Formel E

Power-Ranking: Unsere Fahrer-Bewertung nach dem Rom E-Prix

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Die Formel-E-Saison 2018/19 nimmt Fahrt auf. Der Geox Rom E-Prix 2019 bildete am vergangenen Wochenende das erste Rennen der "Europa-Saison" im Rennkalender der Elektroserie, in der (mit Ausnahme vom Bern E-Prix) alle zwei Wochen ein Meisterschaftslauf in einer anderen Stadt auf dem Plan steht. Mit Mitch Evans (Jaguar) gewann allerdings erst zum zweiten Mal in dieser Saison ausgerechnet ein Nicht-Europäer in der Formel E. Der Neuseeländer setzte sich nach einem harten Kampf gegen Andre Lotterer (DS) durch und sicherte sich nach 29 Runden den ersten Sieg seiner Formel-E-Karriere.

Nach den ersten sieben Läufen der Saison bleibt die Situation in der Fahrermeisterschaft damit weiterhin spannender denn je. Gerade einmal ein Punkt trennt Jerome d'Ambrosio (Mahindra) auf Platz 1 der Fahrerwertung von seinem engsten Verfolger Antonio Felix da Costa (BMW). Dieser liegt seines Zeichens selbst nur zwei Punkte vor Lotterer, der wiederum Evans, Lucas di Grassi (Audi), Robin Frijns, Sam Bird (beide Virgin), Jean-Eric Vergne (DS) und Edo Mortara (Venturi) innerhalb von zehn Punkten im Nacken sitzen hat. Kurzum: Auch nach dem ersten Europa-Rennen steht in der Formel E quasi alles auf null.

Welche Fahrer nichtsdestotrotz aktuell in der Erfolgsspur sind, versucht unser e-Formel.de Power-Ranking festzustellen. Nach jedem Rennen bewerten unsere Redakteure hierfür die Einzelleistungen aller Fahrer - ganz unabhängig vom Material oder unverschuldeten Ausfällen und vollkommen subjektiv. Starke Rennen mit unzureichenden Ergebnissen können somit wertgeschätzt werden, auch wenn unsere Bewertung selbstverständlich keine Aussagekraft über die tatsächliche Meisterschaftssituation treffen kann und soll.

Die Einzelwertungen werden für jeweils drei Rennen beibehalten, um einen Performance-Trend darstellen zu können. Auch die E-Prix von Hongkong und Sanya spielen im aktuellen Ranking also noch eine Rolle. Eine ausführliche Erklärung der Berechnung unseres Power-Rankings haben wir dir auf Deutsch und Englisch bereitgestellt. Wie zuletzt bekommen wir auch in dieser Ausgabe des Power-Rankings Unterstützung von einem unabhängigen Medienkollegen außerhalb unserer Redaktion. Dieses Mal hat ZDF-Kommentator Gari Paubandt, der am Wochenende das Rennen im Zweiten Deutschen Fernsehen begleitete, seine Einschätzung zum E-Prix eingereicht.

Das e-Formel.de Power-Ranking nach dem Rom E-Prix

Tageswertung: 8.4 Punkte | Gesamtwertung: 8.1 Punkte

Dass man mit DS Techeetah in dieser Saison immer rechnen muss, stellte das chinesische Team in den letzten drei Rennen wiederholt unter Beweis. Erneut kämpfte Andre Lotterer in Rom um den Sieg mit - und erneut unterlag er seinem Rivalen knapp. In Anbetracht dessen, dass DS die letzten E-Prix in Hongkong, China und Italien allesamt fast gewinnen konnte (oder gewann), ist es wohl dennoch berechtigt zu behaupten, dass die Schwarz-Goldenen endgültig im Kampf um die Teammeisterschaft angekommen sind.

