Formel E

Zurück im Reich der Mitte: Die Formel-E-Vorschau zum Sanya E-Prix 2019

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Zum ersten Mal seit rund dreieinhalb Jahren kehrt die Formel E am kommenden Wochenende nach China zurück. Dabei wird allerdings nicht die Hauptstadt Peking, in der 2014 unter anderem der erste E-Prix in der Geschichte stattfand, sondern der malerische Badeort Sanya zum Schauplatz des einzigen China-Laufs im Rennkalender von Saison 5.

Die Stadt auf der tropischen Insel Hainan stellt eine von drei vollkommen neuen und unbekannten Strecken in der laufenden Saison. Vor dem E-Prix könnte die Ausgangslage kaum spannender sein: Edoardo Mortara (Venturi) wurde durch die nachträgliche Strafe gegen den ursprünglichen Hongkong-Rennsieger Sam Bird (Virgin) zum fünften Sieger im fünften Rennen der Saison. Die Situation auf den vorderen Plätzen der Meisterschaftswertung spitzt sich dadurch weiter zu, denn die vier Topfahrer liegen innerhalb von vier Punkten. Was du vor dem "2019 FWD Sanya E-Prix" noch wissen musst, erfährst du in unserer Vorschau.

Stadt, Land, Fluss…

Sanya liegt nur wenige Flugstunden von Hongkong entfernt auf der Insel Hainan im Süden der Volksrepublik China. In den vergangenen zehn Jahren entwickelte sich der Ort mit seinen weißen Sandstränden am Südchinesischen Meer und dem tropischen Klima zu einem beliebten Ziel für Touristen aus aller Welt. Allein der Flughafen Sanyas zählte 2017 knapp 20 Millionen Gäste.

Dennoch ist der Ort an der Südspitze der Insel schon weitaus länger besiedelt. Erste archäologische Funde, die auf eine Bevölkerung durch Menschen schließen lassen, werden auf die Jahre 221 bis 206 v. Chr. datiert. Sanya etablierte sich aufgrund seiner weiten Entfernung von Peking im Laufe der Jahrhunderte als Exil für politische Gegner der Regierung und wurde später zu einem buddhistischen Glaubenszentrum. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde 2005 eine der größten Statuen der Welt in Sanya fertiggestellt: die 108 Meter hohe Guanyin-Statue, die einen buddhistischen Bodhisattva darstellt.

Was seit dem letzten Saisonlauf passiert ist

Die zweiwöchige Pause zwischen dem letzten E-Prix in Hongkong und dem Sanya-Lauf bot der Formel E nur wenige Gelegenheiten für große Ankündigungen. Entsprechend ruhig bliebt der "Newsflow". Hinter den Kulissen fängt bei den ersten Rennteams dennoch schon jetzt die Vorbereitung auf die kommende Saison an. Berichten zufolge haben DS und Mahindra bereits ihre Antriebe für die Saison 2019/20 getestet. Auch Porsche testete schon mit seinem ersten Formel-E-Renner und wird demnächst Brendon Hartley ins Programm einbeziehen. Davon abgesehen stieß Lucas di Grassi die Diskussion über ein Mindestgewicht in der Formel E an.

Zeitplan 2019 (alle Angaben in MEZ)

00:30 - 01:15 Uhr - 1. Freies Training
02:35 - 03:05 Uhr - 2. Freies Training
04:20 - 05:25 Uhr - Qualifying
08:04 - 08:50 Uhr - Rennen (45 min + 1 Runde)

Zusätzlich zur Formel E absolviert auch die Jaguar I-Pace eTrophy in Sanya ihren vierten Saisonlauf. Um 1:35 Uhr deutscher Zeit trägt die Serie im Formel-E-Rahmenprogramm auf derselben Strecke ihr Qualifying aus. Rennstart des knapp halbstündigen Rennens (25 Minuten + 1 Runde) ist um 6 Uhr deutscher Zeit, live zu sehen im Stream auf ran.de.

