Formel E

Jahresrückblick: Die 5 größten Formel-E-Geschichten 2018

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Das Jahr 2018 war für die Formel E ohne Frage das bisher größte Jahr ihrer noch jungen Geschichte. Mehrere Millionen neue Zuschauer verfolgten die Serie in den vergangenen zwölf Monaten über die sozialen Netzwerke, vor dem Fernsehbildschirm und live vor Ort an der Rennstrecke. Zum ersten Mal gastierte die Serie in diesem Jahr in Chile, Italien, der Schweiz und Saudi-Arabien. Der Papst segnete die Formel E im Vatikan, die Serie stellte ein neues Fahrzeugmodell vor, Alejandro Agag versuchte die Formel E aufzukaufen, Nico Rosberg testete den Gen2-Renner in Berlin, uns beschäftigten neue Regelungen über Gurte - und selbstverständlich der erste Sieg eines deutschen Fahrers in der Meisterschaft.

Kurz vor dem Jahreswechsel wollen wir die Gelegenheit nutzen, auf das vergangene Jahr zurückzublicken. Die größten Geschichten aus einem ereignisreichen Jahr 2018 haben wir dir in unserer Top-5-Liste zusammengestellt.

5. Venturi nimmt Felipe Massa unter Vertrag

Als erstes druckte die französische Zeitschrift 'Auto Hebdo' die Geschichte ab, dann verbreitete sie sich - ursprünglich in der Online-Version hinter einer Paywall versteckt - wie ein Lauffeuer: Venturi nimmt Ex-Formel-1-Vizeweltmeister Felipe Massa unter Vertrag. Der Coup wurde am Rande des Berlin-Rennwochenendes bekannt. Schon zuvor durfte Massa im Rahmen eines privaten Tests einige Runden in seinem zukünftigen Arbeitsgerät drehen.

Es sollte dennoch noch rund ein halbes Jahr dauern, bis Massa in Saudi-Arabien sein erstes Rennen in der Formel E absolvierte. Der Brasilianer ist zum ersten Mal seit mehreren Jahren wieder ein "Rookie" in einer ihm noch vollkommen unbekannten Rennserie. Doch obwohl er noch eine steile Lernkurve vor sich hat, zeigte er in Diriyya, dass er das Autofahren seit seinem Formel-1-Abschied nicht verlernt hat. Seine Vertragsunterzeichnung mit den Monegassen, die im Übrigen für drei Jahre bestehen soll, zählt ohne Frage zu den größten Geschichten aus 2018.

4. Die Sache mit den Gurten...

Der erste Santiago E-Prix der Formel E wurde in vielerlei Hinsicht zu einem denkwürdigen Event. Nach einem hektischen Vormittag mit roten Flaggen im Training und Unfällen in der Qualifikation machte dabei besonders eine neue Regelung das Chaos von Chile perfekt. Die FIA-Regelhüter hatten eine ursprünglich für Marrakesch angedachte Regeländerung hinsichtlich der Boxenstopps nach Santiago verschoben: Ab sofort wurde die minimale Zeit für eine Durchfahrt der Boxengasse aus dem Regelwerk gestrichen.

Bei den obligatorischen Fahrzeugwechseln zur Rennhalbzeit ging es für die Teams fortan nicht mehr nur um die Sicherheit der Fahrer, sondern ebenso um die Schnelligkeit beim Autotausch. Einige Teams lösten das Problem des Zeitdrucks mit simplen Kabelbindern: Anstelle von zwei Mechanikern, die hektisch am Hüftgurt des Fahrers arbeiteten, zurrten sie die Gurte lediglich mit einem kraftvollen Zug an zwei Schlaufen fest.

Was in der Theorie wie eine ideale Lösung erschien, entpuppte sich in der Praxis jedoch als überaus problematisch. Schließlich waren die Manipulationen an den Gurten nicht erlaubt. Techeetah und Dragon zahlten - äußerst kontrovers diskutiert - in Santiago Geldstrafen an die FIA. Doch auch bei den folgenden Rennen ließ uns das Thema der Gurte nicht los. Daniel Abts Gurte lösten sich nach seinem Boxenstopp in Punta del Este überraschend, sodass der Deutsche einen zweiten Stopp einlegen musste und eine mögliche Top-3-Platzierung verlor. Ähnliches widerfuhr Nelson Piquet jr. in Paris und Rom. In Mexiko-Stadt verletzte sich ein Techeetah-Mechaniker leicht - und auch in Paris rollte ein Fahrzeug der Schwarz-Goldenen über den Fuß eines Mechanikers. Alle können wohl von Glück reden, dass nichts Schlimmeres passiert ist…

3. Daniel Abts Geburtstagsdilemma & Grand-Slam-Sieg in Berlin

Die Formel-E-Saison 2017/18 begann für Daniel Abt mit einer schmerzhaften Disqualifikation in Hongkong. Ausgerechnet an seinem 25. Geburtstag bekam er seinen ersten Formel-E-Sieg wegen eines Formfehlers aberkannt. Der Deutsche kämpfte sich dennoch zurück und holte sich nach seinem ersten regulären Karrieresieg in Mexiko-Stadt auch die größte Trophäe in Berlin - und zwar mit einer der wohl besten Einzelleistungen eines Fahrers in diesem Jahr.

