Formel E

Power-Ranking: Die Gesamtwertung nach der Formel-E-Saison 2018/19

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

In vielerlei Hinsicht wird die Formel-E-Saison 2018/19 wohl in die Geschichtsbücher der Elektroserie eingehen. Dank dem vor dem Jahr neu eingeführten Gen2-Fahrzeugmodell, einer höheren Batteriekapazität und sportlichen Neuerungen wie dem Attack-Mode zog die Formel E erneut etliche Zuschauer an die städtischen Rennstrecken in aller Welt und stieß weiter in den Kreis der internationalen Top-Motorsport-Serien vor.

Die neue Generation der Formel E brachte bereits in ihrem ersten Jahr neun verschiedene Sieger aus neun Teams hervor. Insgesamt feierten 16 Piloten ein Podiumsresultat, einzig Dragon und NIO landeten nie in den Top 3. Nach 13 Rennen kürte sich erneut der Franzose Jean-Eric Vergne zum Meister in der Formel E, der damit nach 2017/18 seinen zweiten Titel entgegennahm.

Nach jedem Rennen der Saison stellte e-Formel.de in der Power-Ranking-Serie eine Top-10-Liste jener Fahrern zusammen, die unsere Redaktion am vorausgegangenen Wochenende am meisten überzeugen konnten - ganz unabhängig von ihrem Material oder Rennergebnis. Entgegen der normalen Regel, ausschließlich die letzten drei Rennen für das Power-Ranking in Betracht zu ziehen, wollen wir in diesem Beitrag sämtliche Saisonläufe betrachten, um eine Gesamtwertung des Formel-E-Jahres 2018/19 erstellen zu können - alle zwölf Ausgaben des Power-Rankings zahlen somit auf diese Abschlusstabelle ein.

Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich fürs Mitlesen und die teils angeregten Diskussionen rund um die Platzierungen in den Power-Rankings der vergangenen Saison. Auch im Abschluss-Ranking, das gewissermaßen einen Überblick über die in der subjektiven Wahrnehmung unseres Panels "besten Fahrer der Saison" gibt, wollen wir natürlich wissen, ob du den Einschätzungen zustimmst. Welche Positionen würdest du verändern? Wir freuen uns auf deine Kommentare.

Die Gesamtwertung des e-Formel.de Power-Rankings 2018/19

Andre Lotterer // Durchschnittliche Wertung: 5.16 Punkte

Es ist beinahe skandalös, wie oft Andre Lotterer in seiner Zeit bei DS Techeetah an einem Rennsieg vorbeischrammte. Auch in dieser Saison war der gebürtige Duisburger mehrmals der schnellste Fahrer auf der Strecke, wenngleich der ganz große Erfolg wieder ausblieb. In Rom hätte er gewinnen können, in Hongkong gewinnen müssen. Und auch in Diriyya und Monaco zeigte sich Lotterer von seiner besten Seite.

Als Teamkollege des stets starken Vergne schaffte er es, im Verlauf der Saison immer wieder aus dem Schatten des Franzosen zu treten. Sein Wechsel zu Porsche ist dennoch keine große Überraschung: Das Angebot der Schwaben habe er nach eigener Aussage nicht ausschlagen können. In seinen zwei bisherigen Formel-E-Saisons hat Lotterer bewiesen, dass er langfristig sogar ein Titelkandidat in der Elektroserie sein kann, wenn er zur richtigen Zeit am richtigen Ort (und im richtigen Auto) ist. Somit bleibt zwar der fade Beigeschmack einiger verpasster Gelegenheiten bei Techeetah, wo er das Erfolgsrezept eigentlich schon fast gefunden hatte.

Gleichermaßen winkt in der nächsten Saison mit Porsche aber eine große neue Chance. Meisterschaftsplatz 8 wird Lotterers Gesamtleistung in dieser Saison nicht gerecht. Auch unser Panel kehrte im Verlauf der Saison immer wieder mit guten Wertungen für Lotterer zurück, der 2018/19 - abgesehen von seinen vier "Nullern" in den letzten vier Rennen - eine beeindruckende Saison zeigte. Verdientermaßen findet er sich daher ganz oben in unserem Power-Ranking-Überblick wieder.