Selbstverständlich profitierte in Rom auch Lotterer von dem Material, das ihm zur Verfügung stand. In der eng gestaffelten Teamwertung zeugt es dennoch von fahrerischem Können, das Fahrzeug in die richtige Ausgangsposition für den Kampf um den Rennsieg zu bringen. Anders als in der letzten Saison, dem ersten "Lehrjahr" Lotterers bei Techeetah, schaffte er es im Verlauf dieser Saison schon mehrmals, seinen Teamkollegen Vergne in den Schatten zu stellen. So auch im Hongkong und Rom. Mit ihm ist zweifelsohne im weiteren Verlauf der Saison zu rechnen.

Tageswertung: 2.6 Punkte | Gesamtwertung: 6.0 Punkte

Nach zunächst fünf aufeinanderfolgenden punktlosen Rennen ist auch Oliver Rowland endgültig in der Formel E angekommen. 82 Prozent der Punkte auf seinem Meisterschaftskonto sammelte er allein in den letzten zwei Rennen. Es könnten sogar deutlich mehr sein - mit den verpassten Zählern aus Hongkong, wo er den E-Prix in der Startphase sogar anführte. In Rom startete der Brite nach einem Fehler auf seiner Qualifying-Runde, bei dem er in Kurve 2 die Wand touchierte und sein Auto beschädigte, von Platz 10. Im Rennen machte er bereits am Start vier Plätze gut.

Nach der Rot-Unterbrechung holte Rowland jedoch keine Plätze mehr auf. Sicherlich lieferten Rowland und Nissan e.dams in dieser Saison schon bessere Rennen. Doch am Ende zählt, dass der 24-Jährige erneut in die Top 10 fahren konnte. Weiterhin hält er damit den Anschluss an die Spitzengruppe in der Meisterschaft. Ein klarer Titelkandidat ist er (noch) nicht, aber ein Mittelfeld-Fahrer ist Rowland in seiner aktuellen Form noch viel weniger.

Tageswertung: 8.6 Punkte | Gesamtwertung: 4.9 Punkte

Nahezu ungeachtet der Fernsehbilder lieferte Stoffel Vandoorne in Rom das wohl beste Rennen seiner noch kurzen Formel-E-Karriere. Erneut zeigte der HWA-Mann, dass im Venturi-Antriebsstrang besonders im Qualifying viel Performance schlummert. Wieder - auch bedingt durch die Streckenverhältnisse - zog Vandoorne in das Super-Pole-Shoot-out ein. Im Rennen machte er sogar noch eine Positionen gut.

Nach der Enttäuschung von Sanya ist es für den Belgier umso wichtiger, dass er in Rom sein erstes Podiumsergebnis der Saison einfahren konnte. Ohnehin gilt ein Zieleinlauf in diesem Jahr als Erfolg für die von Unzuverlässigkeit gebeutelten Venturi-Fahrzeuge. Dass Vandoorne, der als einziger der Venturi-Fahrer tatsächliche "Race Pace" zeigen konnte, noch zudem auf dem Treppchen feiern konnte, ist das Ergebnis seiner eigenen Fahrleistung, die in Rom zum ersten Mal seit dem Santiago E-Prix klar zum Vorschein kam. Mit einem zuverlässigeren Auto wäre Vandoorne zweifelsohne einer der bessergestellten Kandidaten in den Top 10.

Tageswertung: 6.8 Punkte | Gesamtwertung: 4.7 Punkte

Noch viel unauffälliger als Vandoornes Rennen verlief der Rom E-Prix für Virgin-Mann Robin Frijns. In dieser Saison läuft es für der Niederländer entweder ganz oder gar nicht: Kam er nicht in die Top 5 eines Rennens, blieb er bislang immer außerhalb der Punkteränge. In Italien erreichte er ausgehend von Startposition 8 einen soliden vierten Platz, der ihm zwölf Meisterschaftspunkte und den Anschluss an die Spitzengruppe der Fahrerwertung bescherte. Nach Platz 3 in Hongkong und Platz 4 in Rom liegt er gerade einmal elf Punkte hinter dem Führenden d'Ambrosio.