Strecke

"Umgedrehtes New York", "kleiner Bruder von Hongkong", "die Zapfpistole": Der neue Kurs in Sanya hat bereits vor dem ersten Rennen viele Spitznamen im Internet bekommen. Auf insgesamt 2,236 Kilometern windet sich die Piste um einen Hotelkomplex im Osten der Stadt, der der Formel E wohl eine beeindruckende Kulisse liefern wird. Insgesamt elf Kurven warten auf die Fahrer, darunter mehrere 90-Grad-Knicks, geschwungene Kurvenkombinationen und drei Haarnadelkurven.

Wieder einmal werden die Start- und Ziellinie voneinander getrennt. Während das Rennen auf einer langen Geraden auf einer Brücke über dem Longjianggang-Fluss startet, wird der E-Prix in der Nähe des Atlantis-Hotels mit der karierten Flagge beendet. Wie genau die einzelnen Kurven designt sind, ist derzeit nur schwer abzusehen. Möglicherweise wird sich die Haarnadelkurve 8, die hinter einer der längsten Geraden im Rennkalender 2018/19 liegt, als beste Überholmöglichkeit der Strecke entpuppen. Die Attack-Zone befindet sich auf der Außenbahn von Kurve 3.

Die Formel E im TV bei Eurosport & im ARD-Live-Stream

Wie zuletzt in Hongkong werden Formel-E-Fans in Deutschland mit gleich zwei verschiedenen Übertragungen verwöhnt. Wie gewohnt zeigt Eurosport 1 den E-Prix am kommenden Samstagmorgen ab 7:45 Uhr live im Free-TV. Auch die Qualifikation überträgt der Sportsender live und geht um 4:15 Uhr, also fünf Minuten vor Beginn des Qualifyings, "on air".

Erneut bietet die ARD im Rahmen der Sportschau zudem einen kostenlosen Online-Stream an, in dem das Rennen ab 8 Uhr zu verfolgen ist. Die beiden Freien Trainings sind wie gewohnt im englischsprachigen Stream über die offiziellen YouTube- und Facebook-Kanäle der Formel E im Internet zu sehen - wir bieten dir das Live-Streaming wie immer auf e-Formel.de an. Auch im kostenpflichtigen Eurosport Player ist die Formel E mit all ihren Sessions zu verfolgen.

Traditionsgemäß bietet e-Formel.de zu jeder Session außerdem einen Live-Ticker an, der sich ideal als Second-Screen während der Fernsehübertragungen eignet oder dich mit allen Informationen versorgt, wenn du die Sessions nicht im Live-Bild verfolgen kannst. Über unseren hauseigenen WhatsApp-Formel-E-Service verpasst du ebenfalls nichts aus Sanya - melde dich noch heute an!

Wetter

Nach dem Regen-Chaos am Renntag in Hongkong könnte es in Sanya erneut regnen. Noch ist es selbstverständlich zu früh, um das Wetter genau vorherzusagen. Dennoch melden mehrere Wetterdienste, dass es am Renntag zumindest stark bewölkt sein könnte. Mit einer enorm hohen Luftfeuchtigkeit sind über den Tag verteilt einzelne Gewitter und Regenschauer möglich, die sich auch noch kurz vor Rennstart über die Strecke ergießen könnten. Durch die Streckenlage direkt am Meer lassen sich jedoch keine genauen Vorhersagen treffen.

