Formel E

Formel E: Montreal-Rennen 2018 abgesagt, Saisonfinale in New York?

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Lange hat es sich angedeutet, nun ist es offiziell: Der Montreal E-Prix im Sommer 2018 wurde abgesagt. Das bestätigte Montreals Bürgermeisterin Valerie Plante im Rahmen einer Pressekonferenz am Montagabend. Hintergrund der Absage seien das "finanzielle Fiasko", das die Formel E ausgelöst habe, und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Formel E auf die Stadt. Eine mögliche Rückkehr des Rennens im Jahr 2019, über die bis zuletzt spekuliert wurde, ist nicht geplant.

Nach dem Sao Paulo E-Prix ist das Event in Montreal schon das zweite Formel-E-Rennen der laufenden Saison, das kurzfristig abgesagt werden muss. Für den Brasilien-Lauf im März fand die Elektroserie mit Punta del Este in Uruguay einen schnellen Ersatz. Dass die Formel E für das Saisonfinale 2018 nun allerdings auch noch eine Alternativ-Location findet, scheint im Moment eher unrealistisch. Die Formel-E-Saison 2017/18 könnte also bereits nach dem New York E-Prix am 15. Juni 2018 zu Ende gehen.

"Schon vor meiner Wahl im November habe ich klar gesagt: Das E-Rennen wird 2018 auf gar keinen Fall am selben Ort und mit dem gleichen Finanzplan stattfinden", erklärt Plante der Presse. Ihr Vorgänger Denis Coderre hatte das Formel-E-Rennen, obwohl die Serie üblicherweise selbst für alle Kosten aufkommt, ausschließlich aus Steuergeldern finanzieren lassen. "Erst als ich mein Amt angetreten habe, wurde mir jedoch bewusst, wie schockierend der alte Deal für die Montrealer ist", kommentiert Plante später in einem Tweet.

Verlegung auf 2019 "keine Option"

Die Entscheidung zur Absage des Rennens fiel laut der kanadischen Tageszeitung 'Le Journal der Quebec' bereits am vergangenen Freitag im Beisein des stellvertretenden Formel-E-Geschäftsführers Alberto Longo. Plante unterbreitete dem Spanier laut eigener Aussage den Vorschlag, das Rennen auf die wenige Kilometer entfernte Formel-1-Strecke zu verlegen oder es um ein Jahr zu verschieben. Beide Optionen seien allerdings nicht im Interesse der Formel E gewesen, zumal der Formel-1-Kurs aufgrund von Sanierungsarbeiten im Boxengassen-Komplex ohnehin nicht verfügbar gewesen wäre.

"Die Verantwortlichen der Formel E haben erklärt, dass sie das Event 2018 nicht ausfallen lassen wollen, da sie eine Verantwortung gegenüber ihren Anteilseignern haben. Ich erinnerte sie daran, dass ich Verantwortung gegenüber den Bürgern von Montreal habe", twitterte Plante nach der Pressekonferenz weiter. "Hier müssen wir eine klare Linie ziehen. Unter diesen Bedingungen kommt die Formel E nicht zurück nach Montreal."

"Wir sind überrascht und enttäuscht von der einseitigen Entscheidung und Ankündigung der Montrealer Bürgermeisterin", erklärt ein Formel-E-Sprecher indes bei 'Motorsport.com'. "Das ist ein klarer Fall von einer neuen Administration, die das rückgängig macht, was der vorherige Bürgermeister erreicht hat. Wir haben den Fall an unsere Rechtsberatung in Kanada weitergeleitet, weswegen wir im Moment keine weiteren Informationen geben können."

Ferner scheint weiterhin Unklarheit über die Zuständigkeiten zu herrschen: Während sich die Formel E auf einen bestehenden Drei-Jahres-Vertrag mit Montreal beruft und wegen Vertragsbruchs rechtliche Schritte gegen die Administration einleiten könnte, beteuert Plante, dass der einzige Vertrag zwischen dem Veranstalter "Montreal c'est electrique" (MCE) und der Formel E bestehe. Auch hier droht wohl noch eine rechtliche Nachspielzeit...

Plante verspricht "transparenten" finanziellen Bericht

Ersten Berechnungen des Stadtrates zufolge würde eine weitere Ausgabe des Formel-E-Laufs die Stadt bis zu 23 Millionen Euro kosten. Wie diese Summe zustande kommt, liegt uns derzeit nicht vor. Doch Plante kündigt an: "Wir bemühen uns, größte Transparenz zu zeigen, und werden den finanziellen Bericht der Formel E veröffentlichen."

Allein der Veranstalter schulde der Elektroserie, obwohl ihm die Stadt gemeinsam mit der Provinz Quebec mehrere Finanzspritzen in Höhe von rund acht Millionen Euro verabreichte, mehr als vier Millionen Euro. Insgesamt habe das Rennen statt den erwarteten 16 Millionen ganze 26 Millionen Euro gekostet, heißt es.

MCE weist die Schuld inzwischen jedoch teilweise von sich und erklärte in einem Statement, dass von den versprochenen Finanzhilfen der Regierung "nicht immer alles ankam". Die Ausgaben von MCE seien im Zuge dessen durch Sparmaßnahmen um rund 1,3 Millionen Euro verringert worden. Und: Auch MCE argumentiert, dass der Formel-E-Vertrag zwischen der Stadt Montreal und der Serie abgeschlossen wurde, nicht aber zwischen dem Non-Profit-Unternehmen und der Elektroserie.

Korruptionsvorwürfe: Untersuchung gegen Veranstalter eingeleitet

Den Korruptionsvorwürfen gegen MCE, die im vergangenen Monat auftauchten, hat sich inzwischen das Büro des Montrealer Generealinspekteurs angenommen. MCE wird unerlaubte Vorteilsgewährung vorgeworfen. So soll die Organisation die Stelle des Eventpromoters nicht ausgeschrieben, sondern das Unternehmen evenko, ausgerechnet eine zweite Firma des MCE-Vorsitzenden Sylvain Vincent, ohne Weiteres mit der Promotion des Rennens beauftragt haben (wir berichteten). Sobald wir mehr Informationen zum Verfahren gegen den Rennveranstalter haben, erfährst du sie selbstverständlich zuerst auf e-Formel.de.

Inmitten der unübersichtlichen Schlammschlacht in Montreal scheint zumindest eine Sache festzustehen: Das Formel-E-Finale 2018 wird nicht in der Stadt im Osten Kanadas stattfinden können. Ob die Formel E ihre vierte Saison folglich zwei Wochen zuvor in New York beenden wird oder einen Notfallplan in Kraft setzen kann, um eine Alternative in Nordamerika zu finden, steht noch in den Sternen.

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