Pole-Position, schnellste Rennrunde, Rennsieg, jede Rennrunde angeführt, dazu ein zweiter Platz seines Teamkollegen Lucas di Grassi - für Daniel Abt und Audi war das Heimrennen von Berlin ein Wochenende nach Maß. Die wilde Partynacht endete für den Kemptener mit einem Döner in den frühen Morgenstunden. Der emotionale Sieg vor heimischem Publikum ist ein unvergessener Moment aus 2018, der vielen Fans sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

2. Das Duell der Giganten von Punta del Este

Der Punta del Este E-Prix 2018 ging als eines der spannendsten Spitzenduelle in die Formel-E-Geschichtsbücher ein. Nachdem Jean-Eric Vergne durch Disqualifikationen seiner Konkurrenten im Super-Pole-Qualifying kampflos die Pole-Position erbte, entwickelte sich der E-Prix zu einem epischen Duell der Giganten. Von der Startampel bis zur Zielflagge sah sich der Franzose den ständigen Angriffen von Lucas di Grassi ausgesetzt, der Vergne wie ein Schatten verfolgte und mehrmals zu Manövern ansetzte.

Dennoch schaffte es Vergne, seinen Techeetah-Boliden souverän vor di Grassi ins Ziel zu retten. Für di Grassi, der zuvor gerade einmal drei Punkte auf seinem Konto hatte, begann im Anschluss eine bemerkenswerte Aufholjagd: Bei jedem der folgenden Rennen sollte er auf einem der beiden oberen Treppchenstufen stehen. Vergne, der in Uruguay seinen zweiten Saisonsieg feierte, manifestierte mit seiner Leistung indes seine Meisterschaftsambitionen. Am Ende sollte er in New York - ausgerechnet vor Lucas di Grassi - seinen ersten Formel-E-Titel entgegennehmen.

1. Die Formel E startet in "Generation 2"

In einem mit Spannung erwarteten Video stellte die Formel E im Januar 2018 die Welt des Motorsports für mehrere Wochen auf den Kopf. Nach vier Jahren im SRT_01e, dem ursprünglichen Chassis der Formel E, löste die neue, futuristische "Gen2"-Karosserie (kurz für: "Generation 2") das ausgediente Modell aus 2014 ab. Beim Genfer Autosalon folgte wenig später die Präsentation des Autos in seiner finalen Form. Abgesehen von vier Rädern und einem Einsitzer-Cockpit hatte das neue Auto nur noch wenig mit einem traditionellen Formelfahrzeug zu tun.

Besonders bemerkenswert: Anstelle eines Heckflügels setzt die Formel E mit dem Gen2-Boliden auf einen riesigen Diffusor, um Abtrieb für die Hinterachse zu generieren. Die Räder sind vollständig verkleidet, hinzu kommt der mit LED-Streifen besetzte Halo-Bügel für die Sicherheit der Fahrer. Die größte Neuerung gibt es aber unter der Haube. Mit 52 kWh nutzbarer Energie steht den Piloten im neuen Fahrzeug fast doppelt so viel Energie wie bislang zur Verfügung.

Durch die neue Technologie fiel mit dem ersten Rennen der Gen2-Boliden in Saudi-Arabien zudem der bisher obligatorische Boxenstopp weg. Stattdessen eröffnete die Formel E mit dem Attack-Mode ein neues Kapitel in ihrer Geschichte. Erstmals nahm mit HWA zudem ein elftes Team an einem Formel-E-Rennen teil - und BMW stieg mit einem bemerkenswerten ersten Rennsieg als Werksteam in die Formel E ein. Kurzum: Die Premiere des Gen2-Renners war ein regelrechter Paukenschlag in der Welt des Rennsports.

2018 war für die Formel E ein bemerkenswertes Jahr, in dem die Serie endlich im Olymp der international anerkannten Motorsportserien angekommen ist. IndyCar-Teams buhlen um Formel-E-Fahrer, die Formel 1 beobachtet die Elektroserie mit gleichermaßen Bewunderung wie Skepsis, Hersteller kehren der DTM für einen Formel-E-Einsatz den Rücken. Ein Ende des Erfolgszuges der E-Serie ist im Moment noch nicht abzusehen - und 2019 wird ganz sicher ebenso spektakulär und ereignisreich wie 2018.

Wir wünschen unseren Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr, in dem wir selbstverständlich weiterhin die Formel E in allen Details für dich begleiten werden.

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