuell gelten aber ohnehin lediglich die Termine für die Rennen in Chile und Saudi-Arabien als gesichert. Ob die Elektroserie im nächsten Jahr überhaupt nach Indonesien reist, ist also weiterhin unklar.

Lucas di Grassi wirbt für Rennen in Macau

Unabhängig von den Verhandlungen um einen E-Prix in Japan oder den Verlauf der Saison 2021 bekannte sich auch Audis Formel-E-Pilot Lucas di Grassi kürzlich für eine Erweiterung des bisherigen Asien-Abschnitts. Über den Kurznachrichtendienst Twitter warb der Brasilianer für einen Lauf im Rahmen des traditionsreichen Macau Grand Prix, der jährlich auf den Straßen der chinesischen Sonderverwaltungszone stattfindet.

"Ich finde, die Formel E sollte in Macau fahren", erklärt di Grassi. Die aktuellen Fahrzeuge seien ideal für enge Kurse wie den sogenannten Guia Circuit, findet er. "Das könnte unser 'Indy 500'-Rennen werden. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von annähernd 300 km/h würden wir mit den aktuellen Autos und Regeln zehn bis zwölf Runden schaffen. Auf geht's!"

Dass die Formel E in absehbarer Zeit tatsächlich in Macau fährt, ist aktuell aber eher unwahrscheinlich. Unter anderem müssten die Teams für das Event ihre Getriebeübersetzungen anpassen, um in der untypisch langen Vollgas-Passage im ersten Teil des Kurses nicht den Drehzahlbegrenzer zu erreichen. Bei den Vorsaison-Testfahrten 2020 in Valencia erreichten die Teams Geschwindigkeiten zwischen 230 und 250 km/h - in Macau dürfte die Spitzengeschwindigkeit deutlich darüber liegen.

VIDEO: Eine virtuelle Runde auf dem Guia Circuit in Macau

Ein noch deutlicheres Hindernis bildet allerdings der hohe Energieverbrauch. Für eine Macau-Runde bei Vollstrom würden die aktuellen Fahrzeuge zwischen 5,0 und 5,5 kWh Energie benötigen, etwa also zehn Prozent einer Akkuladung. Zwar könnte dieser Verbrauch mit ausreichend Rekuperation etwas verringert werden. Allerdings dürfte die Formel E nicht zuletzt aus Image-Gründen einem solchen Sprintrennen von weniger als zwölf Runden nur bedingt euphorisch entgegenblicken - Stichwort: Reichweitenangst. Mit einer Gesamtlänge von 6,115 Kilometern wäre der Guia Circuit der mit Abstand längste Kurs im Rennkalender.

Längere Renndistanz dank Gen3-Ladestopps

Denkbar wäre ein Macau E-Prix also frühestens ab der Einführung des Gen3-Regelwerks (Saison 2022/23). Dann können die Fahrzeuge dank Schnelllade-Technologie auch während der Rennen aufgeladen werden. Mit Ladestopps würde die Formel E voraussichtlich auch die üblichen Renndistanzen der Formel 3 (15 Runden) oder des GT World Cups (18 Runden) übertreffen. Ob sich die Serie, die ab der kommenden Saison eine eigene FIA-Weltmeisterschaft sein wird, aber überhaupt eine Veranstaltung mit anderen Verbrenner-Kategorien teilen möchte, ist dabei eine ganz andere Diskussion...

Die Formel-E-Teams bereiten sich in diesen Tagen intensiv auf den Saisonstart 2021 vor. Der findet am 16./17. Januar 2021 mit einem "Doppelrennen" in Santiago statt. Sat.1 überträgt die Rennen erstmals live im deutschen Fernsehen, wir berichten selbstverständlich von allen Sessions in unserem LGT Live-Ticker über die Auftaktveranstaltung in Chile.

Titelfoto: Shivraj Gohil / Spacesuit Media

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