Formel E

Power-Ranking: Unsere Fahrer-Bewertung nach dem Mexico City E-Prix

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Wie bereits in den letzten Jahren bot das Autodromo Hermanos Rodriguez der Formel E auch 2019 den Schauplatz für eine spektakuläre Schlussphase des Mexico City E-Prix. Nach rundenlangen Verteidigungsmanövern gegen Lucas di Grassi ging Mahindra-Neuling Pascal Wehrlein auf den letzten Metern des Rennens der Strom aus. Di Grassi kassierte den Schwaben quasi auf der Ziellinie und gewann in beeindruckender Manier sein erstes Rennen des Jahres. Er ist damit der vierte Sieger im vierten Formel-E-Saisonlauf 2018/19.

Wehrlein wurde seines Zeichens durch eine Zeitstrafe für das Abkürzen einer Kurve nachträglich auf Platz 6 zurückversetzt. Antonio Felix da Costa und Edoardo Mortara rückten auf die Podestplätze vor. Der Zieleinlauf und die Wehrlein-Strafe sind allerdings nur zwei von vielen Geschichten des Rennsamstags.

Im Anschluss an den Mexiko-Lauf der Formel E haben unsere Redakteure im "Formel-E-Power-Ranking" erneut die Einzelleistungen aller Fahrer bewertet - ganz unabhängig vom Material oder unverschuldeten Ausfällen - völlig subjektiv. Die Bewertungen werden für jeweils drei Rennen beibehalten, um einen "Performance-Trend" darstellen zu können. Auch die E-Prix von Marokko und Chile spielen in unserem aktuellen Ranking also noch eine Rolle. Eine ausführliche Erklärung der Berechnung unseres Power-Rankings haben wir dir auf Deutsch und Englisch bereitgestellt.

Für die Mexiko-Ausgabe bekommen wir erstmals außerdem Unterstützung von Medienkollegen außerhalb unserer e-Formel.de Redaktion. Den Anfang macht Norman Fischer, Redakteur bei den Kollegen von 'Motorsport-Total.com' und 'Formel1.de'. Er füllt in dieser Ausgabe diesen neu geschaffenen "Presse-Slot" und hat seine persönliche Einschätzung des E-Prix eingesendet.

Das e-Formel.de Power-Ranking nach dem Mexico City E-Prix

Selten gab es in den letzten Jahren einen Fahrer, der in der Formel E derartig eingeschlagen ist wie Pascal Wehrlein. Setzte er in Saudi-Arabien aus vertragsrechtlichen Gründen noch gezwungenermaßen aus, qualifizierte sich der Deutsche schon in Marokko auf Startrang 7. Zwar erreichte er in seinem ersten Formel-E-Rennen nicht das Ziel, glich den "Nuller" jedoch mit einer sensationellen Leistung und dem Podium in Santiago aus.

Beim Mexico City E-Prix präsentierte sich Wehrlein ebenfalls von seiner besten Seite. Nach einer Fabelrunde im Qualifying führte der 24-Jährige jede einzelne Runde des Rennens von der Pole-Position aus an, bis ihm in der letzten Kurve der "Saft" ausging. Die ständigen Verteidigungsmanöver gegen di Grassi hatten zu viel Energie gekostet. Für die 5-Sekunden-Zeitstrafe für das Abkürzen der Schikane muss Wehrlein, ebenso wie für sein Energiemanagement, selbst die Verantwortung tragen.

Nichtsdestotrotz hat der Mahindra-Mann mit seiner dritten starken Einzelleistung in Folge bewiesen, dass seine Performance keine Ausnahme war. Der erste Sieg seiner Karriere liegt in der Luft. Und Wehrlein könnte, sollte ihn das gewisse Quäntchen Glück nicht im Stich lassen, möglicherweise sogar im Titelkampf ein Wörtchen mitreden.

Tageswertung: 9.2 Punkte | Gesamtwertung: 6.8 Punkte

Der Rennsamstag in Mexiko glich für Sam Bird einer "Achterbahnfahrt der Gefühle". Im 2. Freien Training, das üblicherweise den besten Vergleich der "Vollgas-Performance" bei 250 kW bietet, schaffte er es als bester Fahrer mit Audi-Antrieb auf Platz 5. Umso ärgerlicher ist es, dass der Santiago-Rennsieger, der als Meisterschaftsführender in das Wochenende gegangen war, im Qualifying mit einer gebrochenen Antriebswelle keine Rundenzeit setzen konnte und den E-Prix vom letzten Startplatz aufnehmen musste.

