Formel E

Red-Bull-Motorsportberater Marko: Formel E "nur eine Ablenkung vom Diesel-Skandal"

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Obwohl allein im aktuellen Formel-E-Fahrerfeld vier ehemalige oder aktive Piloten aus dem Nachwuchsprogramm von Red Bull Racing antreten, ist die österreichische Getränkefirma noch nicht mit einem eigenen Sponsoring-Programm in der Elektroserie vertreten. Dass sich das in den kommenden Jahren wahrscheinlich auch nicht ändern wird, dürfte spätestens seit neuesten Aussagen von Red-Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko klar sein. Bei 'Motorsport.com' zog der Österreicher kürzlich über die Formel E her - und bewies dabei einmal mehr, wie viele falsche Annahmen über die Elektroserie noch immer im Umlauf sind.

"Die Formel E ist einfach nur eine Marketing-Entschuldigung der Automobilindustrie, um vom Diesel-Skandal abzulenken", poltert Marko im Interview. "Unter dem Strich sind Diesel-Motoren einfach die effizientesten Antriebe. Am Anfang lagen die Kosten in der Formel E bei acht Millionen (Euro). Inzwischen sind es weit über 20 Millionen. Wenn mit Porsche und Mercedes die wirklich Großen dazukommen, wird der Preis noch weiter steigen."

Die Formel E sei "wie die Formel 3 mit einer 400 Kilogramm schweren Batterie", so Marko. Es gehe nicht darum, wer der schnellste Fahrer sei, sondern wer am meisten Energie sparen könne. "Und (die Autos) sind so langsam. Die Formel E sieht nur attraktiv aus, weil sie auf diesen engen Straßenkursen fahren. Das ist der größte Vorteil der Formel E als Super-Marketing-Gag: Sie sind mitten in den Städten."

"Du musst deine Freundin fragen, ob sie lieber nach Spa (-Francorchamps) oder New York will. Das ist das Grundkonzept der Formel E: zu den Leuten gehen." Die Fernsehübertragungen würden nur wenig Außendarstellung generieren. "Und wenn die Budgets dann in die Richtung von 40, 50 Millionen gehen, wird mindestens ein Hersteller Fünfter oder Sechster in der Meisterschaft sein. Wenn das passiert, wird die Euphorie schnell vorbei sein, befürchte ich."

Fakten-Check: Marko baut sich seine Welt, wie sie ihm gefällt

Wenngleich jeder "Motorsport-Purist", wie Marko sich und den Rennsport-Zweig von Red Bull betitelt, selbstverständlich eigene Meinungen entfalten darf, sei an dieser Stelle angemerkt, dass ein Großteil von Markos Positionen auf falschen Informationen beruht. Beispielsweise ist die Batterie der Formel E mit einem Gewicht von 385 Kilogramm zwar zweifelsohne die schwerste Komponente der Formel-E-Fahrzeuge, jedoch hat das Gewicht des Akkus nicht annähernd so schwerwiegende Auswirkungen auf die Performance des Autos, wie es Markos Formel-3-Vergleich darstellt.

Auch die Behauptung, dass Diesel-Motoren die effizientesten Antriebe seien, ist falsch. Neuere Diesel-Fahrzeuge erreichen mit Direkteinspritzung und Turboaufladung im besten Fall Wirkungsgrade von circa 40 Prozent - ein Formel-E-Elektromotor operierte bereits vor zwei Jahren bei Wirkungsgraden von mehr als 92 Prozent (ein neuerer Wert ist uns nicht bekannt). Auch die effizientesten Benziner aus der Formel 1 setzen nur 50 Prozent der im Sprit enthaltenen Energie in Leistung um.

Auch die Anschuldigung, dass die Formel E von der Automobil-Industrie als Ablenkungsmanöver vom Diesel-Skandal genutzt werde, darf zumindest angezweifelt werden. Immerhin wurde der "Abgasskandal" erst im September 2015 bekannt - lange nach der Gründung der Formel E und dem ersten "Commitment" von Herstellern wie Audi oder Renault. Selbstverständlich erhoffen sich Mercedes, Porsche und Co. wohl auch einen Image-Vorteil vom Formel-E-Einstieg - der einzige Grund für ihren Beitritt ist dieser wohl aber nicht.

Di Grassi: "Helmut Marko erinnert mich an meinen Opa!"

Helmut Markos Aussagen erinnern an die Kontroverse um das Jacques-Villeneuve-Interview vor wenigen Wochen, in dem der Kanadier ähnlich über die Formel E herzog. Pikant damals: Villeneuve startete einst selbst in der Elektroserie. In Formel-E-Kreisen und in den sozialen Netzwerken wurden die Behauptungen von Helmut Marko indes mit Humor und einer gewissen Routine aufgenommen: "Wir haben uns das mal gespeichert, falls wir es später noch mal brauchen", kommentierte beispielsweise die Formel E mit einem Augenzwinkern über ihren offiziellen Twitter-Kanal.

Audi-Stammfahrer Lucas di Grassi verglich Marko seines Zeichens mit seinem eigenen Großvater: "Wie er redet, erinnert mich an meinen Opa, der sich darüber beschwert, dass die Dinge nicht mehr wie in den 'guten alten Zeiten' sind", twitterte der Brasilianer am Freitag. Aber: "Wenigstens spricht er seine Meinung gerade heraus, das gefällt mir."

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