Im Kern von Frijns' Rom-Rennen stand das Duell gegen den Nissan von Sebastien Buemi. Besonders auf den Geraden scheinen die Japaner mit ihrem Doppelmotor ein Geheimrezept gefunden zu haben, was das Überholen auch in Rom schwierig machte. Rundenlang kämpfte das Duo gegeneinander - letztlich mit dem besseren Ende für Frijns.

Tageswertung: 10.0 Punkte | Gesamtwertung: 4.4 Punkte

Nach zweieinhalb Jahren in der Formel E darf sich nach dem letzten Wochenende endlich auch Mitch Evans als Rennsieger in der Elektroserie bezeichnen. Hinter seiner Triumphfahrt in den Straßen Roms steht jedoch mehr als nur das gewisse Quäntchen Glück: Jahrelange harte Arbeit, Grips, Teamwork, Ausdauer, Geduld und reines fahrerisches Talent waren seinem Erfolg vorausgegangen - bislang aber ohne den seiner Leistung entsprechenden Erfolg. Egal, welchem Team man die Daumen drückt: Es führt wohl kein Weg daran vorbei, sich nicht für den Neuseeländer zu freuen.

Bereits in den letzten Wochen, Monaten und Jahren deutete sich Evans' Erfolg an. In Diriyya fuhr er zuletzt um gute Punkte mit, in Hongkong fehlte das Glück. Nun bekam er in seinem ersten "tadellosen Wochenende", das in der Formel entscheidend für den Erfolg ist, erstmals die Chance, sein Talent unter Beweis zu stellen. Er begegnete dem erfahrenen DS-Piloten Andre Lotterer auf Augenhöhe und setzte sich, während er das Potenzial seines Jaguar-Renners weit übertraf, im direkten Duell gegen den Deutschen durch.

Der erste Sieg ist wie immer der schwerste. Sicherlich wird daher auch in der nächsten Zeit mit der "Raubkatze" zu rechnen sein. Neben Jaguars größter Punkteausbeute und dem ersten Formel-E-Sieg gibt es zudem noch einen weiteren Grund zur Freude: Evans ist der erste Fahrer, der von unserem Panel die absolute die perfekte Durchschnittswertung von 10 Punkten im Power-Ranking erhält. Herzlichen Glückwunsch!

Tageswertung: 3.6 Punkte | Gesamtwertung: 3.8 Punkte

Im Power-Ranking verliert Lucas di Grassi mit einem mehr oder weniger enttäuschenden Wochenende vier Positionen. Der Brasilianer wurde in Qualifying-Gruppe 1 Opfer des Regens vor dem Zeitfahren, wodurch er auf seiner schnellen Runde einer der fünf Fahrer mit den offensichtlich schlechtesten Streckenbedingungen in Rom wurde. Nachdem er nur von Platz 13 ins Rennen starten konnte, ist sein siebter Rang durchaus als Erfolg zu werten. Gerade in Anbetracht der knappen Meisterschaftslage könnten diese sechs Punkte am Ende des Jahres entscheidend sein. Trotzdem: Es gab in dieser Saison schon bessere Rennen des Brasilianers.

 

Tageswertung: 0.4 Punkte | Gesamtwertung: 3.2 Punkte

Die emotionale Berg- und Talfahrt für Jean-Eric Vergne ist eine der Geschichten der Formel-E-Saison 2018/19. Nach dem Desaster von Hongkong und der Triumphfahrt von Sanya ist der amtierende Champion wieder bei seiner mittelprächtigen Form aus den Südamerika-Rennen angekommen. Im wohl schnellsten Auto des Feldes wurde er von seinem Teamkollegen Andre Lotterer vorgeführt. Während der Deutsche zeigte, dass DS Techeetah durchaus um den Sieg mitkämpfen konnte, dümpelte Vergne im Mittelfeld umher und wurde nur als 14. gewertet.