Jean-Eric Vergne // Durchschnittliche Wertung: 4.76 Punkte

Er hat es wieder gemacht: Jean-Eric Vergne ist zum zweiten Mal Meister in der Formel E. Der Franzose blickt auf einen atemberaubenden Schlusssprint zurück, den er seit dem E-Prix von Monaco an den Tag legte. 54 Prozent seiner insgesamt 136 Zähler sammelte er allein in den letzten fünf Saisonläufen - inklusive dem Totalausfall am New-York-Samstag.

Bei drei Siegen und sechs Top-5-Platzierungen - fünf davon auf dem Podium - sicherte sich Vergne gewissermaßen schon in Bern den Titel, den er in den USA nur noch verteidigen musste. Natürlich saß er bei all seinen Erfolgen auch in einem der besten Autos des Feldes. In der Formel E gehört dennoch mehr als nur ein schneller fahrbarer Untersatz zum Erfolg. "JEV" ist einer der besten Fahrer in der Formel E. Das hat er, wie man neidlos anerkennen muss, in diesem Jahr wieder unter Beweis gestellt.

Lucas di Grassi // Durchschnittliche Wertung: 4.28 Punkte

Die Formel-E-Saison 2018/19 zeigte erneut, dass man in der Elektroserie nie eine Rechnung ohne Lucas di Grassi machen sollte. Der Brasilianer brillierte in Berlin und nahm zusätzlich den viel diskutierten Sieg in Mexiko-Stadt mit, nachdem er Pascal Wehrlein im Mahindra rundenlang unter Druck gesetzt und ihn erst quasi auf der Ziellinie in die Knie gezwungen hatte. Di Grassi hat es in der Formel E perfektioniert, Rennen mit Köpfchen anzugehen - das zeigte er auch in dieser Saison.

Als Opfer unglücklicher Kollisionen in Sanya, Monaco und New York fehlten ihm am Ende nur 28 Punkte auf Meister Vergne. Die durch Unfälle verlorenen Zähler hätten dieses Defizit zwar nicht ausgleichen können, trotzdem wird di Grassi dadurch leicht unter Wert geschlagen. Zumindest der Vize-Titel wäre möglich gewesen.

Hätte, hätte, Fahrradkette - der Audi-Routinier war in diesem Jahr erneut einer der gefährlichsten Toppiloten, die man auch im nächsten Jahr wieder auf der Liste haben muss. Di Grassis Einzelleistungen wurden von unserem Panel zwar nicht ein Mal mit einem "Tagessieg" belohnt. In der Abschlusswertung findet sich der Brasilianer dennoch auf Platz 3 wieder.

Oliver Rowland // Durchschnittliche Wertung: 3.89 Punkte

Was für ein großartiges Rookie-Jahr! Oliver Rowland beendete die Formel-E-Saison 2018/19 zwar "nur" auf dem zehnten Platz in der Gesamtwertung der Fahrer. Trotzdem muss das Gesamtfazit zu Rowlands erstem vollen Jahr in der Formel E überaus positiv ausfallen, auch wenn im Rückblick einige Rennen von Ausfällen, Flüchtigkeitsfehlern und teils noch zu überhasteten Manövern (man frage nur Daniel Abt in Hongkong…) überschattet wurden.

Schließlich sprang der Brite vor dem Saisonstart erst kurzfristig für den Thailänder Alexander Albon ein, der einen eigentlich besiegelten Vertrag bei Nissan hatte, das Team dann aber noch während der Formel-E-Testfahrten in Valencia für Vertragsverhandlungen mit Toro Rosso in der Formel 1 verließ. Dass Rowland bereits im ersten Rennen in die Punkteränge fahren konnte, war beeindruckend. Und auch danach zeigte der 26-Jährige immer wieder bärenstarke Leistungen.

