Formel E

Montreal: Formel E droht Stadtregierung mit Klage, Veranstalter meldet Insolvenz an

Tobias Bluhm

Tobias Bluhm

Die Schlammschlacht um das abgesagte Montreal-Saisonfinale der Formel E geht in die nächste Runde. Nachdem eine neue Bürgermeisterin in der kanadischen Metropole das Rennen im Dezember 2017 überraschend absagte, droht die Elektroserie nun wegen Vertragsbruch gegen die Stadtverwaltung vor Gericht zu ziehen. Während der Veranstalter des Rennens Insolvenz angemeldet hat, bleiben rund 5,2 Millionen Euro spurlos verschwunden. Die Situation ist unübersichtlich.

Wer hätte es gedacht: Die Montreal-Debatte der Formel E geht in die Nachspielzeit. Dass das Spiel in der kanadischen Metropole mit der jähen Rennabsage der frisch gewählten Bürgermeisterin Valerie Plante noch lange nicht beendet ist, deutete sich schon im letzten Dezember ab. Schließlich kündigte Plante noch in ihrem ersten Monat im Amt den Vertrag mit der Elektroserie auf - und zwar ohne vorherige Rücksprache mit der Formel E.

Die Elektroserie verlor durch diese Absage nicht nur ihr geplantes Saisonfinale 2018, sondern blieb auch auf unbezahlten Rechnungen sitzen. Schließlich stehen der Formel E noch immer umgerechnet vier Millionen Euro für Logistik-Dienstleistungen und Renngebühren zu, die auch sechs Monate nach der Veranstaltung vergangenen Juli noch nicht ausgezahlt wurden. Nun leitet die Mutterfirma der Serie, die Formula E Operations (FEO), erste rechtliche Schritte ein.

Wie das 'Journal Metro' berichtet, sei ein Aufforderungsschreiben der Formel E zur Auszahlung des fehlendes Geldes bereits Ende Dezember 2017 in Montreal eingereicht worden. Zusätzlich zu den vier Millionen Euro ist mit weiteren Strafzahlungen wegen Vertragsbruch zu rechnen. Details zur möglichen Höhe der Strafen sind noch nicht bekannt, gerüchteweise liegt die Summe aber bei mehr als 7,7 Millionen Euro für die ausgebliebenen Rennen 2018 und 2019, die ursprünglich vertraglich vereinbart waren.

Rennveranstalter meldet Insolvenz an

Wer für das fehlende Geld aufkommen muss, ist derzeit noch unklar. Die Verteidigung der Stadtregierung verweist darauf, dass der Vertrag zwischen der Formel E und dem Rennveranstalter Montreal c'est electrique (MCE) geschlossen wurde - MCE behauptet genaue das Gegenteil.

Die Situation wird zusätzlich dadurch erschwert, dass MCE im Januar mit umgerechnet 8,7 Millionen Euro Schulden Insolvenz anmelden musste und sich der Vorstand des Non-Profit-Unternehmens am Montag offiziell auflöste. Die Finanzierungslücke ist damit deutlich größer als die ursprünglich anvisierten 4,2 Millionen Euro, die von der Stadtregierung Montreals ausgeglichen werden sollten.

MCE erklärt die Abweichung von den Schätzungen mit fehlenden Subventionen, die dem Unternehmen zwar versprochen wurden, jedoch nie eingegangen sind. Statt geplanten Zuschüssen in Höhe von 7,4 Millionen Euro erreichten MCE scheinbar nur 2,2 Millionen Euro.

Ursprünglich versprochen wurden dem Unternehmen 2,6 Millionen Euro aus der kanadischen Bundeshauptstadt Ottawa (0 Euro erhalten), 2,6 Millionen Euro aus Quebec City (900.000 Euro erhalten), 2,1 Millionen Euro von der Stadt Montreal (1,1 Millionen Euro erhalten) und 193.000 Euro vom Tourismusbüro Montreals. Nur die letzte Summe sei in Gänze ausgezahlt worden, heißt es.

Der Schuldenberg wächst weiter

Um das Rennen doch noch zu finanzieren, beanspruchte MCE schließlich einen Kredit in Höhe von 6,4 Millionen Euro, den sich das Unternehmen von der Stadt Montreal lieh. Etwa 4,3 Millionen Euro konnten nach dem Event, trotz einer weiteren Finanzspritze von 965.000 Euro vom Bundesstaat Quebec, nicht mehr zurückgezahlt werden.

Zudem schuldet MCE dem Eventpromoter evenko knapp 390.000 Euro und der Formel E die bereits erwähnten vier Millionen Euro. Insgesamt kostete das Event damit umgerechnet 13,2 Millionen Euro und generierte 2,25 Millionen Euro Umsatz. Für das Doppelrennen, bei dem 45.000 Zuschauer an die Rennstrecke pilgerten, wurden 30.000 Freikarten verschenkt, wenngleich ein regulärer Verkauf der Tickets die Schulden nur minimal verkleinert hätte.

Stadtverwaltung überlässt MCE dem Insolvenzverfahren

Während die Zuständigkeitsfrage für die Kostenübernahme weiterhin nicht geklärt ist - MCE erklärte in der Vergangenheit mehrmals, dass der Formel-E-Vertrag von der Stadt Montreal ausgehandelt wurde und die Regierung wenigstens teilweise für das Rennen verantwortlich sei -, distanziert sich Valerie Plante immer weiter von dem Unternehmen und der Elektroserie.

"Wir wollen uns nicht in den möglichen finanziellen Kompromiss einmischen und überlassen das Feld jetzt dem Unternehmen und seinen Anwälten. Wie in allen Insolvenzverfahren werden mögliche Übereinkommen zwischen der Organisation (MCE) und den Gläubigern verhandelt", erklärte Plante am Montag in einem Statement. "Montreal hat mit diesen Verträgen nichts zu tun."

Ob die 43-Jährige ihre Administration tatsächlich aus dem Verfahren heraushalten kann, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. Schließlich dürfte der Formel E gewissermaßen "egal" sein, woher die übrigen vier Millionen Euro stammen, die die Serie im Ernstfall wohl auch vor Gericht einklagen könnte. Sollte es so weit kommen und das Gericht anschließend entscheiden, dass Plantes Vorgänger Denis Coderre tatsächlich in die Vertragsverhandlungen eingebunden war, könnte die Stadt Montreal doch noch zu Zahlungen gezwungen werden. Das politische Ballspiel in Kanada ist noch lange nicht beendet.

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