Nach der chaotischen Startphase mit dem spektakulären Abflug von Nelson Piquet jr., dem Plattfuß von Jean-Eric Vergne und der Rennunterbrechung durch eine rote Flagge pflügte Bird jedoch in beeindruckender Manier durch das Mittelfeld. Der 32-Jährige erreichte beim Zieleinlauf sogar auf Platz 9 - auch durch den Doppel-Ausfall von Nissan e.dams bedingt - die Punkteränge. Nach zwei Podestplätzen in Folge kann Bird dennoch nicht mit seinem Mexiko-Wochenende zufrieden sein.

Tageswertung: 2.2 Punkte | Gesamtwertung: 5.9 Punkte

Langsam aber sicher kommt auch der Stein bei Lucas di Grassi ins Rollen. Der Vize-Champion des Vorjahres feierte in Mexiko-Stadt seinen ersten Sieg der Saison, nachdem er in den letzten Läufen nicht einmal in die Top 5 fahren konnte. Für seine erfahrene und eiskalte Fahrweise, die schlussendlich den Unterschied zwischen Platz 1 und Platz 3 ausmachte, verdient der Brasilianer jedes Lob. Audi feierte nach dem Zieleinlauf in der Garage, als hätten sie die Meisterschaft gewonnen - und zwar mit gutem Recht. Sein souveränes Rennen würdigen unsere Redakteure mit dem "Tagessieg" und Platz 3 im Power-Ranking.

Tageswertung: 9.4 Punkte | Gesamtwertung: 5.1 Punkte

Ganz ähnlich wie Pascal Wehrlein ist auch Alexander Sims nach vier Rennen voll und ganz in der Formel E angekommen. In Marrakesch wurde er Vierter, in Santiago überquerte er die Ziellinie als Dritter, wenngleich sein Resultat durch eine nachträgliche Strafe verfärbt wurde. Auch in Mexiko war er von Startplatz 7 in einer guten Position für ein Punkte-Ergebnis, verlor jedoch als unschuldiges Opfer der Vergne-Piquet-Kollision, bei der der Jaguar in das Heck von Sims rauschte, jede Hoffnung auf ein gutes Resultat. Auf Platz 14 rollte er ohne Punkte ins Ziel.

Tageswertung 1.8 Punkte | Gesamtwertung 4.9 Punkte

Jerome d'Ambrosio holte sich auf die wohl unspektakulärste Art und Weise, die einem Rennfahrer jemals Platz 1 in der Gesamtwertung eingebracht hat, die Führung in der Fahrermeisterschaft zurück. Vom Belgier sah man im Verlauf des Rennens fast nichts, dabei holte er von Startposition 19 ausgehend unglaubliche 15 Ränge auf und beendete das Rennen - ebenfalls auch dank des Doppel-Ausfalls von Nissan und der Wehrlein-Strafe - auf Platz 4. Beim Zieleinlauf trennte ihn keine halbe Sekunde von Edoardo Mortara, der sich auf dem Podium feiern lassen konnte.

Der Punktgewinn hat für d'Ambrosio jedoch nicht nur eine rein mathematische Bedeutung. Nach zwei schwachen Qualifyings in Chile und Mexiko ist es für den weiteren Verlauf der Saison auch psychologisch wichtig, dass der 33-Jährige ein gutes Resultat einfahren konnte. In New York könnte es nämlich durchaus auf das berühmte Momentum ankommen. Bleibt zu hoffen, dass er sich in Hongkong nicht erneut mit einem üblen Qualifying-Resultat aus dem Kampf um den Rennsieg kegelt...

Tageswertung: 4.8 Punkte | Gesamtwertung: 4.8 Punkte

Für die Behauptung, dass die Formel E keine "Plug-and-Play"-Rennserie ist, liefert der Schweizer Edoardo Mortara in diesem Jahr den besten Beweis. Man kann, so das Mantra der Experten, nicht einfach in einen Formel-E-Rennwagen einsteigen und auf Anhieb gute Leistungen erwarten. Bei Mortaras Debüt vor einem Jahr in Hongkong war es wohl das Glück des Taugenichts, das ihm zum ersten Podestplatz im zweiten Karriererennen verhalf. Danach sank die Leistungskurve jedoch rapide ab - fünfmal erreichte er die Punkte nicht, setzte zudem wegen seines DTM-Vertrags bei drei Rennen aus.

Nun hat sich der 32-Jährige mit einem "Vollzeit-Vertrag" voll und ganz der Formel E verschrieben. Zwei Top-4-Ergebnisse in Folge beweisen, dass das die richtige Entscheidung war. Die wichtigste Variable für Top-Resultate in der Elektroserie ist die Erfahrung eines Rennfahrers - und diese kann Mortara nun endlich vorweisen.