Dreimal startete Rowland einen E-Prix auf der Pole-Position, zweimal erreichte er das Podium. In Paris schied er in Führung liegend kurz nach dem Rennstart aus. Hinzu kommen das Pech des Strategie-Debakels von Mexiko, der kuriose Full-Course-Yellow-Fauxpas in Hongkong (Rowland betätigte versehentlich den falschen Knopf am Lenkrad) sowie die Mittelklasse-Rennen in Marrakesch und Santiago. In anderen Worten: Rowland durchlebte 2018/19 alle Facetten einer klassischen Rookie-Saison. Als bester Neuling in der Fahrerwertung findet sich der Brite auf Platz 4 im Power-Ranking-Gesamtstand wieder.

Antonio Felix da Costa // Durchschnittliche Wertung: 3.57 Punkte

Nachdem die Formel-E-Saison 2017/18 für Antonio Felix da Costa an ein regelrechtes Seuchenjahr grenzte, konnte der Portugiese in diesem Jahr sein Talent immer wieder unter Beweis stellen. Nachdem sein BMW-Werksteam bei den Testfahrten in Valencia das Feld noch nach Belieben dominieren zu schien, sackte er nach dem Sieg beim Auftaktrennen in ein erstes Mini-Performance-Tief.

Der große Wendepunkt in Felix da Costas Saison war zweifelsohne die Kollision mit seinem Teamkollegen Sims in Marrakesch - eine Szene, die uns in diversen TV-Trailern sicherlich noch lange begleiten wird. Im Anschluss daran wurde er Opfer des Jo-Jo-Effekts. Seine Rennergebnisse nach Marrakesch deuten auf die emotionale Achterbahn hin, die er in diesem Jahr durchlebte: P16, P2, P10, P3, P9, P7, P22, P4, P12, P3, P9.

Für das erste Jahr im BMW-Werksfahrzeug sind vier Podien und Platz 6 in der Gesamtwertung alles andere als schlecht, zumal das Auto im Verlauf des Jahres stückweise hinter die Konkurrenz zurückfiel. Felix da Costa darf also durchaus zufrieden mit seiner Saison sein. Zu schön wäre es nur, wenn man wüsste, ob er Jean-Eric Vergne mit gleichem Material auf Augenhöhe begegnet wäre…

Sebastien Buemi // Durchschnittliche Wertung: 3.49 Punkte

Der Podestplatz beim Heim-E-Prix in Bern sowie der Sieg in New York zählen ohne Frage zu den ganz großen Highlights von Sebastien Buemis Saison 2018/19. Der Schweizer durchbrach erst beim Finalwochenende in New York seine unrühmliche Sieglos-Serie, die seit dem Berlin E-Prix 2017 angedauert hatte. Dank vier Top-3-Ergebnissen in den letzten vier Rennen sicherte er sich im Finalrennen noch die Vizemeisterschaft vor Lucas di Grassi - und das, obwohl er nach dem Paris E-Prix zur Saisonhälfte noch 13. in der Gesamtwertung war.

Auch dank seines Nissan-Doppelmotors, der sein Team hinter den Kulissen die ganze Saison in Atem hielt, sammelte er im Vergne-Style die meisten Punkte in den letzten Rennen des Jahres. Buemi sicherte sich sogar mehr als 74 Prozent seines finalen Punktestandes in den Rennen nach Frankreich. In der kumulierten Durchschnittswertung aller Power-Rankings ist Buemi Sechster.

Robin Frijns // Durchschnittliche Wertung: 3.43 Punkte

Die Art und Weise, in der Robin Frijns in diesem Jahr in die Formel E zurückkehrte, ist schwer beeindruckend. Der Niederländer, der zuvor ein Jahr lang hatte aussetzen müssen, hatte über weite Strecken des Jahres seinen vom Pech verfolgten Teamkollegen Sam Bird klar im Griff.