Womöglich hadert Vergne zu viel mit dem Nachteil der Qualifying-Gruppe 1. Im Rennen fuhr er nach einem passablen Start und dem Lopez-Chaos in der ersten Runde über längere Strecken in den Top-10-Punkterängen, ehe er durch eine unnötige Strafe für unerlaubtes Überholen unter Full-Course-Yellow-Bedingungen aus den Punkten gespült wurde und dabei auch die Extra-Zähler für die bis dahin schnellste Rennrunde verlor. Kurzum: Ein frustrierendes Rennen für Vergne, der nun fünf vier hinter seinem Teamkollegen in der Fahrerwertung steht. Für die Mission Titelverteidigung bleiben ihm aber noch sechs Rennen.

Tageswertung: 0.0 Punkte | Gesamtwertung: 2.9 Punkte

Nach dem Schock-Sieg von Hongkong ist auch Mortara zurück im Mittelfeld der Formel E angekommen. Der 32-Jährige wurde, wie auch sein Teamkollege Massa, in Rom zum Opfer der Unzuverlässigkeit der Venturi-Antriebswelle, die ihn in Rennrunde 8 auf Platz 7 liegend im Stich ließ und zu seiner ersten Rennaufgabe der Saison führte. Ärgerlich ist der Ausfall allemal, jedoch zeigte der Schweizer auch in den gezeiteten Trainings- und Qualifying-Sessions nur Leistungen, die gerade so für die Top-10-Ränge ausreichten.

Ähnlich wie bei Vandoorne gilt: An einem guten Tag kann Mortara um Top-Ergebnisse kämpfen. Der Mix aus Pech, dem Technik-Streik und der Unterlegenheit gegenüber seiner Konkurrenz führte in Rom jedoch zu keinem zufriedenstellenden Rennwochenende. Es wird interessant zu sehen sein, welche Leistungen der Schweizer in den verbleibenden E-Prix dieser Saison erbringen kann. Das erklärte Ziel bis zum New-York-Saisonfinale ist aber wohl schon jetzt weniger ein Angriff auf die Top 5, sondern eher der "Klassenerhalt" in den Top-10-Positionen der Fahrerwertung.

Tageswertung: 0.6 Punkte | Gesamtwertung: 2.7 Punkte

Von Platz 11 ausgehend klingt ein Zieleinlauf auf Rang 9 nicht schlecht. Da beide Dragon und Venturi, die vor ihm gestartet waren, aber im Verlauf des Rennens aus den Punkten fielen, wäre im E-Prix von Rom für Antonio Felix da Costa wohl mehr drin gewesen. Ohne Frage sind die Punkte wichtig, gerade da er auf Platz 2 in der Fahrermeisterschaft einer der heißesten Kandidaten für den Titel ist. Von der bei den Pre-Season-Tests in Valencia erhofften Pace ist der Portugiese nichtsdestotrotz noch weit entfernt.

Tageswertung: 5.4 Punkte | Gesamtwertung: 2.6 Punkte

Die Formel E hat nach dem Rom E-Prix 2019 einen neuen Führenden in der Fahrerwertung: Jerome d'Ambrosio. Dem Belgier reichte auf dem Weg an die Spitze ein achter Platz im Rennen, durch den er sich an Felix da Costa auf den ersten Rang im Zwischenstand vorbeischob. Nach dem Qualifying hätte ein derartiges Ergebnis wohl niemand mehr für möglich gehalten: Elf Fahrer musste er im Verlauf des Rennens, das er von Rang 19 aufnahm, überholen.

Da auch sein Teamkollege Pascal Wehrlein Boden gutmachte, hat d'Ambrosio sein Ergebnis wohl auch seinem Fahrzeug zu verdanken. Unabhängig davon spielte aber auch die fahrerische Komponente in seinem Rennen eine große Rolle. Die letzten Rennen zeigten nämlich, dass Mahindra seit dem Marrakesch-Rennsieg nicht mehr an die Performance vom Saisonstart anknüpfen konnte. Umso beeindruckender ist d'Ambrosios Aufholjagd, nach der er durchaus verdient die Spitze in der Meisterschaft übernahm.

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