Postkarte aus Berlin: Die Paddock-Themen vom Formel-E-Dienstag
Tobias Bluhm
Nachdem die Coronavirus-Pandemie die Formel E vor fünf Monaten zu einer unplanmäßige Saison-Unterbrechung zwang, beendet die Elektrorennserie zwischen dem 5. und 13. August ihr Meisterschaftsjahr 2019/20 mit insgesamt sechs Rennen in Berlin. Was das Fahrerlager am Dienstag vor dem Saisonfinale beschäftigte, erfährst du in unserer ersten "Postkarte aus Berlin".
Der Berlin E-Prix 2020 findet unter besonderen Vorzeichen statt. Einerseits fanden in der noch kurzen Formel-E-Geschichte noch nie so viele Rennen innerhalb von weniger als zwei Wochen statt. Andererseits müssen sich die Teams und Fahrer in Berlin an ein strenges Hygiene-Konzept halten, das die Formel E in den vergangenen Wochen in Absprache mit der FIA und dem örtlichen Gesundheitsamt ausgearbeitet hat. Welche Themen das Paddock am Dienstag beschäftigten, fassen dir unsere Autoren in ihrer ersten "Postkarte aus Berlin" zusammen.
Die ersten Erkenntnisse vom Formel-E-Dienstag in Berlin
>>> Am Dienstagabend um 21 Uhr hielt die Formel-E-Gemeinschaft unter dem Motto "Positively Charged", mit dem sie auch gegen Diskriminierung und für mehr Diversität einsteht, eine Schweigeminute für den bei den Aufbauarbeiten tödlich verletzten Arbeiter Helder Moreira ab. Vertreter der Fahrer, Caterer, Techniker, Ingenieure, Teamchefs, des Sicherheitspersonals und der Streckenarbeiter versammelten sich und bildeten eine Lichterkette. Die Aktion wurde via Live-Stream übertragen.
>>> Aus Angst vor einer COVID-19-Infektion stiegen mehrere Fahrer vor dem Berlin E-Prix nicht in ein Flugzeug. Lucas di Grassi reiste beispielsweise stattdessen mit dem Auto von seinem Wohnort in Monaco nach Neuburg an der Donau, um sich mit dem Team auf das Finale vorzubereiten. Anschließend fuhr der Rennstall gemeinsam nach Berlin.
>>> Noch mal di Grassi: Der Brasilianer hat an einer Studie des Imperial College London teilgenommen, in der seine Hirnwellen, die Augenbewegung und die Körperreaktion beim Autofahren aufgezeichnet wurden. Das Ziel der Studie ist, zu verstehen, wie ein Rennfahrer auf die Straße reagiert. Die hier gewonnenen Erkenntnisse sollen dann bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz für autonomes Fahren verwendet werden.
>>> Die Formel E veröffentlicht zukünftig Videos mit exklusivem Inhalt auf der chinesischen Kurzvideo-Plattform "Kuaishou". Diese gehört Enova Holdings, dem Unternehmen, das die kommerziellen Rechte der Formel E in China besitzt und unter anderem den Sanya E-Prix promotet. Die Formel E baut damit ihre Präsenz in China weiter aus, obwohl der einzige chinesische Fahrer nicht in Berlin antritt.
>>> Alexander Sims unterstützt nachhaltiges Start-up: Der britische BMW-Pilot, der seit vier Jahren auch mit Brille seine Rennen bestreitet, ist seit Kurzem Partner der Firma Coral Eyewear. Das Unternehmen des 20-Jährigen Studenten George Bailey aus Norwich fertigt Brillen und Sonnenbrillen aus Ozean-Plastik an.
>>> Im Land Berlin sind bis Ende August nur Veranstaltungen mit höchstens 1.000 Teilnehmern erlaubt. Die Formel E musste das Personal der Teams daher stark begrenzen. Die Teams sind nur mit 21 Mitarbeitern vor Ort (inklusive Fahrern und Teamchefs). Für den finalen Aufbau der Strecke waren am Dienstag 993 Personen zeitgleich in Berlin beschäftigt, Mittwoch soll diese Zahl planmäßig auf 998 Personen steigen - allerdings werden mindestens zwei Menschen fehlen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. An den "Pause-Tagen" zwischen den Rennen werden voraussichtlich "nur" 814 Mitarbeiter anwesend sein.
>>> Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Methoden: Weil die genauen Streckenführungen in Berlin bis vor zwei Wochen weder den Fans noch den Teams bekannt waren, verließ sich Porsche auf das eigene Bauchgefühl. Als sich die Anzeichen für ein "Rückwärts-Rennen" in Tempelhof verdichteten, entschied sich das Team kurzerhand dafür, die verfügbare Simulator-Strecke vom Berlin E-Prix 2019 umzudrehen und schon vorzeitig mit der Vorbereitung für das Formel-E-Finale zu beginnen. Die gewagte Entscheidung wurde belohnt: Am Mittwoch und Donnerstag finden tatsächlich Rennen auf dem Rückwärts-Layout von 2019 statt.
>>> Jerome d'Ambrosio nutzte die Corona-Zwangspause auf eine ganz besondere Art: Im Rathaus von Monaco gab er vor zwei Wochen Eleonore von Habsburg, der Schwester von DTM-Pilot Ferdinand von Habsburg, das Jawort. Die standesamtliche Zeremonie fand aufgrund der Corona-Pandemie nur im engen Freundes- und Familienkreis statt. Wir gratulieren herzlich!
zusätzliche Berichterstattung durch Tobias Wirtz
Foto: Shivraj Gohil / Spacesuit Media
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