Formel E

Kontroversen, Emotionen & Erinnerungen: Die besten Momente des Formel-E-Jahres 2019

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende. Nach zwölf ereignisreichen Monaten und zahlreichen spannenden Rennen zieht auch unsere e-Formel.de-Redaktion ein Fazit. Was uns in diesem Jahr bewegt hat, erfährst du in diesem Artikel.

Von der Marrakesch-Kollision der BMW-Piloten über die Santiago-Hitzeschlacht, den Hagelschauer von Paris bis hin zur Funkaffäre in New York und dem Debüt-Podium von Porsche und Mercedes - das Formel-E-Jahr 2019 hatte für Motorsport-Fans jede Menge zu bieten. In einem ausführlichen Jahresrückblick werden wir uns in den nächsten Tagen sehr detailliert den vergangenen zwölf Monaten widmen. Was unseren Redakteuren besonders im Kopf geblieben ist, verraten sie aber schon heute.

Der überraschendste Fahrer des Jahres

Timo Pape: Die größte Überraschung bei den Fahrern war für mich Oliver Rowland. Kurzfristig vor Saisonstart für Alex Albon eingesprungen, zeigte der Brite im Nissan gerade in der ersten Saisonhälfte eine absolut beeindruckende Performance. Dass er seinen extrem starken Teamkollegen Sebastien Buemi anfangs regelmäßig hinter sich ließ - gerade im Qualifying -, hat mich überzeugt. Nach und nach gewann er zudem an Konstanz im Rennen. Um es etwas zu überspitzen: No-Name Rowland hat es den großen Namen gezeigt.

Tobias Bluhm: Überraschende Fahrer gab es in 2019 viele - sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Ein Highlight war für mich auf jeden Fall Alex Lynn. Erst als er im Shakedown von Rom in den Jaguar stieg, sammelte er seine ersten Erfahrungen mit dem Gen2-Auto. Trotzdem holte er sein Erfahrungsdefizit im Vergleich zu Mitch Evans in beeindruckend kurzer Zeit auf und war schon in Berlin und New York auf Kurs Top-5-Ergebnis. Schade, dass wir 2020 nach aktuellem Stand nicht mit Lynn in der Formel E rechnen können.

Tobias Wirtz: Das ist schwierig - ich schwanke zwischen Stoffel Vandoorne und Pascal Wehrlein. Wehrlein wurde in seinem zweiten Rennen Zweiter und hätte sein drittes Rennen beinahe gewonnen. Aber über das gesamte Kalenderjahr gesehen entscheide ich mich dann doch für Vandoorne. Sechsmal war er 2019 in der Super-Pole und holte in Hongkong die Pole-Position. Dazu kommen drei Podestplätze in Rom und Diriyya (2). Und das mit einem Team, das neu in die Formel E kam.

Svenja König: Im Gesamtpaket hat Oliver Rowland definitiv die Überraschungssaison schlechthin hingelegt. Aber im Verhältnis zur Ausgangssituation würde ich mich für Maximilian Günther im Dragon entscheiden, der mit zwei fünften Plätzen in Paris und Bern das Maximum aus dem Auto geholt hat.

Der denkwürdigste E-Prix 2019

Timo Pape: Paris läge sicher auf der Hand. Aber ich finde, auch der Santiago E-Prix war ein unheimlich packendes Rennen. In der Gluthitze von Chile brach nicht nur die Strecke auf: Pascal Wehrlein lieferte sich über weite Teile des Rennens einen Abnutzungskampf um den Sieg mit Sam Bird, den der Brite am Ende gewann. Doch auch davon abgesehen passierte viel: Buemi als Führender in der Mauer, Vandoorne in der Mauer und etliche Schubser, wo man nur hinsah.

Tobias Bluhm: Denkwürdig? Ganz klar: Der Swiss E-Prix in Bern! Fahrrad-Demonstrationen am Donnerstag, Verzögerungen beim Aufbau der Strecke, das Start-Chaos durch die viel zu enge Schikane, ein später Regenschauer und fabelhafte Positionskämpfe. Und das Ganze auf einer der spektakulärsten Strecken, die es bisher in der Formel E gab.

Tobias Wirtz: Äußerst denkwürdig fand ich den Paris E-Prix. Als kurz vor dem Start bekanntgegeben wurde, dass hinter dem Safety-Car gestartet würde, sagte ich im Media-Center zu Timo: "Das wird das langweiligste Rennen der Saison." Wie man sich täuschen kann! Mit Hagel und Starkregen während des Rennens hatte zu diesem Zeitpunkt niemand gerechnet.

Svenja König: Paris war wohl das spektakulärste Formel-E-Rennen, das ich je erlebt habe. Regen, Hagel, Überholmanöver und mehr Unfälle, als man zählen kann - an Rennaction war Paris kaum zu überbieten. Dazu der erste Rennsieg von Robin Frijns im Virgin, der längst überfällig war.