Das Performance-Tief des Vorjahres ist schon aus diesem Grund leicht zu verzeihen, gerade weil Mortara-Fans in dieser Saison umso mehr auf ihre Kosten kommen. Nach vier Rennen in der Saison 2018/19 fehlen ihm nur noch zwei Punkte auf sein Endergebnis der gesamten Saison 2017/18. Natürlich wäre er ohne das Chaos in den letzten fünf Minuten in Mexiko niemals aufs Podium gekommen. Andererseits haben es 19 andere Fahrer nicht geschafft, sich in die Position zu bringen, um vom Spektakel zu profitieren. Mortara war zur rechten Zeit am rechten Ort - und nimmt deswegen verdientermaßen 15 Punkte und Platz 6 unseres Power-Rankings aus Mexiko mit.

Tageswertung: 5.4 Punkte | Gesamtwertung: 4.4 Punkte

Während Sam Bird das Feld von hinten aufrollte, war sein Teamkollege Robin Frijns in Mexiko-Stadt ein Schatten seiner selbst. Seine Session-Einzelergebnisse: Platz 14, Platz 14, Platz 17 und Platz 11. Damit kann und darf der Niederländer nicht zufrieden sein. Pluspunkte bekommt er für die wenigen Überholmanöver, die er wohl größtenteils seinem Audi-Aggregat im Heck zu verdanken hat. Einzig durch seine guten Wertungen in den letzten Rennen hält er sich in den Top 10 unseres Rankings. Satz mit X? War wohl nix.

Tageswertung: 0.4 Punkte | Gesamtwertung: 4.1 Punkte

Dass Nissan e.dams in dieser Saison um Podestplätze kämpfen kann, hätte sich nach den Valencia-Testtagen im Oktober wohl nur wenige ausgemalt: Erst verschwindet Alexander Albon unerklärlich von der Strecke und taucht plötzlich bei Toro Rosso in der Formel 1 auf, dann wird Oliver Rowland in letzter Minute als Notlösung eingeflogen, ehe der Test von Technik-Problemen und strömendem Regen am letzten Tag unplanmäßig verkürzt wird.

Kurz gesagt: Mit dem japanisch-französischen Team war nicht unbedingt zu rechnen. Zum zweiten Mal in Folge konnte Buemi nun allerdings überraschend im Kampf um den Rennsieg mitfechten. In Mexiko-Stadt kostete ihm schlussendlich sein Team einen Podiumsplatz, das (laut Eigenaussage) bedingt durch die rote Flagge einen peinlichen Rechenfehler im "Energie-Fahrplan" machte und eine Runde zu wenig kalkulierte. Buemi rollte 16 Kurven vor der karierten Flagge ohne Energie aus. Ein katastrophaler "Bock", für den man den Schweizer allerdings nicht zur Verantwortung ziehen kann.

Tageswertung: 4.8 Punkte | Gesamtwertung: 3.1 Punkte

Auch Rowland erwischte der Mathe-Blackout der Nissan-Ingenieure. Trotz seiner Rennaufgabe eine Runde vor der karierten Flagge sind sich unsere Redakteure einig: Der Mexico City E-Prix war Rowlands bislang bestes Rennen in der Elektroserie. Im Qualifying hatte er Buemi klar im Griff und sorgte dafür, dass der Schweizer zum ersten Mal seit 14 Monaten hinter seinem Teamkollegen starten musste. Dann bugsierte er sich mit einem waghalsigen Manöver in Kurve 1 auf Rang 2 nach vorn, den er bis zu einem Fahrfehler bei der Aktivierung seines zweiten Attack-Modes nicht mehr hergeben sollte. Wenn Mexiko keine Ausnahme bleibt, werden wir in diesem Jahr noch Großes vom Briten erwarten können.

Tageswertung 8.0 Punkte | Gesamtwertung: 2.6 Punkte

Das Rennen vom deutschen Publikumsliebling Daniel Abt verlief in der Charakteristik ähnlich wie das von Virgin-Mann Sam Bird - jedoch mit einem entscheidenden Unterschied. Anders als der Brite brachte sich Abt nämlich selbst in seine miserable Ausgangslage und startete das Rennen nach einem selbst verschuldeten Fahrfehler im Qualifying vom 21. und vorletzten Platz. Dennoch folgte eine Aufholjagd bis auf Platz 10, bei der er sowohl vom Vergne-Piquet-Crash als auch vom Doppel-Aus bei Nissan profitierte. Sonst passierte in Mexiko, anders als zuletzt in Santiago, nicht viel Nennenswertes in Abts Rennen. Immerhin nimmt er einen Trost-Punkt für sein Meisterschaftskonto mit. Ein echter Titelkandidat verkauft sich allerdings anders.

Tageswertung: 1.4 Punkte | Gesamtwertung: 2.5 Punkte

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