Frijns' Saison-Highlight war der Rennsieg bei widrigsten Bedingungen in Paris, als er seinen ersten Platz trotz plötzlichem Hagel und einem zerstörten Frontflügel bis zum Schluss verteidigen konnte. Nach vier "Nullnummern" in Folge setzte er schließlich auch im New-York-Sonntagsrennen noch ein Ausrufezeichen und gewann seinen zweiten E-Prix. Können Frijns und Virgin diese Form in die nächste Saison übertragen, muss man den Niederländer womöglich auch im Titelkampf von Saison 6 auf dem Zettel haben…

Mitch Evans // Durchschnittliche Wertung: 3.33 Punkte

Als treibende Kraft war Mitch Evans von Anfang an am Aufbau des Formel-E-Teams von Jaguar beteiligt. Umso mehr freut es einen für den Neuseeländer, dass er in diesem Jahr endlich die Früchte seiner harten Arbeit ernten konnte. Der Sieg in Rom war überaus verdient, und auch in Bern hätte Evans gewinnen können/müssen. Hinzu kamen das Podium von New York und ein vierter Platz in Diriyya, die seine bislang beste Formel-E-Saison krönten. Evans war in dieser Saison fast immer bei der Musik. Das macht Mut für das nächste Jahr.

Pascal Wehrlein // Durchschnittliche Wertung: 3.28 Punkte

Genau wie Oliver Rowland kann Pascal Wehrlein auf eine beeindruckende Rookie-Saison in der Formel E zurückblicken. Schon in seinem ersten Rennen, dem E-Prix von Marrakesch, zeigte er in der Qualifikation, was man von ihm würde erwarten können. Er war auf seiner schnellsten Runde drei Zehntelsekunden schneller als sein deutlich erfahrenerer Teampartner Jerome d'Ambrosio, der das Rennen später gewinnen sollte. Wehrlein schied zwar nach einem Unfall mit di Grassi in Runde 1 aus, zeigte beim Einstand in Marokko aber trotzdem, dass er nicht zum Spielen in die Formel E gekommen war.

In Santiago hätte er beinahe gewonnen, und in Mexiko-Stadt stand er auf der Pole-Position und verlor den Sieg nur wenige Meter vor der Ziellinie an di Grassi. Und dann? Zur Saisonmitte ließ seine Konstanz und Performance unerklärlicherweise ab. Es mag am Auto gelegen haben, doch mit Ausnahme von Monaco sammelte er seit dem Mexiko-Fotofinish nur magere 15 Punkte. Dass dies nicht für den Titelkampf reicht, ist klar. Trotzdem: In seinem ersten Formel-E-Jahr ist Pascal Wehrlein wie ein Blitz in der Formel E eingeschlagen.

Sam Bird // Durchschnittliche Wertung: 3.13 Punkte

Nach einem vielversprechenden Saisonstart rutschte Sam Bird kurz nach dem Europa-Auftakt in Rom in den wohl tiefsten Performance-Sumpf seiner bisherigen Formel-E-Laufbahn ab. Gewann er mit einer beeindruckenden Verteidigungsleistung gegen Wehrlein noch in Santiago und holte sich die schnellste Rennrunde (sowie beinahe den Sieg) in Hongkong, gab es zwischen den Rennen von Sanya und Berlin so gut wie nichts zu erben für ihn.

Erst in Bern fand Bird zu seiner Chile-Form zurück und sicherte sich Platz 4 - ein Resultat, das er in New York wiederholen konnte. Ohne die schwache Performance zur Saisonhalbzeit wäre deutlich mehr möglich gewesen. Unser Panel schätzte Birds Saison trotzdem wert und hievte ihn in die Top-10-Ränge im Power-Ranking-Gesamtstand.

Im Überblick: Das Gesamtergebnis der kumulierten Power-Ranking-Wertungen


Platz


ID


Ø

 

01

LOT

5,125

 

02

JEV

4,756

 

03

DIG

4,282

 

04

ROW

3,892

 

05

DAC

3,567

 

06

BUE

3,485

 

07

FRI

3,425

 

08

EVA

3,328

 

09

WEH

3,279

 

10

BIR

3,129

 

11

DAM

3,118

 


Platz


ID


Ø

12

VAN

2,446

13

ABT

2,375

14

GUN

2,204

15

SIM

2,204

16

LYN

1,867

17

MOR

1,821

18

LOP

1,203

19

MAS

1,146

20

PAF

0,415

21

TUR

0,141

22

DIL

0,050

 

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