Sanya: Fast Facts

  • Sanya ist besonders bei chinesischen Paaren als Ziel für die Flitterwochen beliebt. Seit mehreren Jahrhunderten trägt der Ort den Spitznamen "Tianya Haijiao", was frei übersetzt "das Ende von Himmel und Ozean" oder "das Ende der Welt" bedeutet. Reist ein Paar an diesen Ort, heißt es, könne es von nichts mehr getrennt werden.
  • Zwischen 2003 und 2007 sowie 2010, 2015, 2017 und 2018 fanden die Wahlen zur "Miss World" in Sanya statt. Derzeit hat die 27-Jährige Mexikanerin Vanessa Ponce diesen Titel inne.
  • Sanya ist die 21. Stadt, in der die Formel E einen Meisterschaftslauf austrägt. In China fanden zuvor Rennen in Peking und Hongkong statt (wenngleich Hongkong als Sonderverwaltungszone selbstverständlich eine besondere Stellung einnimmt).
  • Trotz insgesamt zwölf Starts in der Formel E sind chinesische Fahrer bislang punktlos. Weder Ma Qing Hua (9 Rennen) noch Ho-Pin Tung (3 Rennen) kamen bei ihren E-Prix in die Punkte.
  • China hat laut Schätzungen der UN mit 1,418 Milliarden Bürgern die derzeit größte Bevölkerung eines Landes auf der Erde. Würde man jedem Chinesen ein Formel-E-Auto zur Verfügung stellen, wäre die Schlange 7,317 Millionen Kilometer lang - ein Stau, der ziemlich genau 19 Mal so lang wäre wie die Distanz zwischen Erde und Mond.

Tobi Bluhms Prognose

Die Formel E ist nach dem Hongkong-Lauf spannender denn je. Wer behauptet, einen haargenauen Tipp über den Ausgang des Sanya E-Prix abgeben zu können, lügt: Virgin und Audi stehen quasi punktgleich an der Spitze der Teamwertung, doch auch Mahindra, Nissan, DS und BMW sollten nicht außer Acht gelassen werden. Hinzu kommt die Ungewissheit der neuen Strecke in Sanya, auf der noch kein Fahrzeug eine einzige Runde absolviert hat.

Erneut wird es - so viel ist sicher - maßgeblich auf die Qualifikation ankommen. Durch die Nähe zum Meer könnte Sand beziehungsweise Staub, der sich zwischen dem 2. Freien Training und der Qualifikation auf der Strecke absetzt, wie zuletzt in Santiago zu einem großen Thema werden. Die erste Qualifying-Gruppe ist dadurch in der Theorie benachteiligt, da sie die Strecke für die Konkurrenz "sauber fahren" und mit den schlechtesten Bedingungen kämpfen muss.

Unter den richtigen Umständen - zum Beispiel einem guten Qualifying-Resultat - kann es in dieser Saison dennoch jedes Team in die Top 5 schaffen. Erneut gilt es, die vermeintlichen "Underdogs" HWA, NIO und Dragon im Auge zu behalten, die aus den hinteren Qualifikationsgruppen mit einer guten Startposition respektable Ergebnisse einfahren wollen. Im Kampf um den Rennsieg spielen sie allerdings wohl keine Rolle.

Nissan will nach dem zweiten Doppel-Ausfall in Folge endlich auf das Podium, Audi und Virgin duellieren sich um die Oberhand im Antriebsstrang-internen Duell, DS und BMW müssen an die gute Performance vom Saisonstart anknüpfen. Und was ist eigentlich mit dem Venturi-Team, das mit dem Schwung des ersten Rennsiegs nach Sanya reist? Kurzum: Alles ist möglich. Wer sich in China ein gutes Ergebnis sichert, wird zudem Motivation und das berühmte Momentum in den Europa-Abschnitt der Saison mitnehmen, in dem Selbstbewusstsein und ein psychologischer Vorteil entscheidend sein können. Freuen wir uns auf den Sanya E-Prix!

Erinnerung: e-Formel.de bietet auch in der Saison 2018/19 ein Tippspiel zur Formel E an. Wer bei unserer kostenlosen Community-Tippspiel-Runde mitmachen möchte, hat noch bis zum Wochenende Zeit, seine Tipps abzugeben oder sich gegebenenfalls neu anzumelden.

Foto: Unsplash / Denny Ryanto 

VIDEO: Die Highlights des Peking E-Prix 2015

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