Die Szene des Jahres

Timo Pape: Das Überholmanöver von Mitch Evans gegen Andre Lotterer in Rom. Ich habe selten einen beherzteren Angriff gesehen, bei dem einfach alles haargenau passte. Zudem bedeutete der Move auch noch den ersten Formel-E-Sieg für Evans. Chapeau! Ebenfalls Lob an Lotterer - dieses Überholmanöver brauchte einen erfahrenen Gegenpart, der sich am Limit verteidigt, aber im richtigen Moment seine Niederlage eingesteht.

Tobias Bluhm: Unter allen möglichen Kandidaten sticht für mich eine Szene besonders heraus: der Zieleinlauf von Mexiko. Ich erinnere mich noch an unseren Live-Ticker, in dem ich schon den Text zu Pascal Wehrleins Sieg verfasst hatte. Als Lucas di Grassi auf den letzten Metern vorbeizog, konnte ich meinen eigenen Augen kaum trauen. Ich dachte immer, solche Finishes seien nur in Hollywood-Filmen möglich.

Tobias Wirtz: Die Kollision zwischen den Teamkollegen Sims und Felix da Costa in Marrakesch. Ich erinnere mich, dass ich mich direkt im Anschluss an den Unfall im Media-Center umgeblickt habe (Tobi und ich saßen in der ersten Reihe), und die komplette Journalistenschar völlig schockiert mit offenen Mündern da saß.

Svenja König: Die Funkspruch-Affäre um Meister Jean-Eric Vergne beim Saisonfinale in New York. "Sagt Andre, dass er anhalten soll… Damit das Safety-Car rauskommt", sagte der Franzose am Funk, um sich durch eine Safety-Car-Phase selbst in eine bessere Position zu bringen. Er erklärte sich nach dem Rennen bei den Stewards, sodass keine Strafe folgte, die das Rennergebnis beeinflusst hätte. Letztendlich reichte JEV Platz 15 im Samstagsrennen. Trotzdem: einen Solchen Beigeschmack hatte für mich noch keine Titel-Entscheidung der Formel E.

Worüber haben wir 2019 gelacht?

Timo Pape: Über die "Cantina Band" von Star Wars, der wir während unseres Redaktionswochenendes auf der Hamburger Reeperbahn gewissermaßen begegneten.

Tobias Bluhm: Hach, es gab unzählige Momente mit Comedy-Potenzial. Alexander Sims und der Regenschirm in Rom? Die hitzige Diskussion der Fahrer während der Rotphase in Bern? Oder die Banane auf der Strecke in New York? Den Vogel schoss für mich die Bollywood-Tanzaktion von Mahindra ab, bei der das indische Team jeden im Paddock, der nicht bei drei auf dem Baum war, zum Mittanzen verpflichtete. Herrlich!

Tobias Wirtz: Die Pre- und Postshow in unserem Podcast ePod. Besonders, wenn wir nach einem E-Prix eine Live-Episode senden und zusätzlich noch Input von den zahlreichen Mithörern bekommen. Und alle anderen im Team natürlich über meinen leicht kölschen Dialekt lachen, der zu einem Running-Gag in unserer Runde geworden ist.

Svenja König: JeAndre - trotz tragischem Beziehungsende nach Lotterers Wechsel zu Porsche. Candlelight-Dinner, gemeinsame E-Scooter-Fahrten, eine Eistonne und ein gemeinsames Hotelzimmer haben diese Beziehung geprägt und uns immer wieder etwas zu schmunzeln gegeben.

Was erwartet uns im neuen Jahr?

Timo Pape: Viele packende Rennen mit unterschiedlichen Fahrern und Teams auf dem Podium. Mit Seoul, Jakarta und London erwarten und sicher auch drei neue Perlen im Rennkalender. Zudem freue ich mich auf viele Vor-Ort-Rennen, Paddock-Geflüster und interessante Gespräche mit Fahrern, Teamvertretern und Medienkollegen.

Tobias Bluhm: Ich freue mich 2020 auf ein hoffentlich sehr ausgeglichenes Fahrerfeld. Das Diriyya-Rennen hat Lust auf mehr gemacht - und noch immer weiß niemand so wirklich, wie die Karten in Saison 6 gemischt sind. Man darf hoffen, dass die Rennen vielleicht sogar noch umkämpfter werden als 2019.

Tobias Wirtz: Das Jahr wird ähnlich wie 2019, nur sind dieses Mal zwei Fahrzeuge mehr am Start. Es gibt also ein ausgeglichenes Fahrerfeld und mehr als ein Dutzend verschiedene Sieg-Kandidaten von mindestens zehn verschiedenen Teams. Dazu sind mit Seoul und Jakarta zwei tolle neue Städte und mit London eine beeindruckende Location für das Saisonfinale in den Kalender eingezogen.

Svenja König: Für 2020 können wir viel erwarten! Neue Austragungsorte in London, Seoul und Jakarta sowie alte Bekannte, die fast schon Tradition haben. Ich erhoffe mir noch engeren Motorsport und einen Titelkampf, der erst in der letzten Kurve entschieden wird!

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